PaulDas trägt man heute so |
Mein ganzes Leben ist die Haute Couture an mir vorbeigesaust, ich bin ein
Mann und für mich bedeutet Prêt-à-porter nichts anderes als, die Hose ist
noch nicht zerrissen und die Flecken darauf könnten gewollt sein. "Fertig
zum Tragen" ist Definitionssache und meine Frau wollte keinen Dressman,
sondern einen, der die Kinder und den Kater ernähren kann. Ich weiß nicht
mal welche Konfektionsgröße ich habe, muss ich auch nicht wissen, Clement
muss das wissen, die Frau aus dem Laden wo ich eingekleidet werde und meine
Frau, die mich Weihnachten mit irgendwelchen Markenklamotten so weit
ausstaffiert, dass sie sich mit mir mal auf die Straße wagt. Ich habe keine
Ahnung von Naik, Rehbock und Aidsdidas und habe noch bis vor ein paar Wochen
Jack Wolfskin für den neuesten Jack London Film gehalten. Nun wissen Sie
auch, was ich zu Weihnachten bekommen habe und nun weiß ich auch, dass
Fliesen wärmen können. Pardon, fleece heißt das und das sind dann immer die
Momente, in denen mir meine Kinder zärtlich über das dünne Kopfhaar
streicheln und "es wird alles wieder gut Papa" zuflüstern. Wussten Sie
übrigens, dass ein Jack Wolfskin Tecnopile Micro: 100er-Fleece, leicht,
wärmend und atmungsaktiv, angepasstes Wärmerückhaltevermögen,
Unterarm-Ventilation und Sturmkapuze hervorragend zu Schiesser Tausendsassa
nordic Feinrippling, lang und grau mit Eingriff passt?
Meine Kinder sind ja nun im balzfähigen Alter und die stundenlangen
abendlichen Gespräche über innere Werte und zu vernachlässigenden
Äußerlichkeiten haben nur suboptimal gefruchtet. "Damit kann ich doch nicht
in die Schule, da lachen mich doch alle aus, das hat man vielleicht vor
hundert Jahren anziehen können, als du noch in die Schule gegangen bist." Es
macht keinen Sinn zu diskutieren, ob ein bauchfreies T-Shirt bei 14 Grad
angemessene Bekleidung ist und ich musste lernen, dass es schick ist, wenn
die Unterhose (pardon, Slip) ein kleines bisschen über den Hosenbund
hinauslugt, sonst kann man doch den Markenaufkleber nicht erkennen. Mir wäre
das eigentlich egal, aber der Plunder ist so was von sündhaft teuer, da sind
irgendwie die Dimensionen verrutscht. Nehmen Sie mich, 1,84 Meter lang. Zwei
Hosen, zwei Hemden, ein paar Schuhe pro Jahr, das macht 110 Euro wenn man
die Klamotten bei Clement und Rafa kauft. (Das Jahr lässt sich übrigens auch
mal strecken..) Meine beiden Töchter sind beide an die 1,40 Meter lang,
brauchen 12 Hosen und Röcke im Jahr, Hemden gibt es nicht mehr, sondern nur
noch Tops, Blusen, Shirts, sweater, Nikis, Polos und wie das Zeug alles
heißt und davon so viel, dass das Kinderzimmer inzwischen ein kaum noch
begehbarer Kleiderschrank geworden ist. Von den Schuhen will ich gar nicht
sprechen, da gibt es Exemplare, die genau so viel kosten wie mein komplettes
Jahresbudget für Ganzkörperbekleidung.
Neulich wollte ich dem Kleiderwahn, oder besser Markenwahn mal ein Ende
setze und habe zur Selbsthilfe gegriffen. Ein T-Shirt, rein weiß von Clement
habe ich geholt und dann den Schriftzug eines Markenartiklers fein
säuberlich drauf geschrieben, Ich weiß auch nicht, wie mir meine Kinder so
schnell auf die Schliche gekommen sind und mir gleich das gute Stück um mein
Jutehemd gehauen haben, sah doch ganz gut aus der Rehbock Schriftzug. Ein
weiterer Versuch, die immer größer werdenden Löcher im Bekleidungshaushalt
zu stopfen ist leider auch fehlgeschlagen. Antonia, die hat einen Laden mit
diesen begehrten Markenartikeln und ruft mich vor zwei Wochen in den Laden.
"Rebajas" heißt das Zauberwort, Ausverkauf. Sie legt mir alles vor, was
meinen Kindern passen könnte, (woher weiß die, was meinen Kindern passt) und
erzählte mir, was ich denn noch vor einer Woche dafür bezahlen hätte müssen.
Da kann man nicht nein sagen und ich kann mich endlich mal beliebt machen
bei meinen zauberhaften Kindern. Der Betrag war dennoch fern von meinem
Begriff, was man für stoffartige Körperbedeckung ausgeben sollte, aber ich
muss ein riesiges Schnäppchen gemacht haben. Allerdings kam der Krempel bei
meinen Kindern nicht an, "Papa das ist doch alles herabgesetzt bei Antonia
auf dem Krabbeltisch, das können wir doch nicht anziehen, das weiß doch die
ganze Stadt, dass die Sachen aus dem Ausverkauf stammen." - Wundern Sie sich
nicht, wenn da nun die nächsten Jahre ein Reiseleiter mit viel zu engen
Markenklamotten durch El Paso irrt, das Zeug wird aufgetragen. Meine Frau
machte mir sogar Mut: Der rosa Nicki mit den Rüschen stünde dir ganz gut,
wenn du dreißig Jahre jünger wärst und eine Frau. Ich habe verstanden und
nun trägt der Kater den geizigen Fehlkauf, der läuft durch den Garten damit
und prahlt wie Oskar vor seinen felinen Kollegen: Guckt mal, ich bin ein
Puma.