Auch wenn man sie eigentlich nicht mehr bemühen sollte, die "Spektraltypen" der Sterne gehören
nicht nur zum historischen Ballast der Astronomie, sondern erfreuen sich nach wie vor noch einer
recht großen Beliebtheit unter vielen Astronomen. Vielleicht haben Sie ja schon einmal gehört, daß
die Sonne ein "G" Stern sein soll, genau genommen sogar ein "G2 V" Stern. Aber was verbirgt
sich dahinter?
Wenn man wenig bis nichts von einer Sache versteht, so ist die Vorgehensweise oft dergestalt, daß
man versucht, durch eine irgendwie geartete Klassifizierung Licht in das Dunkel zu bringen (auch
wenn sich am Ende gelegentlich herausstellt, daß genau diese Klassifizierung in mancher Hinsicht
einem tieferen Verständnis im Wege steht).
Nachdem die ersten Spektren der Sterne im 19. Jahrhundert den Astronomen vorlagen - und man,
wie gesagt, noch wenig bis nichts davon verstand - so gab es doch von Anfang an das Bestreben,
eine erste Klassifizierung der Sternspektren einzuführen.
Die Linien des Elements Wasserstoff, aus dem ja viele Sterne zum Großteil bestehen, sind auch in den
Spektren der Sterne oft sehr markant. Diejenigen Sterne, mit besonders deutlichen Wasserstoff-Linien,
wurden daher auch schon früh als "A" Sterne bezeichnet. Andere, mit weniger starken Wasserstoff-Linien,
waren dann nur die "B" Sterne. Später erkannte man jedoch, daß letztere eigentlich den "A" Sternen
voranstehen sollten, da sie heißer und vor allem massereicher sind als diese.
Eine geeignete Klassifizierung der Sterne ist nämlich durch die Effektivtemperaturen (siehe Jun-2006)
und auch die Massen möglich. Nur wenn man die in den Sternatmosphären der Sterne
vorherrschenden Temperaturen kennt, kann man auch die sich dort abspielende Physik und die
daraus resultierenden Sternspektren überhaupt erst verstehen. Als Motor für die Temperaturen der
Sterne aber gelten die Massen: man stelle sich vor, man hätte bereits einen Stern mit einer gewissen
Masse zur Verfügung. Jede weitere Erhöhung dieser Masse würde dazu führen, daß der Stern
schneller "verbrennt". Könnte man nämlich von außen zusätzliche Masse auf einem Stern deponieren,
so würde diese auf den Stern einen zusätzlichen Druck ausüben, was die Temperaturen in seinem
Inneren und somit die Energieproduktion drastisch erhöht. Der Stern würde dann insgesamt heller
strahlen, und somit aber auch kürzer leben. Doch dazu später mehr…
Nun wieder zurück zu den Spektraltypen: nachdem man erkannt hatte, daß die in den Spektren der
Sterne vorhandenen Linien ein Spiegel der Temperaturen darstellen, wurden die Spektraltypen noch
einmal gründlich revidiert, beziehungsweise umsortiert. Als heißeste Vertreter unter den Sternen galt
nunmehr die "O" Klasse. Diese kamen also noch vor den oben erwähnten "B" und "A" Sternen.
Zu kühleren Effektivtemperaturen folgten sodann die "F" Sterne, und danach erst die sonnenähnlichen
"G" Sterne. Noch kühlere Sterne wurden in der "K" Klasse zusammengefaßt und das untere Ende
in dieser Reihe bildeten schließlich die "M" Sterne. Eine gewisse Verfeinerung dieser Klassifizierung
wurde zudem dadurch erhalten, daß man die Spektralklassen zusätzlich mit Ziffern von 0 bis 9
unterteilte. Wenn die Sonne etwa 100 Grad kühler wäre, würde man sie als "G3" anstatt "G2"
klassifizieren.
Einige bekannte Beispiele in diesem Zusammenhang sind Prokyon, der eine etwa 700 Grad heißere
Atmosphäre als die Sonne hat und ein berühmter Vertreter der "F" Sterne ist. Sirius ist noch heißer
mit etwa 10000 Grad Effektivtemperatur und somit ein "A" Stern. Ein anderer heller Stern, Arkturus,
hingegen ist mit 4300 Grad Effektivtemperatur eher "kühl" und gilt daher als "K" Stern. Vergleichen
Sie hierzu auch noch einmal Abbildung 2 vom Feb-2007, da ist im Text von "G dwarfs" die Rede,
also von "G Zwergen", denn im Gegensatz zu den Roten Riesensternen (siehe Jun-2006), bezeichnet
man in der Astronomie die normalen Sterne gerne als "Zwerge".
Wie kann nun aber eben erwähnter Arkturus kühl und doch hell sein? Halten wir uns noch einmal den
Entwicklungsweg der Sonne (Abbildung 2 vom Jul-2006) vor Augen: ein Stern der kühl, aber doch
leuchtkräftig ist, muß eine große Oberfläche haben. Mit anderen Worten Arkturus ist ein Roter Riese,
so wie es die Sonne eines Tages auch sein wird. Die unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Sterne
verlangen daher also noch einen weitere Klassifizierung nämlich die so genannten "Leuchtkraftklassen".
Leuchtkraftklasse V - wie im der Fall der Sonne (= G2 V) - bezeichnet die normalen Sterne (wie gesagt,
auch gerne als "Zwerge" bezeichnet). Das sind also die Objekte, die in ihrem Kern Wasserstoff in Helium
verwandeln. Wenn der Stern sich dann zum Roten Riesen weiterentwickelt und extrem hell wird, gelangt
er in andere Leuchtkraftklassen. Arkturus, zum Beispiel, gilt als "normaler" Riesenstern mit der
Leuchtkraftklasse III. Leuchtkraftklasse I hingegen sind die hellsten "Überriesen" unter den Sternen.
Wie und warum sich dabei auch die Farbe der Sterne ändert zeigt Abbildung 1, in welcher zu jedem
Spektraltyp der passende Temperaturstrahler (siehe Dez-2006) gezeigt ist. Man erkennt, warum die
Sonne ein gelblich schimmernder Stern ist. Man erkennt aber auch, daß sie nicht "knallig" gelb sein
kann, da ihre Gesamtstrahlung auch aus anderen Farb- oder Energiebereichen kommt. "M" Sterne
hingegen erscheinen uns rot (man bezeichnet sie oft auch als "rote Zwerge"), strahlen aber einen
wesentlichen Teil ihrer Energie sogar im infraroten Licht ab, das man mit bloßem Auge ja nicht mehr
wahrnehmen kann.
Erwähnt werden sollte vielleicht auch an dieser Stelle, daß die "Planckkurven" (siehe Dez-2006) in
Abbildung 1 alle relativ zueinander normiert sind, d.h. die höchsten Punkte sind in Abbildung 1 alle
gleich hoch. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus, denn die Kurven für die heißen Spektraltypen
liegen viel höher, so wie es Abbildung 2 vom Dez-2006 auch zeigt. (Genau genommen sind Sterne
übrigens auch keine reinen Temperaturstrahler, diese würden nämlich keine Spektrallinien zeigen.
Die gezeigten Energieverteilungskurven in Abbildung 1 gelten daher für "echte" Sterne nur in
"erster Näherung" - wie die Physiker gerne sagen.)
Mit den immer empfindlicher werdenden Detektoren und dem wachsenden Interesse an Beobachtungen
im infraroten Licht, sind ab Mitte der 1990er Jahre aber auch viele "Sterne" entdeckt worden, die noch
kühler als die "M" Sterne sind. Viele von diesen sind eigentlich schon gar keine Sterne mehr, lassen
sich aber andererseits auch nicht als Planeten einstufen. Das hört sich nun vielleicht etwas komisch an, es
gibt da aber tatsächlich noch eine Sorte von Objekten, die man zwischen den Sternen und den Planeten
einstufen sollte. Was es mit diesen so genannten "Braunen Zwergen" auf sich hat, werden wir im
nächsten Monat noch etwas ausführlicher besprechen.
Um diesen Objekten jedenfalls im Sinne ein Klassifizierung gerecht zu werden, wurden vor wenigen
Jahren gleich noch zwei zusätzliche Spektralklassen, nämlich "L" und "T" eingeführt. Die untere Grenze
der normalen Sterne liegt dabei etwa im Bereich der "L" Zwerge, während Riesenplaneten wie Jupiter
sozusagen erst unterhalb der "T" Zwerge folgen.
Jetzt kommen wir noch einmal auf die Massen der Sterne zu sprechen, welche quasi als die
Hauptantriebsmotoren der Sternentwicklung gelten. Der "A" Stern Sirius hat zum Beispiel ziemlich
genau die doppelte Sonnenmasse (siehe Jan-2006) ist aber so hell, daß er kaum über eine Milliarde
Jahre alt werden kann. Die massereichsten "O" Sterne liegen bei mehr als 50 Sonnenmassen und ihr
Energieverbrauch so enorm, daß sie nur wenige Millionen Jahre alt werden. Andererseits können die
kühlen und in der Milchstraße sehr zahlreich vertretenen "M" Sterne über 100 Milliarden Jahre
"brav" vor sich hinstrahlen, ohne daß sich an ihrem Wasserstoff-Vorrat etwas Wesentliches ändert.
Übrigens: ganz so "brav" sind diese "M" Zwerge dann meist doch nicht. Vielleicht sollte man sie eher
mit "Gift"-Zwergen vergleichen, denn allzu oft zeigen sie ein eher "aufbrausendes" Verhalten, verbunden
mit der Aussendung von erheblichen Mengen von Röntgenstrahlen. Etwaiges Leben auf dem gerade erst
vor wenigen Tagen entdeckten "erdähnlichen" Planeten "Gliese 581c" müßte also diesbezüglich ziemlich
"robust" sein, denn der zugehörige Heimatstern ist ein solcher kleiner roter "M" Zwerg von kaum mehr als
0.3 Sonnenmassen und der gefundene Gliese 581c mit einer Umlaufsperiode von nur 13 Tagen ganz dicht
dran…
Wie würde es aber unserer Sonne ergangen sein, so fragen wir nun, wenn sie bei ihrer Entstehung
20 % weniger Masse erhalten hätte? Oder, genau anders herum, was wäre, wenn die Sonne 20 %
mehr Materie erhalten hätte? Als 0.8 Sonnenmassen-Stern wäre sie ein leuchtschwacher "K" Stern
geworden und unser Dasein wohl vergleichbar den Eskimos. Wie würde es aber um uns bestellt sein,
wenn die Sonne 1.2 Sonnenmassen besäße?
Wir haben ja bereits den Entwicklungsweg der Sonne vor einigen Monaten genauer besprochen und
dabei erfahren, daß man diesen heutzutage praktisch auf jedem Notebook und mittlerweile recht geringer
Rechenzeit nachvollziehen kann. Den Weg eines 0.8 bzw. 1.2 Sonnenmassen-Stern kann man auf
praktisch gleiche Art und Weise durchrechnen und das Ergebnis ist im Folgenden in Abbildung 2
gezeigt.
Der hier mit "1.0" bezeichnete Entwicklungsweg ist zunächst noch einmal der für die Sonne (vergleichen
Sie noch einmal die Abbildung 1 vom Jun-2006 oder auch Abbildung 2 vom Jul-2006). Die roten
Punkte auf diesem Weg markieren die Sonne nach 1, 2, 3, 4, 5 und 6 Milliarden Jahren. Mit ihren
4.5 Milliarden Jahre befindet sich die Sonne derzeit also genau zwischen zwei solchen Punkten, bei
einer Leuchtkraft L = 1 (bzw. log L = 0) und der Effektivtemperatur von 5780 Grad Kelvin.
Nun betrachten wir den unteren 0.8 Sonnenmassen-Entwicklungsweg eines "K" Sterns. Die hier
gezeigten roten Punkte entsprechen wieder den 1, 2, 3, 4, 5, und 6 Milliarden Jahren Entwicklungszeit.
Auffällig ist, daß diese in Abbildung 2 sehr dicht beieinander liegen. Das wiederum heißt aber nichts
anderes, als daß die ersten 6 Milliarden Jahre der Entwicklung solcher Sterne praktisch "spurlos" an
ihnen vorübergehen. Und während der Weg der Sonne als "normaler" Stern nach etwa 12 Milliarden
Jahren mit der Verwandlung in einen Roten Riesen - und nur "wenig später" in einen Weißen Zwerg -
endet, braucht ein Stern mit 0.8 Sonnenmassen nicht weniger als 30 Milliarden Jahre für die gleiche
Strecke!
Wie sieht es demgegenüber für einen 1.2 Sonnenmassen "F" Stern aus? Betrachten wir auch hierzu den
entsprechenden Entwicklungsweg in Abbildung 2. Da ist, wie man den roten Punkten entnehmen kann,
scheinbar die ganze Zeit "Bewegung drin" und das Ende, bzw. die Verwandlung in einen Weißen Zwerg,
schon nach 6 Milliarden Jahren fast erreicht. Wir lernen also: die Sonne als hypothetischer "F" Stern
mit 20% mehr Masse würde es zwar heute noch immer geben, ihre Entwicklung zum Roten Riesen
stünde aber praktisch unmittelbar bevor…