PaulEin eitler Rekonvaleszent |
Nicht nur Sonnenschein begleitet einen das Leben lang, manchmal kommt es
knüppeldick und wer sich mit Streunern einlässt, der muss halt auch mal
dafür bezahlen. Eine Woche lang hat Paul sich und uns gequält, der lag
danieder, dahingerafft von einem Darmparasiten dessen Namen ist vergessen
habe, aber so kompliziert klang, dass die teuren Spritzen vom Tierarzt
gerechtfertigt schienen. Katzenflüsterer wurden engagiert um dem Herren
wieder Lebenskraft und besonders Mut zu einzuhauchen. Die
geschlechtsspezifischen Äußerungen meiner Frau, die immer noch meint, Männer
wären allesamt nur Simulanten, waren da teilweise kontraproduktiv,
mindestens aber suboptimal.
Nun ist Paul aber deutlich auf dem Weg der Besserung, aber noch bei weitem
nicht der alte Mephisto, welcher er vor seinem tiefen Fall in die
peristaltischen Abgründe noch war. Er ist jetzt ganz anhänglich und bleibt
immer in unserer Nähe, gerade so als ahnte er, dass er sich irgendwo in den
weiten Jagdgründen unseres Gartens diese Parasiten eingefangen hat. "Spiel
nicht mit den Schmuddelkindern" hat ihm meine Frau früher immer gesagt, als
wir ihn mit irgendwelchen streunenden Katzen im Garten beobachten konnten. -
Eigentlich gut, dass Paul kastriert ist, meine Frau hätte mit Sicherheit
Tobsuchtsanfälle bekommen, wenn Paul sich mit irgendeiner ungewaschenen
Katzendame eingelassen hätte. - Nicht mit unserem Paul und vorsichtshalber
habe ich meiner Frau verraten, wo ich den Baseballschläger versteckt habe,
der vor nächtlichen Besuchen irgendwelcher jungen Männer schützen soll, die
meinen Töchtern nachsteigen.
Das Fell sieht noch reichlich struppig aus und seine Hauptbeschäftigung ist
Schlafen und geruhsames Katzensoaps gucken. Dabei sitzt er auf dem
Toilettenrand und beobachtet die sich munter drehende Waschmaschine, man mag
dabei auch seinen noch leicht geistig verwirrten Zustand erkennen, das was
er da guckt, sind alles Wiederholungen. - Gut, das unterscheidet ihn damit
nicht vom normalen Mitteleuropäer, aber wir haben einen höheren kulturellen
Anspruch für unseren Kater im Sinn. Wollen wir nicht ungeduldig sein, das
war knapp mit Paul meint der Tierarzt, er ist einfach noch zu jung, um eine
solche Attacke locker abzureiten. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Paul
die ersten Tage seines Lebens ohne Nahrung und Zuneigung überlebt hat und
das nie richtig aufgeholt hat. Ein Sensibelchen halt, aber dennoch ein
Kämpfer, von den besagten sieben Leben einer Katze hat damit Paul allerdings
schon zwei aufgebraucht. Meine Frauen sind aber wild entschlossen, diese
beiden Leben ihm in den nächsten Tagen wieder zurück zu streicheln,
hoffentlich lassen die noch ein bisschen Fell an ihm. Seine Stimme hat sich
stark verändert, er hört sich jetzt an als sei er im Stimmbruch, ich habe
keine Ahnung, ob es so was bei Katzen gibt, oder ob das die Folgen der
Krankheit sind. Hört sich an wie Roboterkater ohne Öl, ist der fragwürdige,
aber treffende Vergleich den meine kleine Tochter dafür bietet. In einem ist
Paul aber ganz der Alte geblieben, er ist weiter eitel wie Rotz. Zum Photo
Shooting war er nur bereit, sich mit mir gemeinsam ablichten zu lassen, er
will auf jedem Photo immer der Schönste sein.