Wenn man - gerade jetzt im Winter - an einem sonnigen Tag vor die Tür tritt, taucht man in ein Bad
aus Licht und Wärme, das unser Heimatstern aussendet. Als "Licht" bezeichnen wir für gewöhnlich
das, was wir mit den Augen wahrnehmen. Wir erkennen die Sonne, den blauen Himmel, die unmittelbare
Umgebung. Es ist aber ausschließlich die Sonne, die primär das Licht aussendet, während ein Baum
oder eine Straße nur deswegen zu sehen sind, weil sie das Licht der Sonne reflektieren. Der Beweis ist
unmittelbar "einleuchtend": in der Nacht sieht man die Straße nur, wenn entweder der Mond das
Sonnenlicht zu uns reflektiert, oder die Straßenlaternen eingeschaltet sind und so für die entsprechende
Beleuchtung sorgen.
Nun gibt es aber auch Licht, das man nicht mit bloßem Auge erkennen kann. Wenn Sie zum Beispiel
Besitzer eines Kaminofens sein sollten und dieser zudem eine große Fläche besitzt, so werden Sie,
falls der Ofen entsprechend aufgeheizt ist, den Druck der Wärme, bzw. genauer den Strahlungsdruck
unmittelbar auf der Haut spüren. Bringen Sie nun aber einen Gegenstand, z.B. eine Holzplatte oder ein
Bettlaken, zwischen sich und den Ofen, so stehen Sie unmittelbar im "Schatten" und erfahren die Wärme
des Ofens nur noch indirekt über die etwas erhöhte Zimmertemperatur. Vielleicht bietet Ihr Ofen ja die
Möglichkeit das Feuer auch direkt anzusehen. Nehmen wir aber an, die Feuerstelle sei blickdicht, und
Sie schalten zudem die Zimmerbeleuchtung aus, so daß es nun stockfinster ist. Auch jetzt könnte man
das Experiment mit der Holzplatte oder dem Bettlaken wiederholen und würde wieder den Schatteneffekt
- trotz absoluter Dunkelheit - verspüren.
Das heißt also, die Wärme ist nicht an das mit den Augen wahrnehmbare Licht gekoppelt. Und tatsächlich,
wenn man nach draußen ins Freie geht, sind die Wärmestrahlen der Sonne, die man auf der Haut spürt,
für die Augen praktisch unsichtbar. Hält man sich vielleicht sogar noch längere in der Sonne auf, so stellt
sich in aller Regel noch ein weiterer Effekt ein, nämlich der, daß die Haut mit einer Verfärbung bis hin
zum Sonnenbrand reagieren kann. Auch hier ist aber seit langem bekannt, daß dafür nicht das sichtbare
Licht verantwortlich ist. So kann man zum Beispiel, hinter einer Glasscheibe sitzend, das Licht und die
Wärme der Sonne genießen, ohne dabei merklich braun zu werden.
Das für die Verfärbung der Haut verantwortliche Licht ist allgemein unter der Bezeichnung "UV-Strahlung"
oder "ultraviolettes Licht" bekannt. Was hat es nun damit auf sich und wie kommt die Sonne dazu, dieses
spezielle Licht auszusenden. Und wie kommt es zum "Wärmelicht" der Sonne, das man auch als
"infrarotes Licht" bezeichnet.
Dazu machen wir nun, dem großen britischen Physiker Isaac Newton (1643-1727) folgend, ein einfaches,
aber auch fundamental wichtiges Experiment. Unser Versuchsaufbau besteht aus einer Lichtquelle
(die Sonne) einem weißen Blatt Papier (als Leinwand), und einem kleinen Glasklotz, den wir zwischen
Sonne und Papier bringen. Das Ergebnis zeigt Abbildung 1, das Licht, das den Glasklotz verläßt ist bunt
wie der Regenbogen, den uns die Natur auch gelegentlich vorführt. Experimentieren wir nun noch etwas
weiter, so stellen sich schließlich folgende Gesetzmäßigkeiten ein. Die Farben werden nicht etwa, wie
beim Würfeln, immer wieder neu gemischt, sondern blau/violettes Licht wird stets am meisten abgelenkt,
rotes Licht befindet sich hingegen immer am gegenüberliegenden Ende dieser "Erscheinung", oder, wie
Newton es seinerzeit auf lateinisch nannte, dieses "Spektrums". Mit zusätzlichen Meßinstrumenten
würde man zudem folgende aufregende Erkenntnis gewinnen:
1) jenseits des roten Lichtes ist es zwar dunkel aber warm,
und
2) jenseits des blau/violetten Lichtes ist es zwar dunkel und kalt, aber eine hier aufgestellte Solarzelle
würde zum Beispiel sofort Strom liefern.
Das macht uns wiederum neugierig. Was passiert denn, wenn wir die Solarzelle an das dunkle Ende
neben dem roten Licht aufstellen? Da gibt es praktisch keinen Strom, nur die Solarzelle erwärmt sich.
Das heißt nun aber, daß das Licht jenseits des blau/violetten Bereiches, also das ultraviolette Licht,
sehr viel mehr Energie haben muß.
Und tatsächlich: der Glasklotz spaltet das Licht, oder man könnte auch sagen er sortiert das Licht,
bezüglich seiner Energie. Die meiste Energie hat das ultraviolette Licht. Das blau/violette Licht ist
etwas weniger energiereich. Noch weniger hat das gelb/grüne Licht. Noch weniger das rote Licht.
Und am wenigsten schließlich das infrarote Licht.
Abbildung 1: Das Licht der Sonne, aufgespaltet in die Farben des Regenbogens, nachdem es eine
kleine Wegstrecke durch einen Glasklotz gelaufen ist. Dieses und weitere Experimente der gleichen
Art wurden um 1670 zunächst von Isaac Newton durchgeführt und beschrieben. Links und rechts
des hier gezeigten sogenannten "Spektrums" befinden sich die für das menschliche Auge unsichtbaren
Anteile des infraroten und ultravioletten Lichts. Die Entdeckung des infraroten Lichts geht hier übrigens
auf William Herschel zurück, dem im Jahre 1800 auffiel, daß es direkt neben dem roten Licht im
Sonnenspektrum stets merklich warm wurde, obgleich dort mit bloßem Auge überhaupt nichts zu
sehen war.
Ist dann eigentlich Schluß hinter dem infraroten Licht? Und was folgt eventuell jenseits des UV Lichts?
Nein, in beiden Fällen ist noch nicht das Ende erreicht. Auf der einen Seite gibt es die energiereiche
Röntgen- und Gammastrahlung, auf der anderen Seite die Radiostrahlung. Nur: diese kommen im
Sonnenlicht mit ganz anderen - nämlich geringeren - Intensitäten daher. Und was heißt das nun wieder?
Dazu experimentieren wir noch ein zweites Mal. Diesmal dient uns hierzu eine Fahrradlampe. Das
Fahrrad wird zunächst auf den Kopf gestellt, der Dynamo eingeschaltet, und dann drehen wir zunächst
das Rad ganz langsam und vorsichtig, bis die Glühlampe etwas aufleuchtet. Diese erscheint uns jetzt
rot-glühend. Bei größerer Geschwindigkeit, bzw. Stromerzeugung über den Dynamo, gelblich, und
schließlich weiß-glühend.
Das Maximum der Licht- oder Energieaussendung der Glühlampe verschiebt sich also in Richtung
des energiereicheren ultravioletten Lichts. Der dünne Glühfaden, durch den der Strom "gequetscht"
wird, und der diesen auf Temperaturen von über 2000 Grad erhitzt, bekommt je nach Temperatur eine
ganz charakteristische Energieverteilung oder "Temperaturstrahlung".
Diese Beobachtungen und Erkenntnisse sind im Wesentlichen bereits im 19. Jahrhundert erfolgt
und heute mit dem Namen berühmter Physiker z.B. Gustav Kirchhoff (1824-1887) oder
James Clerk Maxwell (1831-1879) verbunden. Max Planck (1858-1947) schließlich fand auch
die mathematische Beschreibung der sich einstellenden Energieverteilung bzw. der Temperaturstrahlung
und war zudem der Wegbereiter der sogenannten Quantenmechanik, die vor etwa 100 Jahren in die
Welt der Atome und Atomkerne eindrang und schließlich die prinzipiellen Erklärungen für die
beobachtbaren Naturphänomene abliefern konnte.
In Abbildung 2 sehen wir drei solche Intensitätsverläufe oder "Planckkurven" zu unterschiedlichen
Temperaturen: 1000, 1500, und 2000 Grad Kelvin. Der Bereich des sichtbaren Lichts ist rot eingefärbt.
Wir erkennen hier, daß unsere Fahrradglühlampe bei etwa 1500 Grad aufzuleuchten beginnt, aber mehr
als 99% der Energie oder des Lichts mit dieser Betriebstemperatur im infraroten Bereich ausgesandt
werden. Mit der sich anschließenden Temperaturerhöhung auf 2000 Grad verschiebt sich sodann der
Intensitätsverlauf der gesamten Kurve nach links zu der energiereicheren Strahlung. Dennoch werden
aber auch hier - wie unschwer in Abbildung 2 zu erkennen ist - weit mehr als 90% der Energie im
infraroten Bereich abgegeben. Die Fahrradlampe - wie übrigens auch jede ähnlich gebaute Glühlampe im
Haushalt - ist also weniger ein Lichtspender und eher eine Heizung! (Stromsparlampen hingegen sind
keine "Temperaturstrahler" und erfreuen sich daher heutzutage über ihren höheren Wirkungsgrad
zunehmender Beliebtheit.)
Abbildung 2: Die Energieverteilung dreier Temperaturstrahler von 1000, 1500, und 2000 Grad Kelvin.
Je höher die Temperatur, um so mehr verschiebt sich die abgestrahlte Energie in den für das menschliche
Auge sichtbaren Bereich (hier rot dargestellt). Herkömmliche Glühlampen strahlen mit etwa 2000 Grad
und liefern daher vor allem Wärme aber kaum Licht. Die Sonne strahlt mit etwa 6000 Grad und hat ihr
Maximum der Energieabgabe im sichtbaren Bereich. Unsere Augen sind hier das ideale, weil perfekt
angepasste, Sinnesorgan. Im Prinzip besitzt übrigens jeder Körper, also z.B. Steine, Häuser, Bäume,
Tiere, aber auch wir Menschen, eine ihrer Temperatur entsprechende Energieverteilungskurve. Im
allgemeinen liegen die hier vorherrschenden Temperaturen aber weit unter 1000 Grad und so strahlen
wir uns alle ständig gegenseitig "nur" infrarotes Licht zu.
So hat also schließlich jeder Körper - entsprechend seiner Temperatur - eine bestimmte Plancksche
Energieverteilung. In Räumen mit kalten Wänden kann es so auch oberhalb von 20 Grad Zimmertemperatur
irgendwie ungemütlich bleiben. Andererseits, sind die Wände hingegen warm, empfindet man auch 18 Grad
Zimmertemperatur noch als angenehm. Auch Infrarotkameras machen sich die Plancksche Temperaturstrahlung
zu Nutze und können so schlecht isolierte Stellen oder Wärmebrücken in den Wohnräumen ausfindig
machen. Kommen wir noch einmal auf den Kaminofen zurück. Auch dieser ist also im Grunde nichts
anderes als ein Planckscher Temperaturstrahler. Auch bei Temperaturen von mehreren 100 Grad -
so die Erkenntnis aus Abbildung 2 - kommt praktisch die gesamte Energie oder das gesamte "Licht" aus
dem infraroten Bereich. Schließlich sind alle Gegenstände des täglichen Lebens, eine Tasse Kaffee, ein
Stück Kuchen, ein Tisch, ein Ball, sowie die Blumen, die Tiere, und auch wir Menschen beständige
Temperaturstrahler. Wohlgemerkt, für gewöhnlich sieht man alle diese über das Sonnenlicht oder eine
zusätzlich eingeschaltete Lampe. Das ist dann aber nur das zusätzliche, reflektierende sichtbare Licht. Die
Temperaturstrahlung hingegen ist eine "innere" Eigenschaft der Körper - egal ob es nun Tag oder Nacht ist.
Im infraroten Licht funkt es sozusagen ständig zwischen uns und unserer Umgebung…
So, und nun folgt der Sprung zu den Sternen.
Auch diese sind in erster Näherung sozusagen Plancksche Strahler oder Temperaturstrahler. Jeder
Stern hat also eine für seine Temperatur ganz charakteristische Energieverteilung. Ist er eher kühl - also
sagen wir 2000 Grad Kelvin - geht sozusagen alles Licht oder alle Energie in den Infrarotbereich
(siehe Abbildung 2). Das wenige Licht, das er im sichtbaren Bereich auch aussendet, läßt ihn für unsere
Augen tiefrot erscheinen.
Bei Sternen, wie der Sonne, mit etwa 5800 Grad Kelvin, liegt das Maximum der Energieverteilung hingegen
im gelben Bereich. Die Sonne ist ja auch ein gelber Stern. Hier gibt es sozusagen am meisten "zu sehen"
und unsere Augen - die genau hier am empfindlichsten sind - also, die an diesen Umstand praktisch perfekt
angepassten Sinnesorgane.
Heiße Sterne bringen es auf 50000 oder gar 100000 Grad Kelvin und geben ihre Energie vornehmlich im
ultravioletten Bereich ab. Da fällt ein Teil der Energie bereits auch im Röntgenbereich an, und wir sehen
diese Sterne bläulich-weiß schimmernd, weil ebenfalls ein Teil auch im sichtbaren Bereich ausgesandt wird.
Das sind dann aber nur wenige Prozent der gesamten Abstrahlung, also praktisch nur noch ein Abfallprodukt.
Kommen wir nun noch einmal kurz auf den Stern Zeta Cancri vom Vormonat zurück. Sie erinnern sich: im
sichtbaren Licht war die "D" Komponente nicht bzw. kaum ausfindig zu machen. Mit Infrarot-Detektoren -
die es allerdings erst seit wenigen Jahren in der Astrophysik gibt - konnte Zeta Cancri D hingegen sofort
gefunden werden. Daß dieser im infraroten Bereich so "hell" war, konnte nun als eindeutiger Hinweis gewertet
werden, daß man es hier mit einem kühlen Objekt von circa einer halben Sonnenmasse zu tun haben mußte.
Da man aber auf Grund der Umlaufbewegung von Zeta Cancri D um Zeta Cancri C bereits wußte, daß
Zeta Cancri D aber etwa 1 Sonnenmasse besitzt, war klar daß man tatsächlich einen Doppelstern von z.B.
2 x 0.50 Sonnenmassen gefunden hatte. Die genaue Massenverteilung für die beiden Komponenten von
Zeta Cancri D mag schließlich bei 0.55 + 0.45 oder auch 0.60 + 0.40 Sonnenmassen liegen, aber an der
Existenz von Zeta Cancri "Da" und Zeta Cancri "Db" lassen die Infrarot-Beobachtungen keinen Zweifel
mehr.
Dieses Beispiel zeigt, wie man durch die Wahl des Beobachtungsbereichs schnell zu eindeutigen
Erkenntnissen gelangen kann, die in anderen Bereichen unsicher bleiben. Die Astrophysik macht so heutzutage
ihre Beobachtungen vom Gammastrahlen- bis zum Radiobereich. Vielfach ist man dabei auf die Hilfe von
Satelliten angewiesen, denn nicht alle Strahlung, die die Sterne aussenden, kommt auch hier auf dem Erdboden
an. Vieles was uns hier verborgen bleibt, ist aber schon wenige Kilometer über der Erdatmosphäre gut sichtbar.
William Herschel, der ja nun schon auf dem Roque de los Muchachos ein sehr leistungsstarkes optisches
Teleskop "besitzt", wird übrigens bald auch mit dem "Herschel Space Observatory" - einem über drei Meter
großen Infrarot-Teleskop - im Weltraum vertreten sein. 1.5mal größer als das berühmte Hubble Space Telescope
sollte Herschel dann auch direkt aus dem Weltraum viele spannende Erkenntnisse liefern.