Hühnerkeulen-Unfall -
aus dem Jahr 1980
Seit heute weiß ich, wie der Kaufmann zusammengefrorene Hühnerkeulen voneinander trennt, weil ich beinahe eine überfahren hätte. Damit der unaufhaltsame Fortschritt an niemandem vorübergehe, möchte ich hier aus meiner heutigen Erfahrung heraus die praktische Anweisung dafür geben. Man werfe mir bitte nicht Übertreibung vor. Wenn man es recht bedenkt, ist es ja ein ganz logischer Vorgang, der einer erfinderischen Intelligenz entspringt.
Voraussetzung ist, dass das Geschäft direkt an der Straße liegt, was hier allerdings bei fast jedem Geschäft der Fall ist. Hier war es ein kleiner, weißer Bau etwas außerhalb der Ortschaft, nach Landesart ohne Fenster. Tageslicht und Kunden müssen zur selben Tür herein. Nur etwas Leergut vor dem Haus, wie Plastikbierkästen, Obsthorden usw. kennzeichnen es als Lebensmittelgeschäft. Einen gepflegten Bürgersteig gibt es nicht, nur einen schmalen Sandstreifen zwischen Haus und geteerter Straße, was die Sache sehr vereinfacht, wie sich gleich zeigen wird.
Und so sollte der Ablauf etwa stattfinden: zunächst den Kopf aus der Tür stecken und nachsehen, ob nächstens ein Auto kommt. Etwas entferntere spielen keine Rolle, die sehen ja, dass sich hier etwas abspielt und werden halten. Dann vom Ladentisch den recht unhandlichen, fast einen Meter langen, flachen, braunen Pappkarton greifen, in dem sich 10 Kilo zusammengefrorene Hühnerkeulen befinden. Diesen mit beiden Händen fest packen, auf die Schulter balancieren und zügig, wenn auch wegen des Gewichts in recht gebückter Haltung, hinaustragen. Während der zwei letzten Schritte bis zur Straßenkante schon einen gewissen Anlauf nehmen, und mit Schwung den Karton hoch über den Kopf hinaus auf die Landstraße schmettern. Zunächst wird nichts Sichtbares geschehen, das ist normal. Beim zweiten Wurf sieht man auch noch nichts, vielleicht, dass sich die Hühnerkeulen einer leichten Lockerung unterwerfen. Das bedeutet, der Karton wird erneut aufgenommen und wieder mit Wucht auf die Straße geworfen. Wenn man Glück hat, verrutscht jetzt etwas die Verschnürung, und die Ecken der Verpackung sehen nicht mehr ganz neu aus. Ein Eisblock aus 10 Kilo Hühnerkeulen hält gut zusammen! Es lehrt die tägliche Erfahrung: nun muss der Karton noch einige mal geschmettert werden, aber irgendwann zwischen dem sechsten und achten Mal liegen die Keulchen plötzlich einzeln auf der Straße, dann ist es für heute wieder geschafft.
Ich fuhr sehr langsam an die besagte Stelle heran, und so kam es, dass ich nur beinahe ein Keulchen überfahren hätte. Wen wundert´s, dass der weiße Mittelstreifen hier recht ramponiert aussieht.
Die überlebt haben, werden anderweitig abgemurkst.
Und HIER geht es zur nächsten Dähncke
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