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Paul


Diebe auf Samtpfoten
              



Keinen Moment aus den Augen lassen kann man dieses verwöhnte Katzenvieh. Paul plündert Kühlschränke, macht versteckte Schokoladenvorräte der Kinder ausfindig und fragt nicht mal vorher, wenn er sich an der gedeckten Kaffeetafel von der Sahne bedient. Natürlich können wir ihm selten ein solches Vergehen gegen das Familieneigentum nachweisen, es hätte ja auch jemand anders sein können und ohne hieb und stichfesten Beweis wird bei uns kein Familientribunal geführt. - Einzig meine Biervorräte hat er bislang unangetastet gelassen, er scheint zu wissen wo bei mir der Spaß aufhört und der Familienvorstand anfängt. Es ist schwer, da klare Verhältnisse durchzusetzen, drei geschickte weibliche Anwälte biegen die Sache immer in Richtung nicht zurechnungsfähig, mangelnde Fakten oder pochen auf das seit kurzem novellierte Familiengrundgesetz in dem da der Artikel eins steht, Pauls Würde ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller familiären Gewalt

Ich würde auch mal gern mit Würde dem Herren in seinen erweiterten Hintern treten, wenn er mal wieder völlig unschuldig den Beutel mit den Croissants zerfetzt hat. Geht aber nicht, das wäre häusliche Gewalt und außerdem, wer sagt denn, dass der Beutel nicht völlig unglücklich und rein zufällig aus dem verschlossenen Schrank gefallen ist und genau auf Pauls Krallen und der wollte den Beutel nur wieder loswerden und zurück in den Schrank stellen. Sie sehen, da ist argumentativ nichts zu erreichen, die Unschuldsvermutung gilt hier im Besonderen und nur ich kann sehen, dass Paul beim Abschlecken der Pfote den Mittelzeh immer ausgestreckt hält und deutlich in meine Richtung zeigt. - Das bildest du dir ein, er hat dich doch ganz lieb, guck mal, er kuschelt schon wieder in deinem einzigen guten Hemd, was ich dir zu Weihnachten geschenkt habe. - Ich könnte schwören, meine Frau hat das Hemd extra passend zu Pauls Teint ausgesucht, mir steht es aber auch nicht schlecht, trotz der vielen Katzenhaare darauf, juckt zwar ein bisschen, aber wen juckt das, wenn mich was juckt.

- Eigentlich wollte ich mich nie in die Rolle eines Chefanklägers drängen lassen, aber die ungesühnten Flurschäden nehmen zu und ich fürchte um die innere Ordnung und Sicherheit dieses festen Familienverbundes, bestehend aus drei Frauen, einem Schutzbefohlenen und einem, zunehmend ins Abseits geratenen Haushaltsvorstand, von mir immer ich genannt. Mag es Kommissar Zufall gewesen sein, ich nenne es bereits göttliche Fügung, der Herr hat sich verkalkuliert und nach seiner letzten vandalischen Fressattacke gegen Lebensmittel die dem humanoiden Teil der Familie vorbehalten sind, deutliche Spuren hinterlassen welche eine lückenlose Indizienkette ergeben. - Er hat die Nase nicht voll genug bekommen beim Klauen und sein verbrecherisches Antlitz mit einem Sahnehäubchen versehen als er den Kopf in die Schale mit der Sahne gesteckt hat. So aber nicht, jetzt bist du fällig, du Delinquent. Schon zähle ich die Paragraphen alle auf gegen die er verstoßen hat und lese Paul seine Rechte vor, da kommt meine Frauenschar angesprungen, entreißt mir den Schwerverbrecher und man überlädt mich mit vorwurfsvollen Worten. Wie kannst du nur den armen Kater mit dem Gesicht in das Sahneschälchen stoßen, der darf so was doch gar nicht essen und jetzt hat der Arme sich erschreckt und braucht sofort eine Notbehandlung mit Sheeba.

Ich bin gerade dabei meine Verteidigungsstrategie zu entwerfen, das Familientribunal wirft mir schwere Folterungen eines Angehörigen vor, man glaubte bei Paul so etwas wie ein Niesen gehört zu haben, als er die Nase noch voll der guten Sahne hatte. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich mit nicht verhandlungsfähig durchkomme (schwerstes Kindheitstrauma, als Sohn eines Sozis im bayrischen Wald aufgewachsen), deshalb habe ich mir auch noch die Option "Abu Ghraib" offen gelassen und ich komme mit ein paar lächerlichen Jahren davon und einer unehrenhaften Entlassung aus dem Familiendienst. Allerdings droht wirkliches Ungemach, die Familienstaatsanwältin hat nämlich die Höchststrafe gefordert, zusammen mit den Kindern alle Folgen von Deutschland sucht den Superstar ansehen, in Schleife und ohne Oropax, dazu Popcorn essen und warme Cola trinken. - Ich bitte um Gnade!



zum nächsten Paul...

Paul


Familie Ellen & Simon Märkle

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