La Palma Aktuell
Täglich frische Nachrichten von einer kleinen grünen Insel im Atlantik



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Nachrichtenarchiv Juli 2007


Dienstag 31.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 39 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1021 hPa
Höchsttemperatur heute 41,6 Grad - niedrigste Temperatur 31,6 Grad

Bruder Afrika

Irgendwo muss der heiße Wind ja herkommen und wir wissen auch ganz klar woher er kommt, aus Nordafrika. - Warum brennt es aber dort nicht und die Menschen dort befinden sich nicht im Ausnahmezustand? - Ganz einfach, weil dort, wo der heiße Wind herkommt, sowohl die Menschen, wie auch alles drum herum an solche Temperaturen gewöhnt sind. - Unsere Inseln aber, fast ständig am frischen Tropf des Passatwindes mit seinen feuchten Gaben, können überhaupt nicht mit dem Besuch und besonders dem Geschenk unserer Bruders Afrika umgehen. - Auf Inseln, auf denen es Lorbeerwälder gibt, Farne und Flechten, da sind Temperaturen über dreißig Grad nicht zuhause und wir, die darauf wohnen können das auch gar nicht ab. - Das Zusammentreffen afrikanischer Wüstenhitze und üppiger atlantischer Vegetation führt dann auch zu dieser Katastrophe, die sich gerade auf den beiden Inseln Gran Canaria und Tenerife abspielen. Unsere Wälder und auch Freiflächen neben den landwirtschaftlich genutzten Zonen sind voller Pflanzen, die eben nun dafür sorgen, dass die Flammen permanent neue Nahrung erhalten. - Die einzige positive Lage kann man wohl aus La Gomera bringen, wo der Brand zwar immer noch nicht völlig gelöscht scheint, aber wohl wirklich unter Kontrolle ist. - Die Temperaturen sind heute noch mal wieder dicke über die 40 Grad Marke gesprungen und die eingebildete frische Luft, die wir heute Morgen noch zu spüren glaubten, die ist wieder dem trägen und heißen Gas gewichen, welches wir unsere Atemluft nennen. - Es ist natürlich nicht so, dass unsere Luft einen anderen Aggregatszustand annimmt, aber es kommt einem schon so vor.

Die, seit nun vier Tagen extreme Hitze ist ja auch noch mit totaler Trockenheit verbunden. - Meine Angabe: Luftfeuchtigkeit 3% kommt daher, dass der einzige noch funktionierende Hygrometer nur bis runter zu 5% anzeigen kann und er dann auf "LOW" springt. Eine Null will ich nicht schreiben, das hört sich so endgültig an. - Diese Trockenheit bringt uns noch weitere Ausfallerscheinungen. Alles Holz zieht sich zusammen und plötzlich kann man Schlitze an den Türfüllungen erkennen und der ganze, mühsam aufgebrachte Sonnenschutz oder Lack bröckelt im heißen Wind einfach so davon. - Aber selbst Türen und Fenster aus Metall machen plötzlich Schwierigkeiten, die Schnapper springen nicht mehr passend in die Fallen und manch eine Tür klemmt sogar, als wolle sie den Dienst bei dieser Hitze verweigern. - Einige Pflanzen mussten wir aufgeben, trotz vermehrter Wassergaben, es ist halt einfach nicht ratsam, sich hier Blümchen zu halten, die eigentlich nur bei 20 Grad gedeihen wollen. - Die Bananen sind nicht in Gefahr, die Zitruspflanzen ebenso nicht, die können das ab und alles was hier sowieso immer wuchs auch. - Am meisten leiden jetzt aber auch Tiere, so sterben Hühner und Kaninchen nun reihenweise. - Allerdings gibt es auch Tote unter den Schädlingen, Läuse sterben nun ebenso ab wie die weiße Fliege, und Pilzerkrankungen an den Pflanzen muss man momentan auch nicht fürchten. - Mein Versuch unbedingt etwas Positives zu schreiben sticht hier auch wieder durch. - Außerdem liegt die mittlere Trocknungszeit eines frisch gewaschenen Oberhemdes nun bei 6,5 Minuten und meinen alten Diesel muss ich nicht mehr vorglühen. - Das waren aber dann auch schon die Vorteile dieses Wetters. - Die Dramen, die sich auf Tenerife und Gran Canaria abspielen sind ja nun auch in der mitteleuropäischen Presse präsent, ich muss da nichts mehr hinzufügen, ich könnte ja auch nur andere Medien übersetzen und zitieren. - Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass es bei uns noch nicht brennt und vielleicht braucht man einfach auch mal so viel Hilfe von irgendwo, oder einfach nur so unverschämtes Glück. - Unsere Gedanken sind bei den vielen Menschen, die auf Gran Canaria und Tenerife ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben oder noch darum kämpfen. - Es hätte genau so gut uns erwischen können und kann es immer noch. - Heute Nacht soll es kühler werden, wir warten alle dringend darauf.


Paul liebt feuchte Geschirrhandtücher



Dienstag 31.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 31 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1022 hPa

La Palma brennt nicht

Blickt man auf die anderen Inseln, dann bilden La Palma und El Hierro dieses Mal die große Ausnahme. - Bleiben immer noch die beiden östlichen Inseln, Lanzarote und Fuerteventura, darüber spricht niemand, man kann aber da einfach auch die Frage stellen: Welcher Wald soll da denn brennen? - Die Situation auf Gran Canaria und La Gomera ist unverändert. - Auf La Gomera ist man am nächsten dran das Feuer wirklich in den Griff zu bekommen. - Auf Gran Canaria brennt es weiterhin an mindestens 7 Stellen und inzwischen ist man bei über 5.000 Hektar verbrannter Fläche angelangt. - Die Berichte sind oft sehr unterschiedlich, je nach Zeitung und Fernsehteam wer berichtet, aber eines ist klar, man ist weit davon entfernt irgendetwas unter Kontrolle zu haben, ständig meldet man neue Brandherde und noch mehr Evakuierungen. - Der neue große Paukenschlag scheint nun auf Tenerife statt zu finden, auch dort ist man inzwischen bei 3.000 Hektar verbrannter Fläche angelangt und bei mindestens 2.000 Menschen die man vorsorglich aus den gefährdeten Zonen wegbringen musste.

So ist es wirklich erstaunlich, dass dieses Jahr, oder Mal, genau die beiden Inseln, die sonst immer die Waldbrandschlagzeilen anführen bislang davon verschont worden sind, nämlich unsere kleine Nachbarinsel El Hierro und wir selbst natürlich. - Mag es Disziplin sein, oder bessere Vorkehrungen gegen Waldbrände, aber es ist wohl eher nur Glück und Zufall, dass bislang das Feuer bei uns noch nicht zugeschlagen hat, sieht man von dem kleinen Schreck ab, welcher uns gestern Mittag bei Cruz Chica verabreicht wurde. - Zwei bis drei Grad weniger sind es heute und in der kommenden Nacht soll dann mit der ganz großen Hitze vorbei sein und auch auf jeden Fall die Luftfeuchte wieder ansteigen. Das wäre eine enorme Hilfe, dann sinken die Temperaturen nachts sofort wieder auf unter 20 Grad und Kondensationsnässe kühlt den Boden. - Regen ist sowieso nicht in Sicht, darauf braucht die Feuerwehr nicht zu warten, aber so eine kleine Hilfe in Form von kühlen Temperaturen nachts, das wäre auch schon was sehr angenehmes. - Noch gibt es Entwarnung aus La Palma und wer Fotos von der Situation auf den anderen Inseln sehen will, der klickt HIER (Link entfernt, da nicht mehr aktuell) und landet auf der Webseite von "Diario de Avisos".



Montag 30.07.07 - 19:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 41 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1020 hPa
Höchsttemperatur heute 41,7 Grad - niedrigste Temperatur 33,4 Grad

La Palma hält noch…

Inzwischen macht sich Gerechtigkeit über die Insel breit. - Nun zieht die Hitze auch in die tieferen Zonen und auch von der Ostseite werden nun die "Brüllenden Vierziger" gemeldet.- Das tröstet uns wenig, denn deshalb wird es bei uns nicht kühler. - Allerdings muss man das auch von der optimistischen Seite angehen, und das war bisher immer meine Seite, wir haben fast drei Grad weniger als gestern und ab und zu habe ich das Gefühl, als wehe ein frischerer Wind als noch heute Morgen. - Bleiben wir bei morgen, erst in den späten Abendstunden sollen wir Abkühlung erwarten, willkommen sei diese auf jeden Fall. - Da war dann auch noch die Geschichte von dem lustigen Ausländer mit dem gelben Pickup, der nach drei Tagen Hitze im heißesten Ort der Insel ein transportables Klimagerät erwerben wollte. - Der Lacher war gut in den entsprechenden Etablissements…. - Nun habe ich eine eigene Klimaanlage gebastelt, denn heute Abend ist unser traditioneller Pizza-Fernsehabend und den wollten wir irgendwie überleben. - Ein großes Bettlaken, tropfnass gespritzt steht nun mitten im Fernsehraum auf einem Wäscheständer und der Ventilator, der sonst im Winter auch Wärmeglück spenden kann, pustet mit aller Kraft dagegen und wenn man im richtigen Winkel dazu sitzt oder steht, dann meint man tatsächlich so etwas wie Abkühlung zu erhalten. - Klimaautomat mit integriertem Luftbefeuchter Modell "Taburiente Rustikal".

Unser Brand bei Cruz Chica wurde erfolgreich gelöscht, die Feuerwehr war so schnell da und effizient, dass wir dieses Thema abhaken können, nur wäre vielleicht noch interessant, wer da bei vierzig Grad mit Streichhölzern spielt. - Was man von den anderen Inseln liest ist leider in komplett anderer Richtung zu werten und lässt unser Feuerchen in einem ganz kleinen Licht leuchten. - Auf La Gomera bleibt die Lage mindestens angespannt, es ist noch nicht gelungen alle Brandnester zu löschen und immer wieder fegt der Wind neue Brände an. - Auch auf Tenerife werden nun an drei Orten Brände gemeldet, bei Los Realejos, San Juan de la Rambla und La Guancha. Ein Campingplatz auf dem Jugendliche untergebracht waren musste bereits geräumt werden, so wirklich viel mehr kann man der Presse auch noch nicht entnehmen, denn diese Brände sind erst kürzlich ausgebrochen. - Den dicken Hund hat aber weiterhin Gran Canaria zu tragen, es werden Fronten aus Morro Santiago, Barranco San Andrés, Veneguera, Montaña Parra, Presa de Soria, an der Hauptstraße GC-200, Los Pasos, El Juncal in Tejeda und Ariñez in San Mateo gemeldet. Das Provinzparlament hat einen Krisenstab eingerichtet und will sich nun um weitere Technik aus anderen Ländern und von der Halbinsel bemühen, gleichzeitig stellt man bereits über 1.000 Schlafstellen in Lagern bereit, um die vielen evakuierten Menschen anständig unterbringen zu können. - Aus Madrid werden Soldaten zur Unterstützung angekündigt und weitere Löschhubschrauber. - Die großen Wasserflugzeuge eignen sich nicht sehr gut um in den schmalen und tiefen Schluchten Einsätze zu fliegen, man hört zumindest nichts davon, dass diese auch angefordert werden. - Morgen Abend soll es abkühlen, aber der Wind wird weiter wehen und das ist immer eine große Gefahr. - La Palma hat Glück gehabt in diesen Tagen und wir werden weiter Glück haben. Hugh, ich habe gesprochen…

So, und nun geht es weiter mit Carlo. - Es geht ja dabei auch um Hitze, Feuer, Naturgewalten und wie wir damit umgehen. - Es ist übrigens die vorletzte Episode, am 2. August gibt es dann das Nachwort von Carlo.



San Juan, heute ist der 30. Juli 1949

Pablo hatte sich wieder auf die Gegend um Fuencaliente konzentriert. Es hatte viele Diskussionen zwischen ihm und Rubens gegeben. Pablo hatte die Theorie, dass die Erdbeben des Frühjahres ebenso wie in den Hochlagen im Süden Risse erzeugt haben könnten, die bei der Oberflächenstruktur mit weiten Griesfeldern nicht sichtbar wurden. Er hielt jetzt wieder einen Ausbruch in der Nachbarschaft des San Antonio für wahrscheinlich. So trennten sich hier die Wege der beiden Forscher.

Rubens und Ramón hatten in den letzten Tagen immer wieder die Kammlage beobachtet und Risse vermessen, die auf eine deutliche Instabilität hinwiesen. Trotz der Warnungen und Hinweisschilder waren Schaulustige anzutreffen, die sich völlig unbekümmert in der Nähe der beiden Schlote aufhielten. Nicht nur einmal musste Rubens auf die extreme Gefährdung durch plötzliche Gaseruptionen aufmerksam machen.

Gegen Mittag durchzog ein leichtes Beben den Berg. Sie waren gerade in den Westhang des Fraile eingestiegen und verharrten unwillkürlich auf die Stangen gestützt. Die Vorläufer eines Ausbruchs liefen durch den Berg. Ramón kannte dieses Zittern. Griesel rutschten den Hang hinab. Rubens entschied sich für zügiges Gehen. Sie erreichten den Kamm nördlich vom Duraznero als der Hoyo Negro mit einer dumpfen Detonation wieder ein Grieselfontäne hochjagte, dann war Ruhe. Die Warnung war deutlich.

Unter Ihnen lag der Duraznero wie immer stark gasend und in allen Farben schillernd. Ein stetiger Wind kam aus Nordost hoch, Wolken hatten sich angelagert, es wurde warm. Rubens nahm sich wieder einmal vor, eine mögliche Eruption aus der Nähe zu erleben, nahm nach kurzer Rast das Gepäck auf und zog wortlos auf den Deseada hinauf. Hinter dem Osthang ließ er sich fallen und trank Wasser. "Das gibt heute noch ein Feuerwerk, merkst Du es!?" Ramón hatte sich erschöpft neben ihn in den Kraterrand eingegraben.

"Wenn er kommt, dann in dem Graben, die beiden Schlote sind unterhalb verbunden, also da drüben geht er hoch!" Rubens zeigte auf die nördliche Seite des Kraters, in der sich eine wahrnehmbare Unruhe entwickelte." Du merkst jetzt wie es aus der Tiefe wieder hoch drückt, das hebt wieder den Berg hoch! Halt Dich mal lieber fest…", lachte Rubens aufgeregt. Ramón brauchte keinen Stein, das vibrieren des Berges ging in das tiefe Brummen über, das er nun schon so gut kannte. Auch er wusste, dass es jederzeit zu einem Ausbruch kommen würde.

Zu sehen, wie gigantische Kräfte einen Berg spalten ist kaum zu beschreiben. Vor ihren Augen und Ohren wiederholte sich das seltsame Geräusch rutschender Steine wie bei der Llano del Banco Öffnung, Geröll stürzte von den Hängen, der Kraterboden riss auf, und die Eruption baute einen Feuerturm bis in Augenhöhe, der nach wenigen Minuten in sich zusammenbrach und sich in eine klaffende Wunde zurückzog, in der die Glut pulsierte. Wenig später begann am unteren Ende der Lavafluss,

Die Lava war nicht so heiß wie im Llano del Banco. Sie flutete den Krater und brach sich dann in einem schmalen Fluss den Weg über den Rand des Duraznero. "Das ist unser Schlusskapitel, Ramón! Wir werden wohl keinen Ausbruch mehr erleben!" Rubens stellte sich auf die Beine. "Komm, wir gehen, die Schwaden ziehen hier hoch." Sie umrundeten den Deseada und begegneten dem Lavafluss auf dem Weg zu den Bergen von Horqueta, folgten dann aber dem Fluss, der sich schon stark verlangsamt seinen Weg suchte. Am Refugio trafen sie auf Soldaten und Leute aus Tigalate. Sie warfen einen Wall auf, waren aber zu spät gekommen, um den Strom aufhalten zu können. Rubens beruhigte sie. "Kaltlava, die bleibt bald stehen!" - Noch während sie sprachen, kam der Fluss zur Ruhe und erstarrte.

Das Ende der San Juan Eruptionen war gekommen.


Cumbre Vieja



Montag 30.07.07 - 12:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 35 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1020 hPa

Man darf es nicht mal denken…

Es brennt, aber gleich kann ich auch wieder Entwarnung geben, der Brand ist oberhalb von La Laguna ausgebrochen und kann auch vom Boden aus bekämpft werden. - Allerdings stehen dort auch jede Menge Häuser und deshalb hat man auch schnell und sofort alle Kräfte mobilisiert, um dem Feuer zu Leibe zu rücken. - Innerhalb von 10 Minuten war die erste Feuerwehr vor Ort und nach weiteren zehn Minuten auch der am Flughafen stationierte Helikopter. - Ja, wir haben doch noch einen übrig gehabt, es sind dann doch wohl nicht alle Hubschrauber nach Gran Canaria geschickt worden. Es ist zwar nur der "Kleine", aber auch der kann fleißig Wasser tragen und fliegt nun seit einer dreiviertel Stunde. - Die Rauchfahnen sind schon ganz klein geworden, aber der Hubschrauber befeuchtet jetzt die ganze Umgebung und auch die dort befindlichen Häuser, damit kein fliegender Funke weiteres Unheil anrichten kann. - In der Webcam kann, oder konnte man das sogar prima beobachten. - Wie, wer und warum da jemand gezündelt hat, das werden wir alles noch später erfahren. Man kann halt immer nur wieder darauf hinweisen, absolut vorsichtig zu sein - Man sollte nicht mal daran denken, im Garten zu rauchen, oder gar abends den Grill anzuwerfen, das wäre nicht nur dumm, sondern sogar sträflich. -. Wer erwischt wird, der wird bestraft und da kennt man hier kein Pardon. - Der Hubschrauber fliegt weiter seine "Abkühlungsrunden" über der gefährdeten Zone und um die Helfer zu warnen, dass nun eine kräftige Dusche Wasser von oben kommt, hat er eine richtige Polizeisirene mit an Bord, die er dann immer vor dem Abwurf des Wassers betätigt. - Insgesamt muss man sagen, dass es enorm schnell ging, bis die Feuerwehr und der Hubschrauber zum Löschen vor Ort waren. - Das gibt ein gutes Gefühl, da arbeiten Leute dran die wissen um was es geht. HIER noch mehr Photos, von Achim und mir.


Löscharbeiten bei Cruz Chica



Montag 30.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 33 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1019 hPa

Noch keine Entspannung

Die Hitze wird auch heute den ganzen Tag über anhalten und erst für morgen Abend lässt sich Abkühlung erhoffen. Die positiven Meldungen sind, dass die Waldbrände auf La Gomera und Tenerife unter Kontrolle sind, ganz im Gegenteil zu dem enormen Brand der immer noch das Innere der Insel Gran Canaria heimsucht. 10 Hubschrauber und ein Löschflugzeug bemühen sich gegen die Flammen anzugehen, ein schwieriges Unterfangen, nicht nur weil die Temperaturen immer noch auf Rekordniveau sind. Der Wind hat seit gestern zugenommen und facht auch bereits gelöscht geglaubte Stellen immer wieder an und dazu kommt noch das Hauptproblem bei allen unseren Bränden, man kommt dort, wo es brennt, einfach nicht mit schwerem Gerät hin. - Könnte man dort Fahrzeuge mit Pumpen und Wasser einsetzen, dann brächte man die Feuer schnell unter Kontrolle, denn wir haben genügend Technik und Wasser zur Verfügung, aber auch auf Gran Canaria sind im Landesinneren viele Schluchten und Bergrücken einfach nicht zugänglich so bleibt nur das Löschen aus der Luft und mobile Einheiten, die sich zu Fuß an die Feuerstellen begeben, um dann mit einfachsten Mitteln gegen den Brandherd anzugehen. - Bis jetzt geht man davon aus, dass an die 3.800 Hektar Fläche vom Feuer verwüstet worden sind und man musste auch bereits mehrere Ortschaften evakuieren. - Allerdings ist bislang kein Mensch hier zu Schaden gekommen, so scheint bislang die Lage hier deutlich besser noch zu sein, als in Griechenland und den Ländern auf dem Balkan.

La Palma hat sich bislang prima gehalten, waren wir doch in früheren Jahren eigentlich immer die Insel, welche die Waldbrandsaison eröffnet hat. - Aber eigentlich ist es nur eine Frage der Zeit, wie lange wir hier noch ohne Feuer durchhalten können, bei dem starken Wind, mit einer Luftfeuchtigkeit die nicht mehr messbar ist und Temperaturen auf der Westseite von über vierzig Grad, liegt ein Feuer quasi in der Luft. - Bloß nichts beschreien, wir brauchen viel, aber keinen Waldbrand bei diesen Wetterbedingungen. - Noch dazu, wo doch gerade die komplette "Luftwaffe" schon auf Gran Canaria an der Belastbarkeitsgrenze der Technik und der Feuerwehr steht. - Noch zur Erklärung, es ist nicht überall und auf allen Kanaren über 40 Grad heiß. In Meeresnähe und auf den Ostseiten der Inseln ist es um lockere 10 Grad frischer und auch die Höhe spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Die heißeste Zone liegt also auf den Westseiten der Inseln zwischen 500 und 1.000 Meter Höhe und je weiter man vom Meer weg ist, umso trockener ist es auch. - El Paso bleibt seinem Ruf treu, die heißeste und kälteste Gemeinde der Insel zu sein. - Das ist aber auch keine Kunst, zum einen sind wir auch die flächenmäßig größte Gemeinde der Insel, die alle möglichen orographischen Finessen enthält und dazu sind wir noch die einzige Gemeinde der Insel ohne eigenen Zugang zum Meer. - Man ist also in El Paso eigentlich im Binnenland, auch wenn sich das auf einer Insel, die gerade mal 30 Kilometer breit ist, ziemlich abwegig anhört.



Sonntag 29.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 44 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1019 hPa
Höchsttemperatur heute 44,4 Grad - niedrigste Temperatur 33,1 Grad

Wo ist das Eingemachte?

Sagt man doch so, jetzt geht es ans Eingemachte. - Der Wetterbericht hat nicht gelogen, heute war es tatsächlich noch heißer als gestern und wir haben das erste Thermometer gekillt. - Natürlich nicht wir, aber mehr als 43,9 Grad kann das nicht anzeigen, wer weiß für welche Klimazonen die das gemacht haben. - Diese Temperaturen sind ein Novum für uns und tatsächlich, es macht keinen Spaß mehr, außer dass man unbedingt neue Rekorde brechen will. - Auch der Rechner fängt nach einer Viertelstunde an zu piepen, auch der hat einen Hitzealarm und nun läuft er ohne Verkleidung und hält locker eine Stunde durch, dann schalten wir ihn aus. - Die Kinder baden alle Stunde im Tank, meine Frau und ich laufen mit bloßem Oberkörper rum, ein nasses Handtuch über die Schultern, die dem Wind ein bisschen Abkühlung entlocken. - Paul liegt nur noch in der Küche auf den kühlenden Fliesen, dem könnte man eine mit Kitekat gespickte Feldspitzmaus vor die Nase halten, der würde nur kurz ein Auge öffnen. - Eben habe ich noch Gäste weggebracht und auf dem Weg dorthin eine besorgte Frau gesehen, die ihren Pferden aus großen Kanistern Wasser über den Rücken geschüttet hat. - Es ist einfach wirklich zu heiß und auch ich, der Temperaturen über die 30 Grad hin eigentlich mag, bin nicht mehr wirklich amused, sondern einfach nur noch fasziniert, von diesen neue Hitzerekorden, die so gar nicht typisch für uns sind. - Morgen noch auf jeden Fall und Dienstag kann bereits Abkühlung kommen, wenn alles so läuft, wie die großen Wetterrechner sich das zurechtgerechnet haben. - Allerdings hat niemand, mit Temperaturen jenseits der 40 Grad Marke gerechnet, das kam für alle überraschend und wir verhandeln gerade, in welches Restaurant mit Klimaanlage wir heute Abend gehen.

Von den Waldbränden auf den anderen Inseln kann ich nur quergelesen wiedergeben, was die hiesigen Blätter ausspucken. - Der Brand auf La Gomera scheint unter Kontrolle zu sein, was aber ja nicht bedeutet, dass er gelöscht ist. - Allerdings hört man von dort, dass man noch diese Nacht damit rechnet, die meisten Glutnester vom Boden aus bekämpfen zu können. - Auf Gran Canaria hat man nun alles was fliegt und einen Wassersack tragen kann von allen Kanareninseln zusammengezogen und die Feuer auf eine einzige Front reduziert. - Man beklagt aber jetzt schon den Verlust von 3.500 Hektar Kiefern - und Eukalyptuswald und es wird wohl noch mehr werden. - Dieses Feuer ist auf jeden Fall durch Brandstiftung entstanden, man hat bereits einen 37 jährigen "Waldranger" festgenommen, der auch bereits gestanden hat, das Feuer entfacht zu haben. Sein Grund dafür war seine bevorstehende Entlassung, meines Erachtens eine sehr brenzlige Form seinen Frust abzureagieren. - Mehrere Feuer gibt es auch auf Tenerife, die man aber wohl vom Boden aus erreichen kann und somit auch gut bekämpfen. - Das Gros der Brände hat somit ganz klar Gran Canaria zu verzeichnen und wir hier auf La Palma können nur ganz still sein und hoffen, dass bei uns dieses Mal alles gut geht. - Die Wälder sind so extrem trocken und der Wind so heiß, dass der allerkleinste Funken genügen würde, ein Inferno dort in den Bergen auszulösen. - Dann müssten wir pokern mit Gran Canaria, wer bekommt die Löschhubschrauber. - Darauf will ich mich besser nicht einlassen, aber vielleicht geht ja dieser Kelch mal an uns vorüber.


Rekordtemperaturen auf La Palma


Rekordtemperaturen auf La Palma


Rekordtemperaturen auf La Palma


Rekordtemperaturen auf La Palma




Sonntag 29.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 34 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1016 hPa

Warmherziges Willkommen

Ein bisschen anders hatten wir uns das Wiedersehen schon vorgestellt. - Aber bei über 40 Grad geht einfach gar nichts mehr. - Mit den 41,8 Grad haben wir gestern auf dieser Höhe einen neuen Temperaturrekord gebrochen, so viel hat man auf 540 Meter bei uns noch nicht gemessen. - Ich habe 4 Thermometer, von denen eines bereits 42,2 Grad anzeigte, aber genau dieses neigt immer ein bisschen zur Übertreibung. - Mit solcher Hitze hatten wir hier wirklich nicht gerechnet, dabei soll heute eigentlich erst der wirklich heiße Tag werden, da kann man ja gespannt sein, wo das noch hinführt. - Allerdings zeigt sich die Luft in der Höhe bereits wieder etwas klarer und man kann vereinzelte Wollen erkennen und der Wind hat zugenommen. - Vielleicht bleibt uns ja ein solcher Tag wie der gestern dann erspart. - Die Temperaturunterschiede auf der Insel sind wieder mal frappierend, ich fuhr gestern Nachmittag hier bei 40 Grad los, um dann auf der Höhe der Shell- Tankstelle El Paso wohl das Temperaturmaximum zu erleben. - Ich habe zwar kein Thermometer mit dabei gehabt, aber es waren noch mal ein paar Grad mehr als bei uns. - Auf der anderen Seite waren es auf einen Schlag zehn Grad weniger und unten am Flughafen, eben ganz nah man Meer, da hatte es lediglich 25 Grad.

Die Verteilung der Temperaturen in dieser Wetterlage entstehen aus einem Kampf der heißen Luft in den Schichten zwischen 500 und wohl bis 1.000 Metern Höhe und den kühleren Zonen, die noch im Einfluss des ausgleichenden Altantiks liegen. - Dabei gibt es regelmäßig die höchsten Temperaturen in der Gegend El Pasos bis hin nach San Nicolas, die dort annähernd ebene Zone beginnt dann ihr eigenes Kleinklima zu basteln, bestehend aus viel Thermik und dem fast völligen Fehlen maritimen Einflusses. - Es entsteht dann sogar hier auf der Insel eine kleine Zone in welcher eigentlich schon die Bedingungen kontinentalem Klimas herrschen, aber eben nur genau bei dieser Wettersituation. - Ohne selbst Zeuge geworden zu sein, man berichtete mir von Temperaturen von um die 45 Grad in dem Gebiet "La Polvacera", was wohl, begünstigt durch die dort wenig vorhandene Vegetation, die heißeste Ecke der Insel ist. - Uns haben 41,8 Grad allemal gereicht und aus Feigheit vor der Hitze sind wir dann zu Kiko gegangen, der in seinem Restaurant über den Luxus einer Klimaanlage verfügt. - Der Waldbrand auf La Gomera soll nach letzten Meldungen "im Griff" sein, das Feuer auf Gran Canaria sich nach Aussagen von "Canraris 7" zu einer Naturkatastrophe ausgeweitet hat. - Man spricht von 2.500 Hektar verbrannter Fläche. - Da der Wind insgesamt zunimmt, steigt die Waldbrandgefahr noch einmal an und so scheint das Wetter den Löschkräften, die auf Gran Canaria gegen die Flammen kämpfen, nicht sonderlich gewogen zu sein.



Samstag 28.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 41 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 3 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 41,8 Grad - niedrigste Temperatur 25,5 Grad

Pfadfinder

Sie werden jetzt sagen: "Pfadfinder auf La Palma? Nie davon gehört.". Ich auch nicht. Aber so war das auch nicht gemeint. Es geht vielmehr um die ganz direkte Bedeutung des Wortes, nämlich um jemanden, der einen Pfad findet. Und im Speziellen geht es in diesem Fall um Wanderer und Wanderpfade auf La Palma.

Es ist ja allgemein bekannt und wird auch immer wieder so beschrieben, daß die Wanderwege auf La Palma gut ausgeschildert und markiert sind. Und auch wir schließen uns dieser Meinung an, allerdings nicht ohne Vorbehalt. Und der beginnt da, wo die beliebtesten und bekanntesten Wege enden. Oder auch dort, wo keine geführten Wandertouren stattfinden. Vor allem in Norden der Insel haben wir oft festgestellt, daß Schilder und Markierungen auf einigen kartenmäßig erfassten Touren ziemlich vernachlässigt werden. Sei es durch Verwitterung, Vandalismus oder Überwuchs, etliche wichtige Wegzeiger sind mittlerweile nicht mehr da oder kaum noch zu finden.

Neulich hatten wir wieder so einen Fall. Wir waren schon einige Zeit unterwegs, als wir in San Antonio ankamen. Hier sollte ein Wegweiser seine Pflicht tun, nämlich uns den Weg weisen. Das war wohl nix. Kein Wegweiser weit und breit. Und zu allem Überfluß gab es von unserem Standort aus insgesamt fünf Möglichkeiten, uns zu verlaufen. In solchen Momenten stellt sich immer die Frage: Wie weit muß ich gehen, bis ich feststelle, daß es der falsche Weg ist? Die Antwort ist immer die gleiche: In jedem Fall zu weit! Aber irgendwo muß man ja anfangen. Nur wo? Man könnte ja eine Münze werfen. Aber die hat nur zwei Seiten. Bei fünf Möglichkeiten scheidet dies Auswahlverfahren also aus. Man könnte auch in der prallen Sonne fünf Minuten lang in die Knie gehen, dann abrupt aufstehen und den Weg nehmen, auf den man dann zutaumelt. Das ist aber auch nicht so toll, denn ich weiß nicht, ob ich dann nicht einfach umkippen würde. Apropos umkippen: Ich hab mir dann einfach einen der möglichen Wege ausgesucht und bin losgetrabt. Und da lag er. Der Wegweiser. Umgekippt. Naja, wohl eher umgefahren bei den zurückliegenden Festlichkeiten. Zumindest zeigte er noch in die richtige Richtung. Es sah aber ganz so aus, als würde er schon eine ganze Weile dort herumliegen. Scheinbar fühlte sich bislang niemand dafür zuständig, ihn wieder aufzustellen. Und so ähnlich scheint es mit vielen anderen Wegweisern und Markierungen auch zu sein. Es drängt sich ein wenig das Gefühl auf, daß einige Strecken ein wenig vernachlässigt werden.

Umso mehr ist man dann als Ortunkundiger auf andere Hilfsmittel angewiesen. Wir haben für solche Fälle immer unseren kleinen roten Wanderführer im Rucksack. Daß Sie das bitte nicht mißverstehen: Es handelt sich dabei nicht um einen kleinwüchsigen Indianer, den wir mit uns herumschleppen, damit er uns den Weg zeigt, sondern um ein Buch. Und so ein Buch (es muß ja nicht unbedingt ein rotes sein) kann im Zweifelsfall verhindern, daß man kilometerlange Umwege macht oder sich hoffnungslos verirrt. Außerdem kann man sich damit vorab schon gut über Wegstrecke und Umgebung informieren, die einen erwarten.

Wir haben unser Buch übrigens von einem wohlmeinenden Freund geschenkt bekommen. Und der hatte auch gleich noch einen besonders guten Einfall. Um unsere Weiterbildung in Sachen Landessprache zu fördern, hat er extra für uns die spanische Ausgabe besorgt. Tolle Idee! So lange jedenfalls, bis man mitten in der Pampa bemerkt, daß einem bei der entscheidenden Wegbeschreibung die Vokabeln ausgehen. Und da hilft dann auch das kleine Taschenwörterbuch nicht in jedem Fall weiter. Da braucht man schon das große Gelbe. Aber das liegt zu Hause, denn es wiegt fast soviel wie dreiviertel Liter Trinkwasser. Und wenn man im Sommer wandert, muß man eben Prioritäten setzen.



Wegweiser bei San Antonio


Grüne Wegmarkierung im Norden



Samstag 28.07.07 - 08:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 30 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 5 % Luftdruck 1016 hPa

Jetzt wird es heiß

Gestern Abend merkte man das schon, die kühlenden Windböen wurden plötzlich von warmen Winden abgelöst und auch der Wetterbericht bestätigt es, die Hitze kommt für die nächsten Tage. - Ab 21:00 Uhr gestern Abend stieg in kürzester Zeit die Temperatur von knappen 19 auf über 30 Grad, die frische und feuchte Atlantikluft ist vollkommen von einem heißen Gruß Afrikas ersetzt worden. Selbst die Geräusche verändern sich dann schlagartig, in das angenehme leise Brausen mischt sich sofort ein verräterischer knisternder Unterton. - Die Windrichtung bleibt gleich, es bläst weiter, allerdings noch sehr schwach, aus Nordost. - Es ist ein typisches Sommerphänomen, das Azorenhoch hat sich auf die Iberische Halbinsel verlagert und nun erreicht uns keine meeresgekühlte Luft mehr, sondern kontinentale Luftmassen, die auf dem Weg zu uns, hauptsächlich über Nordafrika, alle Feuchtigkeit verloren haben und mächtig heiß geworden sind. - Je näher man am Meer wohnt, umso länger kann man noch den Ausgleich des Atlantiks genießen, aber heute im Laufe des Tages wird es auch auf Meereshöhe heiß und trocken werden. - So lange der Wind moderat bleibt, müssen keine Schäden dadurch in der Landwirtschaft entstehen, allerdings soll der Wind am Wochenanfang noch zunehmen. - Wenn es nicht nur heiß und trocken ist, sondern auch noch trockener Wind die Pflanzen extrem aussaugt, dass muss man nicht ein bisschen mehr gießen, sondern ein Vielfaches der unter normalen Passatumständen nötige Menge an Wasser geben. - Aber auch Hitze ist nicht gleich Hitze, der berühmt berüchtigte Calima ist das im strengen Sinne nicht, der käme mit Wind aus Südosten, wenn wir mal in den Einflussbereich eines nordafrikanischen Hochs gelangen. - Aber wir wollen nicht streng sein, die Auswirkungen sind ähnlich und auch dieses Wetter kann wehtun.

Die Waldbrandgefahr ist jetzt enorm hoch und man möchte ja froh sein, dass die beiden neuen Helikopter noch vorgestern ihre Übungsflüge unternommen haben. - Das wäre aber gar nicht notwendig gewesen, denn seit gestern sind beide Sokol bereits im Einsatz auf La Gomera, unsere kleine Nachbarinsel hat diesen Sommer den Waldbrandauftakt geliefert. - Der Brand bedrohte sogar zwei Dörfer, die vorsorglich geräumt werden mussten und als Kompott, brach gegen Nachmittag noch ein weiterer Waldbrand auf Gran Canaria aus. - Nun wird es langsam knapp mit Hubschraubern und Löschflugzeugen, und man möge nur hoffen, dass es nun nicht auch bei uns noch anfängt zu brennen. - Man kann allen nur raten, ganz vorsichtig zu sein und am besten überhaupt nicht in den Wald gehen, zumindest die nächsten Tage. - Sieht man die Bilder aus Griechenland, dagegen mag das alles noch harmlos und unbedrohlich wirken, aber wenn man auf einer kleinen Insel sitzt, dann wirkt jedes Feuer irgendwie noch bedrohlicher. - Dabei ist heute eigentlich Feiertag, zumindest für Paul und mich, unsere Frauen kommen aus dem Urlaub zurück und werden endlich aus diesem Haus wieder ein Heim machen. - Deshalb muss ich jetzt auch Schluss machen, es gibt noch gewisse ästhetische Details an und in diesem Haus zu regeln…



Freitag 27.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 28 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 62 % Luftdruck 1013 hPa
Höchsttemperatur heute 29,0 Grad - niedrigste Temperatur 19,1 Grad

San Juan, heute ist der 27. Juli 1949

Erst wollte Großvater Manuel nicht mitfahren, aber ich redete ihm gut zu, und schließlich kam er mit mir zum Gartentor, wo Francisco mit Julio und seinem Vater wartete. "Manuel, komm einfach mit, es hilft nichts, hier zu sitzen und abzuwarten, wir müssen sehen wie es jetzt aussieht, und dann können wir immer noch entscheiden," rief Julios Vater aus dem Wagen. Er sprang aus dem Wagen und kletterte auf die Ladefläche. "Komm, steig ein, und Carlo, Du kannst bei uns sitzen!" Ehe wir uns versahen, hatte er Julio und mich an den Armen hochgezogen.

Auf der Straße vor San Nicolas standen viele Wagen. Francisco hatte schon seinen Laster bei einem Freund abgestellt. Wir gingen den Weg hinauf, und schon von weitem sahen wir den schwarzen Berg über der Strasse. Oben hatten Leute einen Wendeplatz geschaffen, auf dem ein Laster mit Kies stand, von dem Schubkarren gefüllt wurden. Eine nach der anderen verschwand auf dem ersten frei geschlagenen Weg irgendwo oben auf dem schwarzen Gebirge. Hinter uns quälte sich ein weiterer Laster die Strasse herauf, auch voll beladen mit Kies. "Können wir auf die andere Seite kommen" fragte Großvater einen Mann, der gerade den Weg mit der leeren Karre hinunter kam? - Ja, es geht schon, aber weiter hinten müsst ihr klettern. Es ist aber oben noch sehr heiß!"

Wir stiegen den Weg hoch. Weiter hinten sahen wir viele Leute, die mit Brechstangen und Hämmern die Oberfläche einebneten. Immer wieder traten wir zur Seite, wenn die Männer mit den Schubkarren vorbei kamen und sie weiter vorn abkippten. Die Hitze hier oben war fast unerträglich, die Füße brannten. "Hallo Manuel, willst Du helfen" riefen einige Männer als wir näher kamen. "Wie haltet ihr das nur aus, ich schwitze ja schon beim Zuschauen" wich Großvater aus und ging weiter. "Wir lösen uns alle halbe Stunde ab, länger geht das nicht!" Die Männer hatten dicke Reifenteile unter den Schuhen, und ich merkte die Hitze jedes Mal, wenn ich auf eine flache Stelle trat. Dann kletterte ich schnell auf eine Zacke und blieb eine Weile hängen. Den anderen ging es auch so, nur Francisco sprang und sprang, er hatte sich einen Stock besorgt.

Die Leute bei San Nicolas waren noch nicht soweit vorgedrungen. Sie hatte auch keinen Kies. Großvater sprach mit einigen von Ihnen. Die Fuente de Pascal und der Kanal waren verschüttet - es gab kein Wasser mehr. Wir liefen durch die Gärten nach unten. Überall lag der graue Staub, niemand hatte den Mut, wieder mit der Arbeit zu beginnen. Hier war jetzt ein Tal entstanden. Wo früher die Hänge nach Las Manchas hinab liefen, lag das schwarze Monster hoch aufgetürmt. Noch immer schlug uns aus dieser kirchturmhohen Wand die Hitze entgegen, und weit, weit darunter in der Tiefe war alles Leben erloschen in dieser unserer untergegangenen Welt.

Großvater drehte sich um zu mir. "Es ist wohl gut für dich, wenn du von hier fortgehst." Dann liefen unsere Blicke wieder an der wie unwirklich abweisenden Wand hinab, als wollten wir die Schwärze durchdringen und noch einmal den Weg hinab bis zum Felsen verfolgen. Dahinter würde dann Großvaters weißes Haus mit den naturbelassenen kleinen Ställen und den Gartenmauern erscheinen.

Francisco brachte die Welt wieder in Ordnung : "Das ist alles halb so schlimm, ich werde mir da oben ein Stück Lavaland kaufen und dann fülle ich alles mit Erde auf und..." - "Halts Maul, Francisco, und lasst uns gehen!" Julios Vater war den Tränen nahe - wir hatten Abschied genommen...


San Nicolas



Freitag 27.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 20 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 75 % Luftdruck 1014 hPa

Junge Wilde auf dem Schleudersitz

Jetzt wird es wieder politisch… Asier Antona, junger, bürgerlicher Wirbelwind der so verkrusteten Partido Popular ist neuer Rat für Gesundheit der Insel La Palma und hat, wie alle vor ihm, viel vor. - Der 24 jährige hat bereits eine erstaunliche Karriere hinter sich, wenn man denn eine Position bei der Partido Popular überhaupt als Karriere verstehen will. - Als jüngstes Mitglied im Cabildo Insular machte der streitbare Asier vor allem durch starke Worte auf sich aufmerksam und wurde auch nach bester Altherrenmethode von den eingesessenen Abonnenten der Coalición Canaria mit mindestens Missachtung bestraft. - Man erinnert sich an mehr als ein denkwürdiges Plenum des höchsten Inselrats, in welchem der junge Bürgerliche mit verbaler Streitaxt durch die satten Reihen lief und sich damit nicht besonders beliebt machte. - Um so mehr erstaunt es nun, dass man dem jungen Mann ein Ressort im höchsten Inselrat gegeben hat, aber eben eines, in dem man die Lorbeeren so hoch gesteckt hat, dass Asier Antona wohl die Rolle eines Bauernopfers spielen wird. - Möge es anders sein, es gibt auch in der Partido Popular durchaus ernst zu nehmende Charaktäre, die allerdings meist nach zu heftigem Aufbegehren vom obersten Gesinnungsrat der Partei, dem Aznar-Klon Soria, dann entweder aus der Partei geschmissen werden, oder mundtot gemacht werden. - Beispiele dafür gibt es genügend.

Keine Frage, dass Asier Antona seine Aufgabe ernst nehmen wird und sicher sein möglichstes geben wird, das stagnierende Gesundheitswesen hier auf der Insel zu verbessern. - Nur, er wird es nicht schaffen, sondern lediglich die bemitleidenswerte Aufgabe des Elendsverwalters hier auf der Insel spielen dürfen, was mit unserem Gesundheitswesen passiert, das wird ausschließlich im kanarischen Provinzparlament entschieden. - Wo andere Räte der Insel, sei es zum Beispiel im Sektor Tourismus oder Landwirtschaft noch gewissen Freiräume für Eigeninitiative haben, so geht es im Sektor Gesundheit einzig und alleine darum, die Personaldichte zu erhöhen und schon sprechen wir über Geld. - So lange im Provinzparlament niemand einsieht, dass all unsere Probleme des Sektors im heftigen Personalmangel liegen, so lange wird sich an den Wartezeiten und den damit verbundenen Missständen nichts ändern. - Die Aussage des Servicio Canario de Salud, man fände nicht genügend Ärzte, welche auf La Palma und den anderen peripheren Inseln praktizieren wollen, ist plumper Unsinn. - Man bietet den Ärzten eben nur ein lächerliches Gehalt im öffentlichen Bereich, welches die meisten dann mit einer privaten Praxis am Nachmittag aufbessern müssen. Das funktioniert aber auf La Palma nicht besonders gut, und so wandern viele gute Kräfte nach kurzer Zeit wieder ab. La Palma ist zwar wunderschön, aber nicht unbedingt ein Platz, an dem junge Mediziner eine blendende Karriere vor sich haben. - Man muss diesen Leuten einfach mehr Geld bezahlen, das kann man ruhig "Buschzulage" nennen, dann haben wir plötzlich keinen Ärztemangel mehr. - Stände nicht genügend Geld zur Verfügung, dann könnte man ja solidarisch sagen, OK, das ist unser Pott und mehr ist einfach für das Ressort Gesundheit nicht drin. - Das stimmt so aber nicht, die Provinzregierung verfügt über enorme Mittel aus der "RUP", den europäischen Kohäsionsfonds, die allerdings ausschließlich in Infrastrukturmaßnahmen verschwinden, die längst kein Mensch mehr braucht, wir haben Straßen, Häfen, Flughäfen mehr als genug. - Die Lage des Gesundheitsdienstes hier auf La Palma zu verbessern ist eigentlich ganz einfach, wir brauchen nur mehr Personal. - Also Asier Antona, ab nach Tenerife betteln gehen, oder besser vielleicht fordern gehen, mehr hast du eigentlich nicht zu tun. - Das war jetzt fast böse von mir.



Donnerstag 26.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 66 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 25,4 Grad - niedrigste Temperatur 15,8 Grad

San Juan, heute ist der 26. Juli 1949

In den frühen Morgenstunden hatten Rubens und Ramón sich auf den Weg zum Llano del Banco begeben. Mittlerweile hatte Rubens einen guten Kontakt zum Militär und konnte auf Unterstützung rechnen. Sie erreichten die Magdalenas bereits bei Sonnenaufgang und stiegen auf bekannten Wegen ab in eine unwirklich. schattige verstaubte Landschaft.
Der Lavasee war in seinen selbst geschaffenen Grenzen erstarrt. Nach den Wochen wilden Flammendaseins mit anscheinend unerschöpfbarer Energie mutete die Schwärze wie ein Grab an. "Wir gehen einmal rüber", entschied sich Rubens und war schon auf den Wall an der Nordseite geklettert. Die teilweise filigranen Oberflächenstrukturen der jungen Lava bröckelten knirschend unter seinen Tritten - als fremdartiges Geräusch flackerte sein Gang über den See. "Ist es noch heiß", wollte Ramón wissen? - " Komm und probier!" Ihre Stimmen wirkten klein und unbedeutend. Ramón folgte mehr ahnend als sehend der Spur, die Rubens gezogen hatte. "Halt den Kopf hoch", rief Rubens aus der Mitte des Sees! "Hier ist noch richtig Hitze im Bau! Stell Dich oben auf die Zacken!"

Rubens untersuchte die Strukturen und fotografierte auffällige Details. Er notierte die Positionen im Verhältnis zum unteren Schlot, der gasend sein Maul offen hielt.. Der Riss oberhalb hatte sich aus dem oberen letzten Schlot mit Lava gefüllt, aber der Druck der unteren Ausbrüche hatte immer wieder die herabwallenden Massen über den See geschoben. "Du siehst hier überall die Spuren seiner letzten Atemzüge!" Rubens hielt fetzige Lavastückchen hoch. "Die sind erst vor kurzem hier über den See geflogen". Komm wir gehen nach oben!" Sie stiegen an der Seite hoch, wo sie der Ausbruch des oberen Schlots überrascht hatte, aber der Wind stand schlecht, und sie bekamen Atemprobleme. Das Risiko einer Verätzung trotz der Masken war zu groß, und so stiegen sie wieder ab, überquerten den See und erreichten den oberen Schlot von Süden. Die Lava musste sich erst vor kurzem zurückgezogen haben. Das vorgeschobene Thermometer zeigte schnell mehrere hundert Grad.

"Vielleicht kommt er ja wieder", wollte Ramón wissen, aber Rubens winkte ab. "Hier nicht, er hat sich ausgeblasen, da bricht unten alles zusammen und stopft die Gänge zu. Aber an anderer Stelle - ja, das könnte sein. Du musst Dir das so vorstellen: In der Tiefe schwappt eine Magmawelle unter der Erdkruste entlang, und meistens kommt eine zweite und auch eine dritte. Wenn da irgendwo ein Gang nach oben offen ist, füllt sich alles mit Magma. Das kann Jahre dauern aber auch sehr schnell passieren, und jetzt ist alles noch offen, da kann wieder etwas hochkommen, aber nicht mehr hier. Danach ist Ruhe

Ramón hatte das Gefühl als ob der Schlot zu fauchen begann und horchte an einem großen Stein. "Er brummt nicht mehr", lachte Rubens, "lass uns hochsteigen!"


Lava, von Berhard van Riel



Donnerstag 26.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 78 % Luftdruck 1016 hPa

Immer wenn der Hubschrauber fliegt..

…dann ist etwas passiert. - Das sagt man hier so und in der Tat, fliegt nicht gerade der Prinz per Hubschrauber ein neues Observatorium einweihen, dann bedeutet bei uns das schnelle Knattern entweder Feuer oder einen Rettungseinsatz. - Vorgestern flog mal wieder der große Sikorsky von der "SAR" Staffel in Tenerife über Los Llanos hinaus aufs Meer, um denn nach Norden abzudrehen und uns alle im Unklaren zu lassen, was denn nun wieder los sei. - Die Flugvorführungen der beiden Sokol Helikopter gestern ab Mittag waren allerdings mit Erklärung, man flog mit dem Wassersack Übungsflüge, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. - Eine der beiden weiß-roten Maschinen nahm Wasser in dem großen Speicherbecken von Dos Pinos auf, um dann oberhalb von Los Llanos auf einer Freifläche das Unkraut zu wässern. - Richtig so, nicht wegen des Unkrauts, aber die Piloten der "Birf" (Brigada Especial Helitransportada para Incendios Forestales) sollen ruhig üben, wenn es dann in die heiße Phase der Waldbrandgefahren geht. - Übrigens gab es schon Bewährungschancen für die, vom Umweltamt aus Madrid geliehenen Hubschrauber, und die 65 Einsatzkräfte. Zwei kleinere Brände oberhalb El Pasos konnten letzte Woche ganz schnell mit Hilfe dieser schnellen Feuerwehrleute gelöscht werden.

Das Abwerfen von Wasser mit dem dicken Sack unter der Maschine ist auch nur ein Teil der Aufgaben dieser Eingreiftruppe, zuerst werden die speziell gegen Waldbrände ausgebildeten Kräfte eben per Hubschrauber an die Brandherde geflogen, um ganz schnell mit der Bekämpfung des Feuers beginnen zu können. Dazu gab es gestern nicht nur ein flottes Schaufliegen der Hubschrauber, man flog auch den Norden der Insel ab, um in den meist gefährdeten Zonen nach sicheren Landemöglichkeiten zu suchen. - Warum das so wichtig ist in unbekanntem Gelände, das zeigt der missglückte Einsatz eines "Birf" Helikopters letztes Jahr beim großen Feuer auf El Hierro. - Der große Puma landete dort, aus La Palma kommend, auf schwierigem Gelände, rutsche dort ein bisschen nach hinten, aber eben so weit, dass eine Böschung den Heckrotor zwar nur leicht beschädigte, aber dennoch so schwer, dass man es nicht mehr wagte, mit dem Gerät erneut in die Luft zu gehen. Angeforderte Mechaniker mit Ersatzteilen waren zwar schnell unterwegs, aber nicht schnell genug um den Hubschrauber zu retten, man war so nah am Feuer gelandet, dass der Apparat schließlich auch Opfer der Flammen wurde. - Der zweite Hubschrauber letztes Jahr stürzte bei einem Werkstattflug von La Palma nach Gran Canaria ins Meer und nahm sechs Menschen mit sich in die Tiefe des Atlantiks. - La Palma und die Hubschrauber der Birf, das ist so eine Sache und ich wünsche den Piloten dieses Jahr einen ruhigen und gemütlichen Sommer auf unserer schönen Insel. - Auch im eigenen Interesse, denn immer wenn die Hubschrauber fliegen, dann ist irgendetwas passiert.


Sokol-Hubschrauber der Birf über dem großen Speicherbecken von Los Llanos



Mittwoch 25.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 67 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 24,7 Grad - niedrigste Temperatur 19,4 Grad

San Juan, heute ist der 25. Juli 1949

Am Morgen kamen wir mit der Fähre aus Tenerife an. Ich sah schon vom Schiff aus Franciscos Laster hinten an der Pier. Zu unserer Überraschung war Großvater Manuel auch da. Er hatte sich letzte Woche nach Garafia auf den Weg gemacht und die Reise offensichtlich gut überstanden. Francisco hatte ihn mit nach Los Sauces genommen und ihn auch dort wieder abgeholt, nachdem er den Weg über den Berg hin und zurück zu Fuß gegangen war.
Mutter lachte unentwegt als Francisco ihr mit den Gepäckstücken half, und Großvater hatte sich neben mich gestellt und mir die Hand auf die Schulter gelegt. Wir sahen zu. Mutter erzählte schon beim Aufladen von Tenerife und wie wunderbar dort alles war. Der Rechtsanwalt war mit uns in seinem großen Auto zu einem norwegischen Herrn gefahren, der nicht richtig sprechen konnte, und der Rechtsanwalt übersetzte uns immer, was der Herr erzählte.
Mutter war wohl zum ersten Mal in ihrem Leben etwas durcheinander in ihrem Kopf, weil sie das nicht verstand, was die Herren in ihren schwarzen Anzügen - mehr miteinander - als mit Mutter besprachen. Der Rechtsanwalt nickte immer, und er werde das schon alles für die Dame und den Herrn Sohn ordnen, ja, so sprachen die beiden eine ganze Weile. Dann legte der Norwegische Herr einen Umschlag auf den Tisch, aus dem er Dokumente entnahm und jedes einzelne mit vielen Erklärungen zu Mutter an die Tischkante schob. Der Rechtsanwalt griff nach jedem Dokument, betrachtete es genau und legte es sorgsam wieder zurück. Dann schrieb er etwas auf. Schließlich las er viel vor, und Mutter musste Papiere unterschreiben.

Der Rechtsanwalt war sehr freundlich, und Mutter musste nichts bezahlen. Dann brachte er uns wieder in unser Hotel, und die Leute waren auch dort sehr freundlich. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in einem Hotel, und wir aßen in einem Restaurant. Am nächsten Tag kauften wir ein, Sachen für die Reise und Geschenke für alle.

Julio wieherte los: "Was hast Du denn da an den Füßen!? - "Strümpfe, na und, auf Tenerife haben sie alle Strümpfe an, und Frauen haben ganz lange dünne - bis oben...", griente ich Julio an. - Francisco hatte in Breña einen Abstecher zu Julio und seiner Familie gemacht. Im Garten stand ein großes Zelt, in dem Rubens über einen Tisch gebeugt saß und zeichnete. Ramón schlief noch. Julios Mutter war wie immer voller Freude als sie uns sah und nahm uns immer wieder in die Arme. "Du wirst uns doch schreiben, Carlo, wenn du in Norwegen bist! Ja, du schreibst uns, du kannst gut schreiben, sagt Julio, nichtwahr," und dann streichelte sie Julio über den Kopf, dem die Zärtlichkeit missfiel. "Komm, wir gehen zu Rubens", wich er aus und zog mich mit.

Ein verdorrtes Gesicht blickte auf, aber die Augen sprühten mit Energie und Freundlichkeit. "Carlo will wissen, warum der Berg launisch ist. Ramón hat gesagt, dass du den Berg launisch findest. " - "So, Ramón hat gesagt...."? - Ich blickte erwartungsvoll in diese hellen Augen, und ein kurzer Moment der Freude sprach aus Ihnen, als er uns beide wahrnahm. - Julio wie immer irgendwie und ich noch beschämend fein gemacht von der Reise. Rubens legte den Kopf zurück. "Ich kann es Euch nicht sagen, weil es dafür keine Worte gibt. Der Berg spricht, aber nicht mit Worten, so wie wir. Trotzdem weiß ich, was er erzählt, und kann nicht erklären, warum ich es weiß. Und meistens weiß ich es nur einen winzigen Augenblick und kann nur sagen: Ich habe es gewusst! Seht ihr mal, eigentlich wollte er seine Lava nach Osten lenken, und das will er immer noch und kann es nicht, es bricht aus ihm alles nach Westen aus, und nun hat er eine richtig schlechte Laune!" Rubens lachte. Hinter uns stand Ramón und reckte sich in der Morgensonne.


Einfahrt in den Hafen von Santa Cruz de La Palma



Mittwoch 25.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 20 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 60 % Luftdruck 1016 hPa

Rein in die Kartoffeln - raus aus den K…..

So ganz, ganz groß wie angekündigt, wird die große Koalition in Los Llanos nun doch nicht werden. - Der gewählte Repräsentant der INPA, die eigentliche Nummer drei der Liste dieser Partei, weil eins und zwei bereits geflohen sind, Juan Antonio Díaz, will nun doch nicht mit in den Karren der Regierung einsteigen. - Da hat man seitens der größten Gruppierung im Rathaus, der Coalición Canaria einen Schnellschuss vorgenommen, nur weil der gute Antonio nicht ausdrücklich Nein gesagt hat, übersetzte man diese Enthaltung durch ein Ja und muss nun noch mal anfangen die Ressorts zu verteilen. - Noch interessanter wird dabei die Geschichte, dass Juan Antonio Díaz wohl im entscheidenden Plenum überhaupt nicht anwesend war und so erst durch die, manchmal sehr schnelle Stimme der Straße davon erfuhr, dass er nun plötzlich Mitglied im Rat einer CC Regierung sein soll. - Das könnte aber theoretisch doch noch klappen, rudert er seine Aufregung gleich wieder zurück, wenn man ihm ein anderes Ressort gibt und auch eine Stellung als "Teniente Alcalde" also stellvertretenden Bürgermeister. - Von denen gibt es mehrere Plätze, nicht nur einen und die dienen im Normalfall dazu, noch unmotivierten Koalitionsräten den Platz in einer fremden Regierung etwas süßer zu gestalten. - Allerdings muss man halt einfach sehen, dass die INPA in Los Llanos lediglich 526 Stimmen erhalten hat und er als eigentliche Nummer drei seiner Liste wohl nicht mal den Wählern der INPA bekannt war.

So muss man in Los Llanos weiter auf eine komplette neue Rathauszusammensetzung warten. - Das dürfte aber eigentlich kein Problem sein, die Coalición Canaria hat dort die absolute Mehrheit und ist eigentlich überhaupt nicht darauf angewiesen, auf Animositäten der Kandidaten der kleinen Gruppierungen zu reagieren. - Es ist aber doch bemerkenswert, wie einfach die Coalición Canaria sich viele Dinge macht, es ist nicht der erste und schon gar nicht der eklatanteste Fall von zu schnellem Vorgriff auf das, was passieren kann. - So begann die neue Karriere des Ex-Infrastrukturrates der Provinzregierung, Antonio Castro Cordobez, der jetzt Parlamentspräsident ist, auch mit einer ähnlichen Panne. - Wohl aus Eifer oder überheblicher Sicherheit heraus, fertigte er das Protokoll der Zusammensetzung des Parlamentes der Kanaren bereits vor der richtigen Abstimmung an. Das hätte derbe in die Hose gehen können, denn das Papier landete auch in den Händen der Opposition und wäre nun die Abstimmung anders verlaufen als von Antonio Castro geplant, dann wäre es zu einem echten Eklat gekommen. - Allerdings weiß der Mann wohl, dass er sich in den Reihen der CC und deren Koalitionspartner PP auf feste und feiste Männerfreundschaften verlassen kann. So blieb da nur der fade Nachgeschmack, dass man sich in solch loyalen Gefilden eigentlich nicht mehr des demokratischen Aktes der Abstimmung erinnern muss, Pakte, welche die Bodega schmiedet, die halten dann auch. - Wenn man dabei nicht immer dieses komische Gefühl zurückbehalten würde, es ist eigentlich ganz egal wie wir wählen, die bauen sich ihre Regierung ja doch so zusammen wie sie wollen.



Dienstag 24.07.07 - 19:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 22 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 78 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 24,0 Grad - niedrigste Temperatur 18,4 Grad

Godos y Holandeses

Der reine Selbsterhaltungstrieb hat mich in den Supermarkt geschickt. - Paul hat jetzt am Kühlschrank eine Zahlenschloss angebracht und mir den letzten Weg zu irgendwelcher Nahrung abgeschnitten. Ich hatte es auch übertrieben und wohl zu oft an seinen Leckerlis genascht, das konnte nicht ohne Folgen bleiben und nun muss ich sehen, wie ich über die Runden komme. - Mein Psychotherapeut hat sich geweigert, mit mir in den Supermarkt zu gehen, also muss ich da alleine hin, er meint, das sei ihm zu peinlich mit mir und er müsse schließlich an seine Reputation denken. - Nachmittags ist eine gute Uhrzeit, so gegen 17:00 Uhr laufen noch jede Menge Telenovelas im Fernsehen und man kann sich wunderbar dann durch die leeren Gänge des riesigen Marktes bewegen, meint der brachiale Einkaufsmuffel zumindest. - Geld ist schnell eingesteckt, das Taschengeld der Kinder finde ich immer, all zu viel brauche ich ja nicht, Speck, Cracker, ein paar Bier und drei Dosen Paulglück kosten nicht die Welt und ich muss so auch nicht lange dort im Überflussdschungel verweilen. (Allerdings hat mir mein Psychotherapeut noch mit auf den Weg gegeben, dass noch niemand im Supermarkt verhungert oder verdurstet sei, auch wenn er sich dort drei Wochen lang verlaufen hat.) - Anfangs komme ich auch gut durch, bis zum Katzenfutter muss ich niemandem ausweichen und vielleicht sogar dadurch einen Umweg nehmen, der dazu führen könnte, dass ich mich dort verirre.- Dann aber, so ab der Weinabteilung wird es voll und absolut ungewohnte Gesichter und Wortfetzen reißen mich aus meiner kontrollierten Lethargie und lassen mich sofort fürchten, irgendein unsichtbares Stargate hätte mich mitsamt meinem Einkaufskorb in eine Parallelwelt an die spanisch-holländische Grenze gebeamt. - In solchen Momenten spielt es keine Rolle, dass Spanien keine direkte Grenze, außer vielleicht Heineken, mit den Niederlanden hat.

In der Tat war der Supermarkt zu dieser Zeit hauptsächlich mit Festlandsspaniern und Holländern gut gefüllt, die so ein komplett anderes Bild hinterlassen als das gewohnte palmerische Publikum, durchsetzt mit mittelalterlichen deutschen Urlauberpärchen. - Die Godos, wie man die Festlandsspanier hier wenig schmeichelhaft, aber auch nicht dringend beleidigend nennt, fallen sofort auf. - Egal, ob Sie in aus einer Entfernung von nur 30 Zentimeter miteinander sprechen, oder per Mobiltelefon mit dem Bekannten eine Regalreihe weiter im Supermarkt, sie sind immer laut. - Dazu kommt dieses Krachen und Zischen, welches so typisch für die Godos ist, wenn sie nicht gerade aus Andalusien oder Extremadura kommen, aber wir haben meistens Gäste aus Bilbao, Madrid und Barcelona. - Vielleicht sind sie ja auch gar nicht so laut, sondern wir nur so leise und fallen deshalb sofort auf. Kann auch sein, dass es die Kleidung ist, die Männer immer halblange Hosen und ärmellose Hemden, die wohl heute "Shirts" genannt werden. - Auch Hüte tragen die, nicht solche Schirmmützen wie man es hier macht, sondern so eine Art Schlapphut und natürlich in weiß. - Reicht das alles noch nicht, dann verrät spätestens das Tragen von Sonnenbrille auch in der abgedunkelten Weinabteilung den Festlandsspanier und sämtliche Vorurteile werden wieder gratis gereicht. - Dabei muss man ganz klar sagen, die retten unsere Sommersaison, denn außer ein paar Holländern und versteckten Deutschen, ist sonst in dieser Jahreszeit kaum jemand an Bord es touristischen Schiffes La Palmas. - So lass sie denn laut sein und besserwisserisch, schließlich besuchen sie ihre Kolonien, so meint man das zumindest aus den Gesprächsfetzen herauszuhören. - Die Holländer hingegen sind völlig unspektakulär, könnten von weitem auch Deutsche sein, er schiebt den Wagen und klebt am Weinregal, sie spricht und hastet weiter, um auch Sinnvolles in den Wagen packen zu können. - Ich habe schließlich den Ausgang gefunden und die Kassiererin hat mir fröhlich zugelächelt, endlich mal wieder ein vertrautes Gesicht…



Dienstag 24.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 78 % Luftdruck 1015 hPa

Sehr große Koalition in Los Llanos

Juan Ramón ist weg, es lebe Juan Ramón. - Der eigentliche Wahlgewinner in Los Llanos, Juan Ramón Hernandez, natürlich von der Coalición Canaria, ist ja nun in die illustren Gefilde des Provinzparlamentes entschwoben und hinterlässt seinen, fast schon auf Lebenszeit abonnierten Bürgermeistersessel, seinem Namenskollegen Juan Ramón Rodríguez. - Während griesgrämige Sozialisten immer noch eine Boshaftigkeit darin sehen, einen Personenwahlkampf für den Bürgermeisterposten gefahren zu haben um dann die Kleider schnell zu wechseln, schart der neue Juan Ramón sogar noch eigentliche Oppositionelle um sich. - Die drei gewählten Bürger der Partido Popular, genau so wie der eine Aufrechte der INPA springen nun mit ins Regierungsboot und bilden eine so große Koalition, dass von den 21 Stimmen welche im Rathaus von Los Llanos zählen, 15 in dieser bunten Truppe vorhanden sind. - Da kommt man schon ein bisschen ins Grübeln, eigentlich wäre das gar nicht nötig, die Coalición Canaria hat wie immer in Los Llanos eine absolute Mehrheit erhalten und könnte auch so die nächsten 4 Jahre ohne Seitenblicke regieren. - Allerdings muss man gleich noch vorschicken, dass die Juniorräte der "Blockparteien" PP und INPA nur Halbtagsjobs erhalten, also die Rolle von "Light-Stadträten". - Zudem war man auch bei der Vergabe der Ressorts wenig schmeichelhaft, die Bürgerlichen der Partido Popular erhalten die Sektoren Gesundheit und Bauwesen und sind so für so heikle Dinge zuständig wie den Flächennutzungsplan der Stadt und das ewig überfüllte Gesundheitszentrum der Stadt. - "Papas calientes" sagt man hier dazu, heiße Kartoffeln, an denen man sich nur die Finger verbrennen kann. - Der einzig verbliebene der INPA, übrigens Nummer drei der ursprünglichen Liste, da Nummer eins und zwei nach dem Wahldebakel mehr als nur das Handtuch geworfen haben, erhält das Ressort Umwelt und Abfall. - Wortspiele dazu sind erlaubt und eigentlich fast notwendig.

Was nun die INPA dazu bewegt, als eigentlich völlig klare Opposition zu den hemdsärmeligen Gutsherrenmethoden in Sachen Asphaltvermehrung der Coalición Canaria mit in den Zementfrachter zu springen, das muss man einfach ahnen. - Auffällig war, dass bei der Wahl des Bürgermeisters, was angesichts der absoluten Mehrheit eigentlich nur eine Formsache war, die Gewählten der PP und der INPA bereits noch für den alten Juan Ramón stimmten. - Man hat da also vorher schon in Bodegas gesessen und die Zukunft geplant, anders scheint es nicht verständlich. - Dazu kommt auch noch eine Geschichte, man kann der Coalición Canaria vieles nachsagen, aber nicht, sie seien nicht loyal. - Ob nun die Koalitionsräte überhaupt echte Arbeitsmöglichkeiten erhalten, oder nur zum Abwinken ins Plenum kommen, das wird man abwarten müssen. - Verkauft wird uns dieser große Koalitionscoup als grandiose Einbindung der anderen politischen Kräfte, Konsens bis zum Zehennagel der Opposition. - Glaubhaft ist das in keinem Moment, die CC und die PP sind auch im Provinzparlament Partner, dort allerdings aus Notwendigkeit, so liegt die Verbindung zwischen CC und PP wenigstens sehr nahe. - Was der Abfallrat der INPA in diesem satten Machgeflecht zu suchen hat, das werden wir noch herausfinden müssen. - Die Opposition besteht also aus den 3 Vertretern der Sozialisten und den 3 Listenplätzen welche die neue CCN in Los Llanos ergattert hat. - Auf jeden Fall wird es nun im Rathaus von Los Llanos eng, so viele Leute auf einen Haufen hatten dort noch nie was zu sagen. - Immerhin kann man nun behaupten, die Arbeit auf so viele Schultern wie nur möglich verteilt zu haben. - Dann mal frisch ans Werk!



Montag 23.07.07 - 19:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 67 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 24,5 Grad - niedrigste Temperatur 18,1 Grad

Kollateralschäden

Ein Wort an sich kann gar nicht böse sein, zynisch oder gar schlecht. - Wir machen es dazu, belegen Sinn und Verwendung dieses Wortes und da sich Worte generell nicht wehren können gegen solch menschliche Charakterzüge wie Zynismus, müssen eigentlich Worte unsere Taten mit tragen. - Was wir mit dem Wort Kollateralschaden verbinden, oder ausdrücken wollen, steht so auch für das ziemlich ignoranteste und verwerflichste Verhalten einiger Menschen, die Opfer ohne Skrupel in Kauf nehmen, um ihre, meist gerechte und lohnende Sache zu erreichen. - Keine Angst, es kommt jetzt kein erneuter flammender Diskurs um die ehrenhaften Bemühungen zur Rettung westlicher Interessen und zweifelhafter Wertevorstellungen im Irak, welche die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika in Irak so schauderhaft erfolglos anwendet. - So weit müssen wir nicht gehen, auch im Kleinen gibt es große Katastrophen, die wir mit ähnlichem Zynismus abtun. - Nur nennen wir das meist nicht Kollateralschaden, vielleicht weil der "Bang" nicht "big" genug ist und weil es sich nicht um Tote handelt, sondern einfach nur um Menschen, die auf der Strecke bleiben.

Eines unserer Felder der möglichen Kollateralschäden liegt an der Playa Nueva, von den Palmeros aber meist Playa de los Guirres genannt. - Das würde vielleicht auch nun besser passen, "Guirres" nennt man hier die Geier und irgendwie stehen diese majestätischen Vögel ja auch unter einem charakterlichen Generalverdacht. - Die Strandhütten an der Playa Nueva sind jetzt alle weg, auf Geheiß der Küstenbehörde, die unter dem verwirrenden Vorsatz, die Küstenlinie wieder "herzustellen", diese illegalen Häuschen, Hütten und Verschläge hat abreißen lassen. - Das kam nicht von heute auf morgen, jeder wusste dass das kommt und wirklich dem Gesetz nach ist das wohl alles in Ordnung. - Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass man auch so reagiert hätte, ständen dort keine Hütten, sondern Paläste. - Gut, die allermeisten Hütten waren sommerliche Zweitwohnsitze und haben bei den Besitzern keine Obdachlosigkeit geschaffen oder einen enormen finanziellen Kahlschlag verursacht. - Den anderen, vielleicht sind es fünf oder sechs Menschen, die tatsächlich dort gewohnt haben und zwar nur dort, versprach man schnelle Hilfe und andere Möglichkeiten unterzukommen. - Der Bürgermeister von Tazacorte persönlich, denn dazu gehört die Playa Nueva, sprach das häufig in die Presse und eigentlich meint man ja, das sei seine Aufgabe, diesen Menschen zu helfen. Denn auch er wusste ja seit langem, dass dieser Tag kommen wird, nicht nur die Bewohner dieser Hütten. - Ich kenne nicht alle Fälle, sondern nur den einen, dem man auch noch zugesagt hatte, den Abriss seines Hauses um zwei Tage zu verschieben, damit er seine Habseligkeiten noch aus der Hütte holen kann. - Die Zusage wurde nicht eingehalten, der klägliche Rest eines, nach konventionellen Vorstellungen nicht gerade erfolgreichen Lebens, liegt nun im Schutt des Fortschritts und der Mann steht ohne Unterkunft und sogar Kleidung zum Wechsel da. - Der Bürgermeister ist rat, aber auch tatenlos, und vertröstet von einem Tag auf den anderen, obwohl Jahre Zeit war, für diesen Tag vorzusorgen. - Natürlich kann man auch sagen, der nun Wohnungslose hätte sich bereits seit Jahren um eine neue Unterkunft kümmern können und das ist auch richtig. - Aber nicht alle Menschen sind dazu in der Lage, im großen Zug der erfolgsorientierten Gesellschaft mit zu schwimmen, manche gehen dabei einfach baden. - Das sind die Kollateralschäden unserer Gesellschaft, auf La Palma oder sonst wo, es scheint sich nicht zu lohnen, diesen Menschen zu helfen. - Allerdings sollte man dem Bürgermeister noch ein paar Tage Zeit geben sich zu bewähren, ob er den Title Meister der Bürger auch gerechtfertigt tragen darf, oder eigentlich nur froh ist, dass nun an der Playa Nueva Shareholder ihr gesetzeskonformes Treiben beginnen können. - Das lohnt sich dann wieder und wiegt das beklagenswerte Einzelschicksal eines nichtkonformen Bürgers wieder auf. - Deshalb Kollateralschaden.



Montag 23.07.07 - 08:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 72 % Luftdruck 1017 hPa

Arbeitslager El Paso

Wenn man das Wort Arbeitslager hört, dann kribbelt es immer unangenehm in den Beinen, mir zumindest. - Man darf sich das jetzt auch nicht so vorstellen, dass Angestellte der Gemeinde Jugendliche mit der Peitsche an die Arbeit schicken, nein, das machen die 23 jungen Menschen aus verschiedenen Provinzen Spaniens völlig freiwillig. - Es ist auch nicht das erste Mal, dass wir hier in unserer kleinen Gemeinde diese wundersame Schar junger Menschen beherbergen, die nicht nur am Strand liegend ihren Urlaub verbringen wollen, sondern Hacke und Schaufel dabei in die Hand nehmen und auf diese Art und Weise "was tun" wollen. - Organisiert hat das Ganze die Jugendabteilung des Rathauses auf Grund eines Programms der Provinzregierung, welche auch das Geld für die Maßnahme bereitstellt. - Viel gibt es nicht zu verteilen, deshalb wohnen die jungen Menschen auch in der Schule Adamancasis und nicht in feudalen Hotels oder Ferienhäusern. - Die Arbeit steht wohl im Vordergrund, allerdings ist diese beschränkt auf die Vormittage, man will den Freiwilligen auch nicht unbedingt Schwielen an den Händen mit nach Hause geben. - Der Hintergedanke bei dieser Aktion ist aber ein anderer, man möchte auf diese Art und Weise den interessierten Jugendlichen die Möglichkeit geben, die besuchte Gesellschaft und deren Notwendigkeiten wirklich kennen zu lernen und das macht man am besten, wenn man mit ihr arbeitet.

Da setzt natürlich auch das offene Interesse der jungen Menschen voraus, welche sich das antun, im Urlaub auch noch zu arbeiten und da erlebt man Jahr für Jahr die Überraschung, dass diese Menschen das richtig gerne tun und mit Begeisterung dabei sind. - So bekommen wir einen wirklichen Eindruck von anderen Gesellschaften, sind mitten drin und müssen nicht auf die, vielleicht gemalte äußere Fassade blicken, die üblicherweise Besuchern vorgehalten wird. - So ein Satz eines der Beteiligten und es ist wichtig, dass die Arbeiten die man für die Jugendlichen ausgesucht hat keinen Placebo-Charakter haben, sondern wirkliche Arbeiten sind, die man zwar unter Aufsicht, aber dennoch selbstständig erledigt. - Dieses Jahr kümmert man sich um die gemeindeeigene Finca "La Sericícola", auf der man früher Seide produziert hat und nun eine dringend ordnende Hand nötig hat. - Arbeit ist nicht alles und macht schon gar nicht frei, meist schadet sie aber auch nicht, wenn man gewisse Grenzen einhält. - Freizeit haben die jungen Menschen reichlich, es werden die üblichen Ausflüge angeboten, Roque, Delfinfahrt, Caldera-Camping usw, man darf aber seine Freizeit auch mit einem Buch vor der Nase auf der Liege verbringen. - Das ist ein Arbeitslager, kein Freizeitlager, die Ausflüge sind freiwillig, die Arbeit Ehrensache. - Schön, dass es so etwas gibt.



Sonntag 22.07.07 - 17:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 61 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 25,5 Grad - niedrigste Temperatur 18,6 Grad

San Juan, heute ist der 22. Juli 1949

Ein warmer Tag kündigte sich an. Rubens und Ramón hatten sich schon bei Hellwerden auf den Weg gemacht, um die Kammlage zwischen den beiden Schloten zu erkunden. Anscheinend waren die Krater zur Ruhe gekommen, und so wagten sie den Abstieg am Südrand des Hoyo Negro. Der Wind trieb die Schwaden aus dem Krater in nördliche Richtung. Sie hatten heute Verwendung für ihre Seile, weil der Hang völlig instabil war. Eine Sicherung lief über den Kamm. Rubens stieg als erster ab und winkte dann zu Ramón. Sie umrundeten einen alten Vorsprung, sicherten die gesamte Strecke und standen vor dem Westhang des neuen Kraters. Die neuen Grieselschichten an der Westseite waren erstaunlich dünn im Verhältnis zur Gewalt der Eruptionen. Rubens stülpte das Atemgerät über und kletterte über den Rand. Der Einstieg war verhältnismäßig eben. Ramón blieb an Ort und Stelle und sicherte. Eine enorme Hitze strahlte immer noch aus dem Krater, in dessen südwestlicher Ecke ein Schlot gähnte. Rubens hatte seine Stange zusammengesetzt und schob seine vorbereitete Messstation in Richtung der Klüfte, aus denen jetzt fast unsichtbar die heißen Gase aufstiegen. Hier war kaum abgelagerter Schwefel auszumachen, sondern schwarz geschliffene Kanten. Rubens befand sich jetzt auf dem Rückweg. Die Hitze und die Atemnot waren ihm anzumerken, und Ramón musste ihn das letzte Stück über den Rand ziehen, wo er sich hinwarf und furchtbar keuchte. Er hatte trotz des Atemgeräts Gas eingeatmet.

Rubens erholte sich nur langsam, und so verblieben sie eine Weile unterhalb des Felsens an der Süseite. Ramó stieg einmal auf und holte Wasser. Gegen Mittag standen beide wieder auf dem Kamm und begannen mit der Vermessung der deutlichen Risse. Sie folgten einem Bruch, der sich bis zum Duraznero hinzog und sich offensichtlich erst in den letzten Tagen ausgeweitet hatte. Ramó hatte den Eindruck, dass Rubens ihm jetzt einiges verschwieg, vielleicht war das so, weil er sich selbst nicht sicher in seinen Überlegungen war, die er sonst immer laut von sich gab. "Das sieht so aus, als ob der Berg sich hier teilt, der Duraznero neigt nach Ost und der Hoyo Negro nach West", fragte Ramón, bekam aber keine Antwort. Sie hatten den Krater des Duraznero erreicht und Rubens neigte wieder dazu hier einen Abstieg zu wagen, gab aber auf, und sie nahmen den Weg um den Deseada herum, den sie bereits gegangen waren. Weiter unten blieb Rubens stehen und sah zurück."Mir erscheint dieser Ausbruch als ein Signal, wir werden den Berg beobachten müssen, er ist sehr launisch!" Ramón verstand das übliche Selbstgespräch als Antwort auf seine Frage: "Ich werde das tun, wenn Du mal nicht mehr hier bist, Rubens - du wirst doch wieder weggehen - oder bleibst Du bei uns?!" Rubens schwieg. Erst später im Lager tippte er Ramón auf die Brust: "So alt werde ich nicht, dass ich den nächsten Ausbruch erlebe, also, dann passt Du auf!"






Sonntag 22.07.07 - 08:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 74 % Luftdruck 1018 hPa

Sperrstunde

Wenn die Sommernächte so richtig warm sind, noch dazu Ferienzeit ist, dann reicht an den Wochenenden die Nacht schon mal bis in den frühen Morgen. - Gut für den Kneipier, schlecht für die Angestellten und Anwohner und deshalb hat man so etwas wie die Sperrstunde erfunden. - Die ist meist um 02:00 Uhr morgens, aber eben nicht überall und gilt auch nicht für alle Lokale. So haben Diskotheken meist länger auf und auch so genannte "Terazas de verano", die unter freiem Himmel und eben nur in zur Sommerzeit die geneigten Zecher bis in den frühen Morgen begleiten dürfen. - Das ärgert die Betreiber normaler Getränkeübergabestationen meist nicht besonders, ist doch der Teleskoparm des Gesetzes oft pragmatisch und lässt den Dingen häufig seinen Lauf, ohne einzugreifen, so lange kein Alarm oder Verlangen von außen die strikte Einhaltung des Gesetzes fordert. - Es hat auch wirklich niemand bislang gemeckert, wenn die Lokale länger auf hatten, die meisten Besucher der Bars und Restaurants sind friedlich fröhlich und machen keinen Aufstand oder ziehen später angetrunken durch die Stadt. - Wenn es da Probleme mit den unappetitlichen Überbleibseln einer Nacht gibt, dass sind das meistens abgefüllte Diskothekenendbesucher, die aus der weiteren Umgebung der Stadt kommen und mangels öffentlichen Nahverkehrs, der einfach nicht um diese Uhrzeit fährt, die schweren Grauen des Morgens in der Stadt durchwarten müssen.

Nun aber begibt sich in unserer Hauptstadt der brisante Umstand, dass plötzlich die Einhaltung der Sperrstunde rigide von den Ordnungshütern gefordert wird und man um 5 nach 2 Uhr morgens bereits mit der dauerhaften Schließung des Lokals gedroht hat, wenn man nicht sofort seine Gäste vor die Tür setzt. - So zumindest erzählen es die Kneipenbesitzer im Innenstadtbereich der Hauptstadt Santa Cruz und fühlen sich nun doch in ihrer Freiheit ziemlich bedrängt, weil man halt auch zu dieser Stunde noch einiges an Geld verdienen kann und es bislang gewohnt war, dass man die Sperrstunde sehr lax überwacht hat. - Verrat und dreimal schlechte Laune, man hat auch sofort die Schuldigen an dieser neuen Regelung im Blickfeld, die Betreiber eben dieser "Teraza de verano", die auf dem Parkplatz auf der Seeseite der Stadt inspirierende Getränke auch noch zu, dann früherer Stunde verabreichen darf. - So lange die Kneipen in der Stadt noch ihren aufopfernden Dienst gegen die Dehydratation ausüben können, so lange ist dort in der "Teraza" nichts los und erst wenn in der Stadt die Lokale schließen, dann füllt sich dieser nächtliche Aufbewahrungsplatz unsteter Seelen. - Ob das stimmt, dass man seitens der Betreiber der "Sommerterrasse" so auf die pünktliche Einhaltung der Sperrstunde pocht, oder ob man neue Uhren an die Stadtpolizisten ausgegeben hat, das weiß ich nicht. - Nun fordern die Kneipiers ein klärendes Gespräch mit dem Bürgermeister, der aber wohl im Moment so sehr beschäftigt ist, dass er sich die Klagen der Barmänner noch nicht anhören konnte. - Wie gut haben wir es da in El Paso, so lange kein Dorffest unseren ruhigen Lebenswandel unterbricht, ist bei uns um 2 Uhr morgens eh kein Mensch mehr auf der Straße und wenn doch, dann ist kein Polizist mehr da, oder bereits selbst im Publikum und der wird dann sicher nicht die Einhaltung der Sperrstunde fordern.



Samstag 21.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 27 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 59 % Luftdruck 1019 hPa
Höchsttemperatur heute 27,7 Grad - niedrigste Temperatur 22,7 Grad

San Juan, heute ist der 21. Juli 1949

Seit mehr als einer Woche hatte der Hoyo Negro seine Stauberuptionen in den Himmel getrieben. Das immer wiederkehrende Grollen blieb heute aus. Über dem Berg hing eine hohe aber dünne Rauchfahne.
Der Aufstieg war an diesem Vormittag eher ein Ausflug und führte zu dem Punkt am Fuß des Fraile, wo sich ein tiefer Riss zeigte. "Was fällt Dir hier auf", dachte Rubens wieder einmal laut und erwartete eigentlich auch keine Antwort: "Die Kante dort ist höher als die andere", vernahm er Ramóns Hinweis und blickte auf als Ramón mit seiner Stange in den Riss stocherte. Einiges Geröll verlor sich in die Tiefe. "Wie weit geht das wohl?" - "Bis zu einer Basaltlage, die liegt hier allerdings wohl recht tief, sie kommt da unten raus." Rubens dachte nach, während sie dem Riss nach Norden folgten, wo er unter dem Hang des Fraile verschwand. "Der geht auf der anderen Seite weiter", versicherte er Ramón und stieg ab, um den Berg zu umrunden. Staub und Griesel lagen hier in einer dicken neuen Schicht. Der Weg war schwierig und ermüdend. Sie erklommen den Berg am Fuß des Nordhangs und fanden den Riss. Rubens hatte Recht. Über ihnen lag der Krater des Hoyo Negro. Sie folgten dem Riss abwärts. Nach gut 100 Metern war das Gelände abgerutscht und hatte den Graben zugeschüttet. Rubens vermaß das Gelände und vermerkte jedes Detail in seiner Karte. Dann stiegen sie auf.

Der Wind kam schwach aus Südost, hatte in der Höhe aber immer noch eine Nordost-Strömung, der die Wolke aus dem Krater nach Süden drehte. Sie war merklich kleiner als gestern. Eine vibrierende Stille lag über dem Krater. Die Gase stiegen mit erheblicher Geschwindigkeit hoch, sie waren sichtlich heiß, aber die Strömung war abgeschwächt und zog nur noch Staub mit in die Höhe. Ramón hatte die Empfindung als ob der Berg ausatmete, Hitze hauchend sich zur Ruhe begibt. Sie krochen mit Masken an der Nordseite zum Kraterrand. Der Anblick des gasenden Schlots in der Tiefe tauchte Ramón in eine Empfindung tiefer Verbundenheit mit seiner Welt. Für einen Moment hatte er das Gefühl hinabschweben zu wollen, und er verstand, was Rubens bewegte.


Aus der Karte von - freytag & berndt -  momentan die beste Wanderkarte der Insel



Samstag 21.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 23 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 39 % Luftdruck 1018 hPa

Ikeas langer Arm

Billy, Brömbelby, Smörrebröd und Fleischbällchen, die einen so unappetitlichen Namen haben, dass ich diesen vor dem Frühstück nicht erwähnen will, rücken auch für Palmeros immer näher. - Nein, es gibt kein Ikea-Kaufhaus auf La Palma und es wird wohl auch keines geben in der Zukunft, so groß ist unser Käufervolumen nicht, dass es sich lohnen würde, hier auf La Palma einen dieser Tempel der uniformen Einrichtungen zu etablieren. - Allerdings reicht der lange Arm Ikeas schon seit geraumer Zeit bis nach La Palma, nicht wenige fuhren mit der Fähre einen Tag nach Tenerife, beluden dort ihren Wagen mit allerlei Sinnvollem aber eben auch dem unnötigen Tand, der dort so auffällig billig angeboten wird, dass es eigentlich sträflich erscheint, keine 120 Gläser für eine dreiköpfige Familie zu kaufen. - Bislang waren diese Einkaufsexpeditionen "nach Ikea" eher ein vorweihnachtliches Unterfangen, per Pickup zogen dann die palmerischen Familien auf die Einkaufsinsel Tenerife, um im Bermudadreieck der Konsums sich einen Tag lang so richtig zu verlieren. - Da wo Ikea seinen Rummelplatz hat, sind auch "Alcampo", der Monstersupermarkt und Toysarus versammelt und auch noch ein Mc Donalds und wer dann spät nachts auf der schnellen Fähre zurück nach La Palma nicht ordentlich über der Rehling lehnt und Stückchen des unbeherrschten Konsums mit den Fischen teilt, der hat wohl einiges versäumt. - Es ist ein Erlebnis, ein gesellschaftliches Ereignis für uns Peripheriker, wer fährt schon nach Tenerife, nein, wir fahren nach Ikea und Alcampo und sitzen dann nachts auf der Ladefläche des Pickups und passen auf, dass keiner uns was von den ergatterten Schätzen klaut.

Eigentlich haben sich diese Ausflüge nicht richtig gelohnt, wenn man es durch die nüchterne Brille des kalkulierenden Haushaltsvorstandes betrachtet, alleine die Fähre plus Auto schlug schon derart heftig ins Kontor, dass man sehr viele Schnäppchen erwerben musste, um da rechnerisch einen positiven Schnitt machen zu können. - Allerdings kommt es ja aber meist auf den Spaßfaktor an, den ich persönlich noch nie nachvollziehen konnte, aber für andere scheint Ikea mindestens so anziehend wie ein Erlebnispark oder gar ein Völkerkundemuseum. - Nun hat sich Ikea zusammen mit der Rederei Olsen einen neuen Schachzug ausgedacht, kauft man für über 300 Euro Ware, dann gibt es das Fährticket umsonst. - Ob man die dreihundert Euro auch in Smörrebröd und diese unappetitlichen "Buller" anlegen kann, die später ohnehin den Fischen gehören, das weiß ich nicht. - Nun kommen aber unsere, eher konservativen Kaufleute hier auf die Barrikaden gekrochen, dieses Angebot Ikeas und der Reederei sei unlauter und verstoße gegen Wettbewerbsregeln, zumindest gegen moralische Regeln, die allerdings meines Erachtens noch nie existiert haben. - Man möchte nun ein Arbeitstreffen organisieren, mit Vertretern Ikeas und der Reederei, um denen mal so kräftig die Meinung zu sagen, was man von der freiwilligen Verschleppung der Käufer auf die Nachbarinsel hält. - Ob man sich von der Wut der hiesigen Möbelhändler beeindrucken lässt, das bezweifle ich einfach mal ganz nebenbei. - Man muss nur mal die Augen ein bisschen aufmachen und spätestens seit der Möglichkeit des "Internetkaufings" sitzt die Konkurrenz unserer lokalen Händler plötzlich überall auf der ganzen Welt. - Man wird sich also seitens unserer Möbelverkäufer auch neue Strategien überlegen müssen, wie man den Standortvorteil wieder geltend macht und wohl auch ein bisschen am Angebotsprogramm feilen. - Nur eine Bitte habe ich an unsere geliebten lokalen Händler, alles dürft ihr euch ausdenken damit wir wieder bei euch kaufen, aber macht bitte keine schwedischen Fleischbällchen…



Freitag 20.07.07 - 19:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 28 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 43 % Luftdruck 1019 hPa
Höchsttemperatur heute 29,2 Grad - niedrigste Temperatur 22,8 Grad

San Juan, heute ist der 20. Juli 1949

Der Gedanke, einen aktiven Vulkan zu begehen, schreckte Ramón nicht mehr. Als Rubens ihm vorschlug, den Kamm zwischen Duraznero und Hoyo Negro aufzuzeichnen, willigte Ramón sofort ein. Sie hatten sich mit einem Armeewagen zum Montana de la Horqueta bringen lassen und dort ein Lager mit Vorräten und technischer Ausrüstung angelegt. Dann hatten sie am Südhang der Lavas de Malforada den Aufstieg zum Fraile begonnen. Das Gelände erwies sich als unbeschadet, abgesehen von Staub und Gries, der sich auch auf der Ostseite abgesetzt hatte. Unterhalb des Hangs des Fraile entdeckten sie einen markanten Riss, von nicht einsehbarer Tiefe, der sich nach Norden zur Kammlage hinzog. Sie beschlossen, zunächst den Duraznero -Krater einzusehen und wandten sich nach Süden zum Osthang des Deseada, immer in einem respektablen Abstand, weil Rubens Gaslawinen aus dem Krater für möglich hielt. Nach einer guten halben Stunde hatten sie den Deseada umrundet und begannen den Aufstieg auf den Kegel.

Unter Ihnen lag der Duraznero, dessen Ausbruch sie vor einigen Wochen erlebten. Er schlummerte vor sich hin. Nach Norden hin war ein Riss erkennbar. Der kleine Lavasee war von Staub und Gries zugedeckt. Ein leichter Nordost kam den Hang hinauf. Hinter dem Fraile quollen die Staubwolken aus dem Hoyo Negro Schlund, aber das Dröhnen der Eruptionen hatte nachgelassen. Obwohl, der Berg war verhalten ruhig!

" Wir gehen abwärts zum alten Kamm", dachte Rubens laut. "Der Wind ist zu schwach, um uns da oben einzugasen," sprach´s und begann den Abstieg. Sie hatten Stangen aus einem neuen Metall, die sehr leicht und sehr stabil waren. Jede Schrittstelle tasteten sie sorgfältig ab, um möglichst alten Grund zu finden. Schließlich erreichten sie den alten Kamm und konnten in den südlichen Krater blicken. "Da siehst Du das Gas in den Klüften." Ramón versuchte den Augen von Rubens zu folgen. "Wo?" - "Überall - da, ganz deutlich, da siehst Du die Schicht!" Ramón folgte den Armbewegungen, die Rubens über dem Krater zeichnete. "Ja, es ist durchsichtig wie Luft, aber schwerer, alles voll! Sieh mal dort, das quillt ja heftig hoch!" Und Ramón fand den flimmernden Wirbel über den Schründen um das gähnend tiefe Loch, aus dem helle Schwaden heraufzogen. Alles war gelb. Der ganze Krater war überzogen von blanken und duffen, runden und scharfkantigen gelben Skulpturen, teils unter leichtem Staub, teils freigewischt "Schwefel, das hat sich ja richtig gelohnt, da wird sich einer freuen...", versuchte Rubens Gelassenheit zu zeigen. "Halt den Kopf hoch, wir laufen rüber, es kommt Wind auf, los los"! Sie stakten den alten Kamm entlang so schnell wie das Geröll es zuließ, und waren aus der Windrichtung. Auf dem Fraile-Hang wirkte das bizarre Naturkunstwerk, wenn die wandelnden Schatten der mächtigen Wolke den Berg in ein Dämmerlicht tauchten, noch eindrucksvoller.

Sie versuchten den Abstieg über die Ostflanke des Fraile, mussten aber wegen abgleitender Griesfelder aufgeben. Ein Übersteigen des Berges wurde unmöglich. Die Eruptionen des Hoyo Negro nahmen an Heftigkeit wieder zu. Ein plötzlicher Aufwind aus dem Westhang überfiel sie mit Staub und Gas, und sie mussten sich schnell einrollend unter den Atemschutzmasken verbergen. Es dauerte lange bis sich der Wind legte. Sie klopften den Staub von den Anzügen. "Wir gehen den Weg zurück", brummte Rubens durch seine Maske und wischte sich den Staub von den Gläsern.

Zwei Stunden später erreichten sie das Lager und fassten den Entschluss, am nächsten Tag, den Aufstieg zum Hoyo Negro zu wagen.


Hoyo Negro -
Foto: René Bouillon



Freitag 20.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 30 % Luftdruck 1017 hPa

La Palma - Zuckerstückchen für Spekulanten

Mein Gott ist das schön! Endlich mal muss ich nicht meinen Kopf hinhalten für die mahnenden Sprüche und die Agitationen, die hier in meiner Kolumne doch es Öfteren vorkommen. - Uns, die Mahner und Vorsichtigen, die aus Sorge und Liebe zu dieser Insel immer mal wieder beschimpft, aber auch belacht werden, tut natürlich jeder gut, der mal über unsere Situation nachdenkt. - Noch besser ist es natürlich, wenn bekannte Persönlichkeiten sich diesem Thema annehmen, über die man nicht ungestraft lachen darf, oder so tun, als wüssten diese nicht worüber sie reden. - Um so erstaunlicher, dass die journalistische Leibstandarte der Coalición Canaria, die Zeitung "El Día", einen ziemlich wütenden Artikel von Professor Carlos Castilla bringt. - Der besagte Professor lehrt an der Universität La Laguna Wirtschaft und beschäftigt sich schon wegen seines Berufes mit Volkswirtschaft und den Auswirkungen von Investitionen auf Umwelt und Gesellschaft. - Man muss nun kein Prophet sein um zu wissen, dass Carlos Castilla kein gutes Haar an den zukünftigen Tourismusplänen der Insel lässt, zu offensichtlich ist die Hingabe unserer Ressourcen an spekulative Machenschaften. - Da wo Politik gefordert wird, als Regulativ gegen wuchernde Spekulation und Ausbeutung, bereitet unser "PTE", der umstrittene touristische Nutzungsplan der Insel, geradezu hervorragend das Terrain für massenhafte Investitionen von außen, die aber der Insel selbst nur minimalen Nutzen bringen, weil die erwirtschafteten Gewinne auch wieder abfließen.

Seien es die Golfplätze, Jachthäfen oder die vielen Hotels, die der Plan genehmigen will, keines dieser Projekte ist in der Lage den Preis, den die Insel dafür bezahlt, (Ressourcenverbrauch, Imagewandel, gesellschaftliche Veränderungen) wieder einzufahren. - Die Arbeitsplätze werden meist von außen besetzt, Mitteleuropäer in der Führungsstellen und Südamerikaner im Servicebereich, für uns bleiben nur niedrige Tätigkeiten und folkloristische Auftritte übrig. - Carlos Castilla sieht ebenso, wie viele andere auch, dass der Weg in den konventionellen Tourismus längst ausgetreten ist und man sich so einer Strömung andient, die längst zu den Auslaufmodellen gehört. - Keine Erhöhung der Bettenanzahl, keine Golfplätze, keine weitern Jachthäfen, sondern eine Rückbesinnung auf die tatsächlichen Kräfte und Möglichkeiten welche auf La Palma vorhanden sind und die liegen einzig und allein im landschaftlichen Sektor und dort muss gezielt und effektiv gearbeitet werden. - Hoffnung bereiten mehrere Stellen im Text, Carlos Castilla gibt uns noch eine Chance, noch sei nicht alles verloren, man müsse nun aber endlich von politischer, gesellschaftlicher und auch unternehmerischer Seite die Arbeit angehen, um einen Ausverkauf dieser Insel an fremdes Kapital zu verhindern. - Passt ein bisschen zum Artikel von gestern. - HIER geht es zum Original, einfach nur der Offenheit wegen.



Donnerstag 19.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 29 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 54 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 29,2 Grad - niedrigste Temperatur 22,9 Grad

San Juan, heute ist der 19. Juli 1949

In den letzten Tagen hatte sich Rubens im Llano del Banco aufgehalten, auf dem sich ein Stausee beträchtlicher Größe gebildet hatte. Zu der befürchteten Nordwest-Öffnung des Sees war es bisher nicht gekommen, weil die Ränder mit zunehmender Entfernung zum Eruptionsgebiet schneller erkalteten und infolge der Wellenbewegungen an der Oberfläche aus dem See herauswuchsen. Der Riss hatte sich in den letzten Tagen bergan erweitert und entließ mit einem pulsierenden Verhalten einen unbeschreiblichen Schwall in den See, aus dem sich die Lava über die Kante in die Tiefe stürzte. Die austretenden Massen waren derart gewaltig, dass sie den Riss wabernd und hüpfend ausfüllten, und es war nicht möglich, zu erkennen, wo der eigentliche Austritt lag.
Rubens war von seiner Leidenschaft wieder einmal ergriffen und er entnahm unter einem Schutzschild immer wieder Proben aus den Strudeln. Er hatte Ramón eingewiesen, die Proben zu kennzeichnen und zu beobachten. Als Ramón kurz den Blick zum Hang über Rubens schweifen ließ, gellte sein Schrei so unvermittelt auf, dass er beinahe die Fassung verlor: "Rubens, Rubens!" - Diese Stimme ließ bei Rubens keine Reaktionszeit zu. Er sprang auf dem eingeübten Weg zurück, warf Schild und Stange in die Weite, und war in Sekunden bei Ramón. "Sieh!" stieß Ramon hervor und hob den Arm zum Berg, wo sich der Hang nach außen drehte, zerging und sich mit seiner ganzen Haltlosigkeit in die unterhalb sprudelnde Lava erbrach. Eine nackte bröckelnde Wand wankte vor und zerfiel in die Tiefe.

Die beiden hatten sich Schritt um Schritt zurückgezogen und sahen die Wehen des Berges. Ein Riss bewegte sich, Steine fielen, dann öffnete sich der Schlot, ein erstes Rinnsal entkam der Spalte. Ramón spürte wieder dieses Vibrieren und Zucken. Hier lebte sich das Innere der Welt nach außen, befreite sich Millionen Jahre alt zu seinem neuen Sein. Dann quoll der erste Lavastoß hervor und nur ein paar Atemzüge später vereinte sich der neue Strom mit dem alten unterhalb zum See.

Rubens und Ramón fühlten sich angesichts dieses Naturschauspiels, das nur wenigen Augen vergönnt ist, wie Auserwählte, wie vom Berg geheiligt. Der Vulkan hatte sich Ihnen in seiner ganzen Erhabenheit und im Bewusstsein seines Weltbesitzes gezeigt, sein Ich in ihren Sinnen gespiegelt.

Es sollte der letzte Schlot im Llano del Banco Riss sein, einige hundert Meter höher als der erste Ausbruch gelegen.


Lavasee im Duraznero mit dem Abfluss nach Osten. - Foto: René Bouillon



Donnerstag 19.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 23 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 53 % Luftdruck 1017 hPa

Ein lachendes und ein weinendes Auge

Jede Investition ist willkommen. - Wirklich jede? - Natürlich nicht, es kommt halt immer darauf an, was der Investor mit seinem Geld hier machen will und ob es tatsächlich was für die Insel bringt, oder ob es nur darum geht, überschüssiges Geld bequem zu parken. - "Inversiones Cock", eine der so oft besprochenen Investorengruppe, die Puerto de Tazacorte in ein Mini-Miami verwandeln wollte gibt offenbar auf. - Allerdings muss man da vorsichtig sein, bislang zieht man sich lediglich von dem Hotelbau zurück, über die Wohnanlagen für reiche Mitteleuropäer und Festlandsspanier, die ebenfalls von "Cock" projektiert sind, wird nicht berichtet. - Dabei sind es genau diese Wohnungen, die als Zweitwohnsitz an "Fremde" vermünzt werden sollen das eigentliche Ärgernis, gegen ein Hotel in Puerto de Tazacorte, welches noch überhaupt kein Hotel hat, ist doch grundsätzlich nichts auszusetzen. - Auf jeden Fall ist das Hotel von "Cock" vom Tisch, obwohl man Jahre darum gekämpft hat, was mit dem Rest der vorgesehenen Investitionen ist, das wird man hören müssen.

Das Büro der Investorgruppe wurde nun geschlossen, nachdem ein dafür abgestellter Rat der Gemeinde Tazacorte nicht zum vereinbarten Notartermin erschienen ist, um für den Bau fehlendes Gelände der Gemeinde an den Investor zu überschreiben. - Nun hat der streitbare Chef des Unternehmens, César Gil, wohl endgültig die Schnauze voll von den zickigen Insulanern und droht mit völligem Rückzug aus La Palma. "Man spielt nicht mit Investoren, es ist nicht der beste ökonomische und urbanistische Moment, die guten Zeiten sind vorbei." - Ich gehe einfach mal davon aus, dass dieses Zitat richtig ist. - Stimmt das so, dann spricht dieser Satz Bände, die guten Zeiten sind vorbei, muss wohl so gedeutet werden, dass es zukünftig schwieriger werden wird, mit Geld sich irgendwo einzukaufen, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt und man irgendwo im Zwischenreich der Beziehungen und Kontakte die urbanistische Zukunft einer kompletten Gemeinde bestimmen kann. Da sitzt das lachende Auge und auch die anderen Investoren, welche die Golfplätze, Jachthäfen und die vielen weiteren Hotels bauen wollen, sollten sich ihre Pläne gut überlegen und Rücksicht auf die Menschen nehmen, die damit zukünftig hier leben müssen. - Das weinende Auge ist auch ganz klar, wir werden wohl kaum mit ganz eigenen Mitteln für Puerto de Tazacorte eine passende Zukunft schmieden können. Ein Hotel für den Badeort ist sicher angesagt, klein genug um wirtschaftlich über das Jahr hin bestehen zu können und derart aufgestellt, dass man sich über die Möglichkeiten aber auch Notwendigkeiten dieses kleinen Ortes bewusst wird. - Ohne pathetisch wirken zu wollen, da hat man in Puerto de Tazacorte war losgetreten, vielleicht sogar ohne es zu ahnen, was für alle zukünftigen Investoren auf La Palma gelten wird: Wir sind zwar klein, ungeschickt, für Außenstehende vielleicht sogar unfähig, aber langsam lassen wir uns nicht mehr alles verkaufen und andrehen, bloß weil da einer mit einem Batzen Geld winkt. - Diese Geschichte aber ist noch lange nicht zu Ende, zu hart und auffällig hat "Inversiones Cock" darum gekämpft, seine Pläne in Puerto de Tazacorte zu verwirklichen, als dass man nun einfach seine Koffer packt und geht. - Da wird noch einiges an Wäsche gewaschen werden, ob es schmutzige ist, das werden wir sehen.





Mittwoch 18.07.07 - 19:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 29 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 53 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 29,5 Grad - niedrigste Temperatur 22,2 Grad

San Juan, heute ist der 18. Juli 1949

Der Brief schlug in unsere Familie ein wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Mutter saß in ihrer nordischen Ecke und las. Sie nahm den Inhalt in ihr Gemüt auf. Jedes Wort betrachtete sie wie ein Bild, verweilte und blickte dann auf das nächste. Im Garten war es sehr ruhig.

Gestern noch waren wir mit Onkel Gregorio wieder nach Bombilla gesegelt. Viele Boote lagen vor der Küste und sahen eine nicht enden wollende Schöpfungsgeschichte. Das Schauspiel hatte sich gewandelt. Vor der Küste baute sich die schwarze Urwelt aus Klüften und Zinnen auf. Wo beim letzten Mal noch eine still tosende Vereinigung der Elemente die Sinne gefangen nahm, war nun die Heftigkeit des neuen Lebens aufgebrochen. Eingeschlossen unter erstarrten Lavamassen flossen die Ströme in Wasserhöhlen, aus denen sich der Dampf explosionsartig befreite. Fauchende Fontänen jagten hoch und manche ließen dabei einen Ton vernehmen, der sich einem klagenden Lebewesen entrang, der Schmerzlichkeit des Werdens ausgeliefert zu sein. Die Insel war um fast 1000 Meter in den Ozean hineingewachsen - und sie wuchs weiter. Auch vor der neuen Küste blähte sich plötzlich das Wasser nach oben und ein Schwall von Dampf und Gas platzte hervor. Die riesigen Mengen der Lava, die in den jetzt tief liegenden Tunneln mit hoher Geschwindigkeit herabschossen, bauten den Sockel unter Wasser auf, bis sie sich selbst verschlossen und nach oben ausbrachen, wo sie Zinne über Zinne hochwarfen und wieder in die Tiefe entschwanden, um an einem anderen Ort hervorzubrechen.. Für eine Weile strömte dieser massige Überfluss die soeben geschaffene Küste hinab, dann brach eine Explosion das Schauspiel ab, und kurze Zeit später fesselte sich der Blick an einem andersartigen Ereignis.

Dunkel lag der Berg dort oben unter der graubraunen Wolke, die sich so weit das Auge reichte nach Süden zog und wohl auch über El Hierro das Licht der Sonne nahm. Das Meer hatte sich dort mit den Schwaden des Himmels vereinigt.

"Carlo", hörte ich Mutter aus ihrer nordischen Ecke rufen, "wir müssen nach Tenerife zu einem Rechtsanwalt, und zwar bald. Hier in diesem Brief steht sein Name, und er wird uns Papiere geben." Ich konnte mich an meinen Vater kaum erinnern. Aus dem verblichenen Foto über Mutters Bett lachte ein großer Junge mit Bart. "Weißt du", pflegte sie mehr zu sich selbst zu sagen, "er ist ganz wunderbar, und du bist ihm sehr ähnlich! Wir beide sind seine Familie."


Lava und Meer



Mittwoch 18.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 22 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 45 % Luftdruck 1018 hPa

Die Binter wackelt

Die "Binter Canarias" ist die bestimmende Fluggesellschaft im interinsularen Verkehr und hat dort einen Marktanteil von an die 70%. - Einziger Konkurrent ist die "Islas Airways", die zwar immer noch wächst, aber wohl nicht wirklich die Vormachtstellung der Binter brechen kann. - Die Binter galt bislang las zuverlässigste Gesellschaft, war mehrfach Regionalfluglinie des Jahres und expandierte zuletzt mit Zielen in Nordafrika und Madeira. Was allerdings die Binter brechen könnte, das ist nur sie selbst, denn seit nunmehr 6 Wochen liegt sie im Clinch mit den eigenen Piloten, und unvorhersehbare Streiks sind die Folge. Zahlreiche Verbindungen wurden gestrichen, zwar kommt man meist mit einer Verspätung weg, aber der Nimbus hat sehr gelitten und leidet immer noch. - Die Piloten beklagen ein "Outsourcing" der Besatzungen, immer mehr Flüge werden zwar in Binter-Maschinen geflogen, diese sind aber auf dem Papier an eine andere Gesellschaft verleast und die nehmen ihre eigenen, natürlich billigere Piloten. - So läuft nun mal das Geschäft, es gibt in der Marktwirtschaft genügend Methoden jede Arbeitskraft billiger zu machen. Nur die Vorstände, die sich das alles ausdenken wie man anderen weniger bezahlt, die werden immer teurer. Das wollen sich die Stammbesatzungen der Binter nicht einfach so gefallen lassen, also wird gestreikt.

Die Provinzregierung hat sich bislang nicht wirklich eingemischt in den Fall, kann man sich doch dabei meist keine goldenen Pressemeldungen verdienen, sondern nur die Hörner abstoßen. Nun fordert man Madrid auf in dieser Sache zu vermitteln, schöne Problemdelegation, das mache ich auch immer gerne, wenn meine Frau nicht gerade in Urlaub weilt… - Als weiteren Klopper fordert man nun auch mehr Konkurrenz im interinsularen Verkehr und wünscht sich noch eine weitere Fluggesellschaft, die dann Konkurrenzdruck auf die Binter und Islas ausüben würde. - Ganz so einfach ist aber nicht, noch mehr Flugverbindungen würde die Auslastung der einzelnen Maschinen erneut drücken, mit der logischen Folge, dass die Fluggesellschaften straffer kalkulieren müssen und das macht man zuallererst immer beim Personal. - Der Markt hier hat eben seine Grenzen, auch wenn für uns, wegen des Rabattes von 50%, den alle erhalten die hier auf den Kanaren wohnen, sehr billig ist, die Steigerungen im interinsularen Flugverkehr sind dennoch und absehbar begrenzt. - Dagegen gibt es auch schon wieder neue Ideen aus der Provinzregierung, man denkt daran, den Rabatt sogar auf 70% zu erhöhen, dann hätte man auch wieder Steigerungsraten zu erwarten. - Sieht man es mit nüchternen Augen, dann schafft man damit subventionierte Nachfrage, wo eigentlich kein wirklicher Bedarf ist. - Dann hätte man besser gleich bei der Form des Staatsbetriebes bleiben können, Gewinn nicht nötig, das was fehlt am Jahresende, zahlt eh die Solidargemeinschaft. - Anders ist das jetzt auch nicht, außer dass wir der Willkür privater Gesellschaften ausgesetzt sind, die nicht nach Bedarf oder Bequemlichkeit für den Kunden agieren, sondern rein wirtschaftlich denken.



Dienstag 17.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 28 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 52 % Luftdruck 1018 hPa
Höchsttemperatur heute 29,3 Grad - niedrigste Temperatur 20,5 Grad

Unterhaltszahlungen

Wir haben den Tierarzt bereits verklagt, da können ihn seine noch so blauen Augen auch nicht schützen. - Vielleicht können wir so wieder ein bisschen Geld hereinholen, was wir nun an die Eltern des kleinen Paul-Sohnes überweisen müssen. - Ja, da hat der Tierarzt geschlust und Paul geferkelt, einige hundert Meter in unserer Nachbarschaft wächst ein kleiner Paul heran. Die DNA-Analyse steht zwar noch aus, aber eigentlich kann man das gar nicht mehr abstreiten, das ist so augenscheinlich wie das Besenkammerkind von Boris Becker. - In langen Gesprächen habe ich nun mit Paul versucht, da ein bisschen Licht in die Geschichte zu bringen, aber Paul weiß nicht so recht, wie er sich denn verhalten soll. - Eigentlich ist er ja stolz, trotz des chirurgischen Eingriffes dennoch der regionalen Manneskraft bezichtigt zu werden, andererseits kann er sich ja denken, sollten sich da noch Restelementarteilchen in seinen scheinbar leeren Hodenbeuteln verstecken, dann geht es ihm erneut an den Kragen, Verzeihung, an den Sack. - Kann er nun oder kann er nicht, ich weiß es nicht. Der Tierarzt spricht von einem anatomischen Wunder und schwört, dem Kerl eigentlich alle Testikel genommen zu haben, aber wie erklärt er sich dann die verblüffende Ähnlichkeit zu diesem kleinen Balg, der wohl nicht weit vom Stamm gefallen ist.

Es geht an Eingemachte. - Der Sommerurlaub für die drei Frauen ist gekürzt, Paul bekommt nur noch Trockenfutter, (regionales Bio-Futter selbstverständlich) und ich trinke nur noch billiges Import-Dosenbier, anders können wir die strammen Unterhaltszahlungen wohl nicht stemmen. - Die haben einen guten Anwalt, aber wir müssen nun auch etwas unternehmen, sieben Jahre lang sollen wir für Pauls Wunder bluten, das würde den kompletten sozialen Abstieg dieser Familie bedeuten, meine Kinder müssen dann auf dem Bau schuften, meine Frau wieder Bücher verkaufen anstatt diese zu lesen und ich müsste auch wieder etwas Vernünftiges tun, wofür man auch Geld bekommt. - Ein Freund, einer der wenigen der mir nach der privaten Insolvenz noch geblieben ist, hat die die Adresse eines Arztes zugesteckt, der wohl wunderbare Erfahrungen mit Bluttests und so weiter haben soll. Eufenmiano Fuentes heißt der patente Doc und ich bin schon mal losgeradelt, um mir dort Rat mit dem Rad zu holen. - Unterwegs lebe ich von getrockneten Seidenraupen, die ich den Kindern vom Teller gestohlen habe, als diese gerade zur zweiten Nachtschicht mussten. - Allerdings sind die Raupen nicht besonders nahrhaft, nur meine Haare haben inzwischen wieder einen seidigen Glanz. - Aber ich habe diese Arzt gefunden, ich soll bloß nicht sagen wo, denn noch viele andere suchen ihn auch, sicher weil die auch einen ferkelnden Kater haben oder so… Nun habe ich erst mal auf Pump in der Nachbargemeinde eingekauft, in El Paso selber bekomme ich ja nichts mehr, die wissen wie es um uns steht. - Aber nicht mehr lange, dann kommt die Analyse von Herrn Fuentes und wir sind fein raus und holen uns das ganze Geld wieder zurück und besonders die gestohlene Ehre des Herrn Paul. - Meine Töchter haben nun besonders besonnen regiert und Paul ein neues Halsband geklaut, mit einem kleinen Täschchen dran, dort soll ein Kondom Platz finden. - Gute Idee, dann können wir uns in Zukunft solchen Schlamassel sparen. - Allerdings soll ich Paul jetzt zeigen, wie man so ein Kondom anschnallt. So ist das halt, wer den Paul hat muss den Spott nicht suchen. Das gefällt mir aber nun gar nicht und suche hirnringend nach einem passablen Ausweg aus dieser Peinlichkeit. Langsam und dunkel erinnere ich mich nun, wie wir damals im Bayrischen Wald die Kater immer kastriert haben, man nehmen zwei große, aber handliche Steine… Lauf Paul, lauf!





Dienstag 17.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 21 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 49 % Luftdruck 1017 hPa

Windelfonds

Man könnte auch Babykopfgeld sagen. Für alle, seit dem 3. Juli in Spanien geborenen oder adoptierten Kinder, gibt es nun vom Staat 2.500 Euro Prämie. - Die bekommen alle, nicht nur spanische Staatsbürger, sondern jeder, der sich legal in Spanien aufhält, welcher Nationalität er auch immer sei. - Hintergrund dieser Maßnahme ist die niedrige Geburtenrate hierzulande, die inzwischen sogar unter den europäischen Schnitt gerutscht ist. - Gehen wir weiter nach La Palma, da ist die Situation noch bedenklicher, pro tausend Einwohner werden hier nur noch 7,1 Kinder geboren, bei einem kanarischen Durchschnitt von etwa 9,3 - was auch dem deutschen Schnitt an Geburten pro tausend Einwohnern entspricht. Aber wir wissen ja, dass auch das nicht ausreicht, um genügend zukünftige Konsumenten und Rentenzahler in diese Welt zu schicken. Das Geld gibt es allerdings erst im Dezember oder Januar aus bezahlt, dann erst beginnt die Ausschüttung, die sich aber rückwirkend auf den 3. Juli 2007 auswirkt und die Anträge können jetzt bereits gestellt werden.

So richtig viel Geld ist das nicht, auf jeden Fall ersetzt das nicht annähernd die Kosten, welche ein Kind einer Familie tatsächlich bereitet, aber es soll ja auch nur ein kleiner Anschub sein, eben für das erste halbe Jahr, welches für viele junge Familien extrem knapp kalkuliert ist. Spätere Hilfen beziehen werden dann nach Einkommen erteilt, den größten Rabatt gibt es allerdings steuerlich, so bekomme ich im Jahresausgleich etwa die Hälfte meiner Einkommessteuer wieder zurück, weil ich eben zwei Kinder habe, die über kein eigenes Einkommen verfügen. - Die Kritiken an diesen 2.500 Euro Windelfonds sind so auch mannigfaltig, einige sprechen davon, dass die Regierung damit nur auf Stimmenfang gehen will, denn nächstes Jahr wird bereits wieder die Nationalregierung neu gewählt. - Aber für und gegen gibt es bei solchen Geschichten immer, die jungen Eltern freuen sich auf jeden Fall über diese kleine Spritze, welche sicherlich gut tut in den ersten Monaten, wenn es darum geht, einem neuen Menschen auf diesem Planeten die Zukunft ein wenig angenehmer zu gestalten.- Ich glaube auch nicht, dass dieses Babykopfgeld die Geburtenraten sprunghaft ansteigen lassen wird, es ist nicht mehr als ein Symbol und vielleicht eine kleine Hilfe, aber die Entscheidung ein Kind zu bekommen, werden diese 2.500 Euro wohl in den wenigsten Fällen beeinflussen. (Da soll man mit gezielten Stromausfällen in den frühen Abendstunden weitaus erfolgreicher sein.) - So werden die europäischen Wohlstandsnationen, zu denen wir zweifelsohne auch gehören, ihre jungen Menschen weiterhin importieren müssen, um nicht irgendwann mangels Masse luxemburgisiert zu werden. - Dieser Import an jungen Menschen nennt sich Immigration, oder in Deutschland sagt man inzwischen nur noch Migration, ohne diese "Blutauffrischung" geht es schon lange nicht mehr. - Möchte man wirklich und echt, wieder höhere Geburten- als Sterberaten, dann müsste man Familien noch deutlich besser steuerlich entlasten und gesellschaftlich besser stellen. - Aber vielleicht will das ja gar keiner mehr so richtig und so bekommen wir unsere multikulti Gesellschaft nicht von den Achtundsechzigern verpasst, sondern als Auswirkung einer pragmatischen Wohlstandsgesellschaft. - Da fällt mir noch eine kurze Diskussion mit einem unserer Pfarrer ein, der schon lange nicht mehr hier seinen Hirtendienst verrichtet. Der behauptete, dass Homosexuelle und Kommunisten Schuld sind am Geburtenrückgang. - Da es ja kaum noch Kommunisten gibt, kann man das wohl nicht mehr feststellen und bei Homosexuellen stimmt das mit der geringen Geburtenrate schon, aber immerhin dürfen die hier in Spanien auch Kinder adoptieren. - Was allerdings katholische Geistliche aktiv für die Steigerung der Geburtenrate tun, dass wird wohl eines jeden eigenes Geheimnis bleiben…



Montag 16.07.07 - 18.00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 27 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 62 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 27,2 Grad - niedrigste Temperatur 19,4 Grad

Bunt soll es sein

Lange vorbei sind die Zeiten, in denen Hausfassaden weiß waren, einzig nach oben abgeschlossen durch das dunkle Rot der Dachziegel. - Vielleicht vor 20 Jahren, es können aber auch nur 15 gewesen sein, begann man hier auf La Palma damit, die Häuser außen bunter zu gestalten. Anfänglich war das noch ein Ausdruck besonderer Kreativität, aber auch mit einem Schuss Rebellion, heute gilt jemand mit einem weiß gestrichenen Haus schon eher als Fundamentalist oder einfach zu faul, mal wieder tief in den Farbtopf zu greifen. Bunte Häuser sind schön, das lockert die komplette Umgebung auf und macht aus langweiligen Siedlungen eine bunte Truppe, die mindestens Fröhlichkeit aufzeigt. - Allerdings sollte man schon ein ganz klein bisschen Farbgefühl besitzen, ab und zu muss man sich schon die Sonnenbrille aufsetzen wenn man an gewissen Gebäuden vorbeifährt, da hat dann sicher der Hausherr selbst die rosa Fenster zum dunkelroten Fassadenanstrich ausgesucht, Augen zu und schnell weiter. In unserer Umgebung dachte ich dann, nun ist alles vorbei, da hat doch tatsächlich jemand sein Haus schwarz angestrichen und ich vermutete schon, das sei ein Protest, oder gar die neue Offenheit, wer schon einen Schwarzbau hat, der bekennt sich heute auch öffentlich dazu. - Ich irrte, das ist auch gut so, denn sonst hätten wir hier bald viele Häuser, von denen zumindest Teile schwarz gestrichen sind, ich meine schwarz angestrichen…. Das Haus mit dem schwarzen Anstrich war aber kein Schwarzbau, sondern die Farbe war lediglich eine Grundierung und heute steht da wieder ein schmuckes Häuschen in einem pastellgelb.

Schmucke bunte Häuser sind in, das hat zuerst die Gemeinde Los Llanos entdeckt und vor geraumer Zeit bereits eine Fassadenrenovierungsaktion in der Altstadt unternommen. - Nun hat die Gemeinde Barlovento auch die Farbe verkündet und lässt Umschüler die Fassaden des Ortsteiles Los Trocaderos bunt erscheinen. Nicht nur das, zuerst werden die Mauern wenn nötig auch noch ausgebessert und dann, mit einer passenden Farbe gestrichen. - Bezahlt werden die 8 Frauen die da bunt ans Werk gehen zum großen Teil vom Arbeitsamt, aber auch die Gemeinde gibt Geld dazu und als Ziel setzt man sich an die 40 renovierte Fassaden und somit einen bunten Stadtteil. Die Besitzer der Gebäude müssen nur einen symbolischen Obolus von 400 Euro bereitstellen, der komplette Rest geht auf Gemeinde- und Staatskosten. - Als weiteren positiven Nebeneffekt konnte man Hausbesitzer in der näheren Umgebung dabei beobachten, wie sie nun auch anfingen, ihre eigenen Fassaden zu renovieren und bunt zu streichen, man wollte neben den so schmuck hergerichteten Häusern nicht als trostloser Nachbar gelten. - Leider funktioniert das ganze nur so lange das Arbeitsamt die Umschulungsmaßname bezahlt und ob jemand danach, die an dem Projekt beteiligten Frauen als Fassadenspezialisten auch beschäftigt, das ist dann eine andere Frage und lässt die ewige Diskussion um Arbeitsbeschaffungsmaßnamen sehr nahe rücken. - Darüber können wir ein anderes Mal schweigen, ich finde bunte Häuser schön und muss wohl faul oder gar Fundamentalist sein, weil unsere eigenen bescheidenen Hütten immer noch weiß sind. - Abwarten, bis das Arbeitsamt auch der Gemeinde El Paso mal so ein nettes Make-up spendet. - Rosa mit gelben Punkte schwebt mir da vor, oder ein punkiges Violett, mit Apricot-Streifen und güldenen Applikationen an den Hausrüschchen. - Aber keine Angst, bis El Paso mal Geld vom Arbeitsamt bekommt, ist meine Frau längst aus dem Urlaub zurück und wird da schon das Schlimmste zu verhindern wissen.


Bunte Welt in Los Llanos



Montag 16.07.07 - 08.30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 20 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 53 % Luftdruck 1016 hPa

Was ist gutes Wetter?

Zu heiß, zu kalt, zu nass, zu trocken: - Zu gut, oder zu richtig gibt es wohl nicht. - Ganz Vermessene haben ja mal dafür den Ausdruck Bauknecht geknüpft, aber das stimmt eben auch nicht ganz umfassend, es gibt eben noch andere Faktoren und Faktoten, die wissen was Frauen wünschen… Das beste Wetter ist immer noch das, welches man nicht spürt und über welches man nicht spricht und wenn man sich die Kapriolen in Mitteleuropa ansieht, dann scheint man dort jedes Wettermaß verloren zu haben. - Es ist aber ganz normal, dass kontinentales Klima diese Temperatursprünge zulässt, überall dort, wo ein Ozean oder große Wassermassen eine zu hohe Erwärmung der Landmassen abfedern, gibt es diese großen Sprünge nicht. - Mag sich jetzt anhören nach plumper Werbung für La Palma, aber das ist es nicht, unser Wetter ist nur ein kleiner Faktor, der das Leben hier noch angenehmer gestaltet als anderswo. - Aber eben auch bemerkenswert, wie groß der stetige Einfluss des Azorenhochs sein kann. Selbst in der jetzigen Situation, in der das große atlantische Hoch eigentlich viel zu weit westlich liegt, führt es dennoch die Regie unseres Wetters, in dem es dafür sorgt, dass wir nicht in den direkten Einfluss des nordafrikanischen Hochs geraten. - Läge das Azorenhoch noch ein paar hundert Kilometer weiter westlich, dann könnte es geschehen und auch wir bekämen dann kontinentales Klima zu spüren und unser Kontinent ist nun mal Afrika.

So lobe ich mir einen Wettermotor, selbst wenn er mal einen Ausflug macht, dann hält er immer noch seine schützende Hand über uns und versorgt uns mit frischer Meeresluft. - Der Betriebsausflug des Azorenhochs ist auch für die jetzige Hitze in Mitteleuropa verantwortlich, da er im Moment eben die Tiefdruckgebiete nicht per Hektopascalpeitsche eines nach dem anderen über die Britischen Inseln nach Europa jagd. - Das Azorenhoch kommt aber schon langsam, so wie es eben einem echten und alten Klimaschwergewicht gebührt, wieder an seine Position zurück. - Was das für Sie in Mitteleuropa schon bald wieder bedeutet, können Sie sich denken und wir bekommen endlich wieder unseren Wind zurück und unsere frischen Wolken, die zumindest ich vermisst habe in den letzten Tagen. - Ich weiß, viele mögen den Wind nicht, aber die sollten dabei nie vergessen, was wir diesem Wind zu verdanken haben, nämlich eigentlich alles. Der Wind bringt unser Wasser und ohne dieses wären wir eine weitere kahle Vulkaninsel im Atlantik und so sind wir ein grünes, wenn auch kleines Fleckchen der Glückseligkeit. - Am Wetter liegt es nicht, wenn hier so manches schief läuft und wieder mal wir selbst die Schuldigen sind und mit dieser Insel nicht standesgemäß umgehen. - Mir fallen da die Worte meines Freundes Carlos ein, nicht Carlo dieses Mal: "Wir müssten eigentlich Luxussteuern bezahlen, hier auf La Palma leben zu dürfen." - Da ich meine Steuerabrechnung erst vor ein paar Tagen zur Bank gebracht habe, bin ich fiskalisch noch leicht betäubt, aber Sie wissen schon, was Carlos damit meint.



Sonntag 15.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 65 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 26,3 Grad - niedrigste Temperatur 17,9 Grad

Faul bis gefräßig

So einen Sommersonntag kann man nur mit Müßiggang überstehen. - Immer wenn meine Frauen auf ihrer Zweitinsel Hiddensee weilen, dann läuft doch im Fernsehen die Tour de Dope und Paul und ich ziehen uns dann aus der prallen Mittagssonne zurück und lassen andere für uns schwitzen. Das Menue dabei ist einseitig, Paul bekommt seine parfümierten Tierkadaver aus der praktischen Aufreißdose und ich nehme die Reste aus dem Kühlschrank, die noch aus den fetten Zeiten stammen, als dieser Haushalt noch die ordnenden Hände mehrerer Frauen spürte. Meist lasse ich Paul erst von den Wurst- und Käseresten probieren, wenn er es nicht ablehnt, dann muss es noch essbar sein und solange der Schinken nicht vor einem wegläuft, soll man diesen ja noch essen können. - Vielleicht wäre ein netter Einkauf doch mal angesagt, aber heute ist Sonntag und der kam für mich halt so überraschend, dass ich zum Abendessen doch den Paul noch irgendwann ablenken muss, um mal den ausgetrockneten Kanten Brot in dem leckeren Katzenfutter wieder gangbar zu machen. - Der Herr ist aber immer wachsam in den einsamen Zeiten, wir sind nicht nur Kumpels und Freunde, sondern immer auch Nahrungskonkurrenten in den harten Wochen ohne Humanfamilie.

Das geht aber eigentlich immer ohne große Reibereien ab, schließlich sind wir die zwei Wochen noch total aufeinander angewiesen und wie bei der Tour de France gibt dann der eine dem anderen immer seelischen Windschatten, wenn es mal wieder zu leer durch die Hallen des Hauses tönt. - Es soll Männer geben, die können alleine leben und das sogar gut, aber das kenne ich nur vom Hörensagen und wenn ich ehrlich bin, dann sind mir diese Individuen zumindest suspekt. - Man kann doch nicht im Ernst von Männern derart strategisches Geschick verlangen, dass zum sonntäglichen Nahrungsverzehr ein samstäglicher Einkauf gehören soll. - Gut, man kann sich auch Zettelchen schreiben, so ganz schlaue, wo dann die elementaren Tipps stehen wie: Erst die Hose anziehen und dann die Schuhe, aber was nutzt das einem, wenn der Zettel im entscheidenden Moment nicht auffindbar ist. - Die ersten Nahrungsmittelspenden sind auch schon gekommen und Sie werden sich wundern, nicht für Paul, sondern für mich. - So schlimm kann nicht mal die Coalición Canaria von mir denken, dass ich den Kater verhungern lassen würde. - Auf dem Wurstpäckchen stand ausdrücklich, "Rügenwalder Teewurst grob, ausschließlich für den Humanverzehr geeignet." - Wo er mir neulich doch auch noch das letzte bisschen Margarine vom Brot geschleckt hat. - Ich weiß, Sie glauben mir wieder gar nichts, leider der Kater auch nicht. - Der lässt mich nicht mehr alleine in die Küche, seit dem im Kühlschrank dieses letzte aufreizende Päckchen Wurst liegt, noch nicht mal angeschnitten. - Er glaubt mir das einfach nicht, dass Teewurst nichts für zarte Katzenmägen ist und nur grobe Männerkutteln in der Lage sind, solch schweinische Delikatessen ordentlich zu verdauen. Vielleicht ist mir ja auch das Etikett nicht besonders glaubhaft gelungen, welches jetzt auf der Teewurst haftet, ich habe versucht so ein Piktogramm mit dem Computer zu entwerfen mit einer durchgestrichenen Katze um eben glaubhaft machen zu können, die Wurst, die sei für mich und das auch noch exklusiv. - Nun geht er mir, selbst wenn ich am Rechner sitze nicht mehr von der Seite, kaum stehe ich auf, um mir noch mal leckere Knäckebrotkrümel vom Boden zu fegen, da steht er auch schon vor dem Kühlschrank, wie einst der Zerberus. - Nein, ich leide nicht, habe einen wunderschönen Sonntag mit einem ebenso faulen wir gefräßigen Kater verlebt und warte nun dringend auf den täglichen Anruf meiner drei Frauen, die mir dann wieder erzählen, wo und was sie heute noch lecker Essen gehen. - Essen gehen, das wäre die Lösung all meiner Probleme, aber ich finde den Zettel nicht mehr wo man mir die Reihenfolge mit der Hose und den Schuhen erklärt und so, wie das im Moment aussieht, kann es eigentlich nicht richtig sein. - Und außerdem, Essen gehen, da könnte ich ja Paul gar nicht mitnehmen und das macht man als Kumpel nicht. - Obwohl, vorhin ist er ohne mich jagen gegangen und hat sicher auch die eine oder andere Maus ohne mich verspeist, da wäre doch auch für mich mal eine Abwechslung drin. - Vielleicht sollte ich aber die Teewurst mitnehmen, nur zur Sicherheitsverwahrung, wer weiß, ob die Kinder dem Kater nicht längst schon beigebracht haben, wie man einen Kühlschrank öffnet.


Der frisst mir die Butter vom Brot



Sonntag 15.07.07 - 08:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 78 % Luftdruck 1015 hPa

Círculo vicioso

Das heißt nichts anderes als Teufelskreis und treffender kann man die Situation um die Parkhäuser in Santa Cruz und Los Llanos nicht beschreiben. - Da hat sich ein Bauunternehmer leidlich verhoben, warum auch immer, und bekommt die Tiefgaragen in beiden Städten nicht fertig, weil der Kreditrahmen einfach nicht ausreicht die Arbeiten zu beenden, aber so lange die nicht fertig sind, gibt es auch kein Geld. - In Los Llanos ist man längst noch nicht so weit, an eine baldige Eröffnung denken zu können, die Bauarbeiten gehen mit nur ganz wenigen Leuten so langsam voran, dass man eh schon daran dachte, der Baufirma die Dinge wieder aus der Hand zu nehmen. In der Hauptstadt hingegen könnte man umgehend 400 der geplanten 800 Parkplätze in Betrieb nehmen, das gäbe dann auch genügend Geld das Bauunternehmen zu retten und die restlichen 400 Stellflächen fertig zu stellen. - Allerdings fehlen zur technischen Abnahme der ersten Parkplätze noch einige "Details", auf welche die Prüfer nicht verzichten können oder wollen und so lange da seitens der Baufirma keine Nachbesserungen passieren, so lange werden die Parkplätze nicht eröffnet. - Der Chef der Firma zeigt aber seine leeren Taschen und droht mit Bankrott und verlangt zuerst die Eröffnung der bereits fertig gestellten Parkplätze und dann will er die geforderten "Details" nachbessern.

Allerdings sagt uns niemand, um welche Dinge es sich da handelt die noch fehlen zum Glück der Prüfer und damit auch der Firma. Ob es sich so wirklich nur um Kleinigkeiten handelt, oder es gar sicherheitsrelevante Dinge sind, die da noch nachgebessert werden sollen, das sagt uns niemand. - Nun sucht man einen Ausweg, denn die Firma in Bankrott zu schicken würde niemandem helfen, schon gar nicht Santa Cruz oder Los Llanos, die dann mit erneuten erheblichen Verzögerungen rechnen müssten, bis die benötigten Parkplätze zur Verfügung stehen. Man könnte mit der Bank reden den Kreditrahmen erneut anzupassen, da soll der Gürtel aber schon längst gegen Hosenträger ausgetauscht worden sein und so erwägt man auch, einen neuen Geldgeber mit in die Firma zu locken, der dieses teuflische Finanzloch stopfen soll. - Die Stadtverwaltung hat sich bislang nur auf eines verständigen können, die bereits angedrohten Konventionalstrafen gegen die Firma, weil man viel zu langsam gebaut hat, die werden nicht vollstreckt, man würde ja damit nur den Konkurs des Unternehmens besiegeln. - Eigentlich soll man ja nicht um die Ecke denken, aber kann es nicht auch einfach sein, dass man sich so prima um eine Strafe drückt, weil man so damit droht, sonst einfach die Firma den Bach runter gehen zu lassen. - Kann sein, muss aber nicht sein und man sollte noch mal genau hinsehen, wie das denn seinerzeit mit dem Vergabeverfahren der Arbeiten an die Firma gelaufen ist, und warum man so gutgläubig war, der Firma neben den großen Arbeiten in der Hauptstadt auch noch das Parkhaus in Los Llanos anzuvertrauen. - Irgendwas reicht da komisch und immer wenn es um öffentliche Großbauten geht, ist meist vieles ganz anders, als es oberflächlich erscheint. - Bei Tiefgaragen sowieso…



Samstag 14.07.07 - 17:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 68 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 25,4 Grad - niedrigste Temperatur 18,6 Grad

Es kracht, es zischt, zu seh'n ist nischt

La Palma, später Samstagnachmittag, ein Urlauberpaar rollt im Mietwagen durch die leere Hauptstraße eines kleinen Dorfes. Plötzlich gibt es einen lauten Knall. Erster Gedanke: Reifenpanne. Der versierte Autofahrer zieht den Wagen vorsichtig rechts ran und hält an. Unter Einhaltung sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen verläßt er das Fahrzeug, um den Schaden in Augenschein zu nehmen. Seine erschrockene Beifahrerin läßt er auf dem Beifahrersitz zurück. Mit kritischem Blick umrundet er das Auto und stellt erstaunt fest: Nix passiert, alle Reifen intakt. Was ist geschehen?

Nun, die guten Leute haben soeben eine der kleinen Vorlieben der Palmeros kennengelernt, die bei uns Mitteleuropäern so manches Mal für eine Überraschung sorgen. In diesem Fall handelte es sich um einen Böller. Denn Böllern ist des Palmeros liebster Lärm. Er böllert gern und ausgiebig, zu jeder Tages- und Nachtzeit und aus jedem möglichen Anlaß. Geburt, Geburtstag, Taufe, Hochzeit, bei sämtlichen Feierlichkeiten scheint das Schwarzpulver eine wichtige Rolle zu spielen. Dazu kommen dann noch alle weltlichen und kirchlichen Feste. Und von denen gibt es hier viele.

Was nun die Anzahl und die Größe der Böller angeht, darüber kann ich auch noch keine Aussage machen. Fakt ist nur, daß es da Unterschiede gibt. Mal macht es leise "Peng", mal donnernd "Krawumm!!!". Mal tut es nur einen einzelnen Schlag, mal donnert eine derart gewaltige Salve, daß die Kanarienvögel reihenweise von der Stange kippen. Und immer kommt es für Außenstehende völlig unvorbereitet. Ein Wunder, daß die Infarktsterblichkeit noch keine größeren Ausmaße erreicht hat. Wobei ..... bezüglich der Palmeros muß ich mich vielleicht doch nicht wundern (Siehe Bericht: Die Qual vor der Wahl).

Zusätzlich zu den ganzen privaten und offiziellen Böllern gibt es hier hin und wieder auch mal ein echtes Feuerwerk. Meist im Anschluß an irgendeine Fiesta oder Romeria. Und da Bea ein Feuerwerksfan ist, freut sie sich immer, wenn sie eins sehen kann. Nur leider wissen wir nicht immer, wann und wo gerade wieder ein Feuerwerk abgebrannt wird. Wir hören es dann oft, bevor wir es sehen. Allerdings ist das, was man zu hören meint, oft nicht das, was man hört. Und so sprinten wir dann hin und wieder in Erwartung eines Feuerwerks auf die Dachterrasse, nur um dann festzustellen, daß das, was wir gehört haben, lediglich ordinäre Böller waren.

Besonders frustrierend für die Beobachter und erst recht für die Veranstalter eines Feuerwerks ist es aber, wenn sich zum geplanten Abschußtermin eine von diesen hundsgemeinen tiefliegenden Wolken direkt über die Abschußrampen schiebt. Da steigen dann die schönsten und kostspieligsten Raketen in den Nachthimmel, und ...... nichts. Mit leisem "Plopp" oder lautem "Bumm" verglühen sie ungesehen in der Wolke. Da bleibt es dann allein der Phantasie der Zuschauer überlassen, was sie alles am Nachthimmel hätten sehen können. Und mir fällt dabei immer diese olle Kamelle ein: Es kracht, es zischt, zu seh'n ist nischt.




Samstag 14.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 75 % Luftdruck 1015 hPa

Bombyx morti

Da hat doch sicher der eine oder andere schon wieder die Korrekturhaltung angenommen und will mich gerade verbessern, Bombyx mori heißt der Seidenspinner, der Siebold spinnt mit seiner Seide. - Nun sind sie aber tot, die Bombyx und dann wird aus mori eben morti. - Dieses Jahr haben wir unsere Kokons nicht weggebracht um die Seide zu gewinnen, sondern lassen die Tiere mal den ganz normalen Zyklus weiterleben, ob aus Zeitmangel, Interesse an Experimenten, oder einfach Menschlichkeit (Falterigkeit würde man mir ja wieder verbessern), das lassen wir mal dahingestellt, es war wohl eher ein Mix aus allem. - 8 Wochen Fressen als Raupe, dann eine Woche Seide produzieren um dann, nachdem man den vorher kostbar gesponnen Kokon wieder aufbricht, noch gerade 2 Tage zu leben. - Keine wirkliche win-win Situation und ich muss ehrlich zugeben, ich habe, gemessen an den Vorstellungen eines Seidenspinners, noch weiter reichende Lebenspläne. - Mich machen diese Viecher immer nachdenklich, außer Fressen und Reproduktion geht da nicht wirklich was, da könnte man glatt zu dem Gedanken kommen, lohnt sich denn der Aufwand überhaupt für die 2 dunklen Tage, einmal Sex, wenn man Weibchen ist noch Eier ablegen und dann wartet der Falterhimmel. - Dabei sind die fertigen Falter absolute Kunstwerke, zwar blind, aber wohl die Tiere mit dem besten Geruchssinn überhaupt und so sollen sie sich dann finden. - Flugunfähig sind sie auch noch, sie flattern nur ein bisschen und nutzen ihre Flügel nur dazu, um ihren Geruch zu verbreiten, so wie das die Männer in der Axe-Werbung auch immer machen. - Bei den Faltern funktioniert das übrigens.

Da stellt man sich nun die Frage, ob denn der Bombyx mori, und sicher viele andere Falter auch, eher die Krönung der Schöpfung ist, oder nur ein bemitleidenswertes Fortpflanzungsmonster. - Die Krönung der Schöpfung wäre ja auch erreicht, wenn es als einziges Ziel um die Artenerhaltung geht und das macht der Bombyx ja in konsequenter Weise. Kein jahrelanges Rumzicken um Philosophie oder Lebenssinn, kein Aufwand weiter wie Infrastruktur oder Kultureinrichtungen, ein paar mal Flattern, einmal kopulieren und das war´s dann auch mit der Arterhaltung. - Da könnte ja unter Umständen sogar die katholische Kirche auch noch daran interessiert sein, da will man ja auch am liebsten nur fortpflanzungsorientierten Geschlechtsverkehr. - Nicht gleich exkommunizieren dafür, nur ein bisschen freier denken, es geht doch um die Frage, ob wir mit unseren hunderttausend Notwendigkeiten die wir mit dem Leben verknüpfen, nicht vielleicht ein bisschen evolutionsresistent sind. - Nur da drehen wir uns jetzt wieder im Kreis, irgendwo haben die Aminosäuren, oder eben der Liebe Gott, dem Menschen ja die Möglichkeit gegeben, sich selbst zu beobachten und in manchen Fällen sogar die Fähigkeit, darüber nachzudenken. - Ob das ein Geschenk ist, oder eher ein Fluch, das mit dem Beobachten und Denken, das ist hier die Bombyx-Frage. - Ich habe das mit Paul diskutiert, wobei er nun ungern über Sex spricht, das ist ihm zu peinlich, aber wir sind der klaren Auffassung, die Seidenspinner spinnen nicht, sondern eher die Katze und ganz sicher der Mensch. - So viel Aufwand für das bisschen Fortpflanzung, effizient ist das nicht gerade, aber irgendwie doch schöner, man muss nur was daraus machen und dabei kann nachdenken manchmal hinderlich, zumindest aber suboptimal sein. - In diesem Unsinn, ein schönes Gedanken freies Wochenende…


Bombyx mori, der Seidenspinner


Bombyx mori, der Seidenspinner



Freitag 13.07.07 - 17:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 68 % Luftdruck 1015 hPa
Höchsttemperatur heute 25,9 Grad - niedrigste Temperatur 18,5 Grad

King und Queen auf dem Roque

Gut, König ist Felipe noch nicht, und eigentlich kommt auch nicht die Queen, sondern Dr. Brian May, aber ganz so verkehrt ist das Wortspiel nun wieder auch nicht. - Was, Sie kennen Dr. Brian May nicht, den bekannten Astrophysiker? - Liegt vielleicht daran, dass er zwischendurch mal mit Freddy Mercury Musik gemacht hat und dort als Queen-Gitarrist und Songschreiber wohl berühmter wurde, als er es in der Astrophysik ist. - So wird aber eine Gitarre daraus, oder meinetwegen ein Schuh, warum Dr. Brian momentan auf La Palma weilt und heute Abend zusammen mit seiner Majestät, dem Prinz von Asturien Don Felipe de Borbón, als erster das größte optische Spiegelteleskop der Welt mit in den Probebetrieb nimmt. - Das Grantecan ist nach gut siebenjähriger Bauzeit fertig geworden und kann heute Nacht das "Erste Licht" erspähen, so nennt man wohl den Vorgang, wenn man einen etwas größeren Feldstecher das erste Mal auf die Sterne richtet. Grantecan heißt Gran Telescopio Canarias und ist mit einem Primärspiegeldurchmesser von 10,4 Metern wirklich das größte seiner Art auf der Welt und da darf man mit illustrem Besuch nicht zaudern, da muss auch großes Kaliber angefahren werden. An die dreihundert Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik sind geladen, dazu noch Presse bis zum Abwinken, da heißt es zusammenrücken auf dem Roque, dass keiner dem Prinz auf den Fuß tritt.

Der Prinz kommt mit dem Hubschrauber, die anderen, unter denen auch ein Minister aus Madrid ist, sowie Staatssekretäre, dazu der gerade gekürte Regierungspräsident der Kanaren und alles was unbedingt noch auf das Gruppenphoto mit King und Queen wollte, und wer eben die entsprechenden Beziehungen hat. - Für Sie und mich, als Otto und José Normalverbraucher, bleibt so die Zufahrt auf den höchsten Berg der Insel heute gesperrt, ist vielleicht auch besser so, da würde dann solch ein Gedränge herrschen, dass man Angst haben müsste an den Rand der Caldera gedrückt zu werden. Da geht es weit hinunter und wir wollen doch unseren Weltrekord ohne Probleme und totes Proletariat feiern, wir können ja später auch noch hochfahren. - Es gibt ja auch noch, vielleicht bereits im kommenden Jahr die echte und wirkliche Einweihung, denn bis man die 36 Spiegelelemente exakt justiert, und alle Technik zum Laufen gebracht hat, vergeht mindestens noch mal ein Jahr. - Dann, zur echten Einweihung hat uns Dr. Brian May auch ein Grantecan-Ständchen versprochen, ob er heute, beim "Ersten Licht", vielleicht mit Felipe im Duett "We are the champions" anstimmt, das konnte nicht bestätigt werden. - Die Champions sind wir sowieso und leider wissen nicht alle, auch nicht alle Politiker und Verantwortliche hier auf der Insel, welch großes Potential für La Palma erwächst mit der absoluten Spitzentechnologie in der Astrophysik. Daraus kann man noch viel mehr machen und das könnte auch eine Säule eines Zukunftsprojektes für diese Insel sein. Wie wäre es denn, wenn man hier nach La Palma, an den ersten Standort der Astronomie auf der Nordhalbkugel, auch eine Fakultät bringen würde? - Es gibt so viele Ideen und Möglichkeiten, man müsste nur mal ein bisschen mutiger werden in Sachen Zukunft. - Übrigens kann man die Zeremonie, also wahrscheinlich auch King und Queen im Internet mitverfolgen, das geht ab 19:00 Uhr kanarischer Zeit, also 20:00 in Mitteleuropa unter folgendem Link: www.telefonica.es/gtcprimeraluz. Gegen 23:00 Uhr soll man dann auch das "Erste Licht" erspähen dürfen. Allerdings kann man sich auch vorstellen, dass da so viele gucken wollen, dass die Server der Telefonica Schürfwunden an den Knien davontragen werden. Aber ausprobieren muss man das.



Freitag 13.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 20 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 75 % Luftdruck 1015 hPa

Neue Zeiten?

Jetzt ist es raus, der Juan Ramón ist aus dem Sack, auch im neuen Provinzparlament bestimmt ein Palmero über das Ressort Transport und Infrastruktur. - Ich will Sie damit nicht langweilen, aber immerhin geht es um die unnötige Autobahn durch dieses Weltbiosphärenreservat, welche Juan Ramóns Vorgänger, der illustre Asphalt-Toni, Antonio Castro Cordobez, bis zuletzt aufmerksam verteidigt hat. - Ohne diesen umstrittenen Verkehrsweg käme La Palma nicht ins 22. Jahrhundert und ein Verkehrskollaps wäre die Folge. - Ich durfte ja gestern meine drei Frauen zum Flughafen fahren und konnte mich auf einer fast autofreien Straße erneut davon überzeugen, dass es einfach nur Blödsinn ist, von einem drohenden Verkehrsinfarkt der Ost-West Verbindung auf der Insel zu sprechen. - Die von der Coalición Canaria gewünschte Autobahn von Santa Cruz nach Tazacorte kann man nicht wirklich mit Notwendigkeiten erklären, es würde ganz einfach nur schneller gehen und passt in das Prestigedenken dieser Partei, die Fortschritt immer noch am besten durch Kubikhektometer an verbrauchtem Stahlbeton misst. - Die Beispiele dafür sind fast unendlich, aber die wirklichen Anforderungen der neunen Zeit an uns, die hat man dort noch nicht begriffen, oder will dieses nicht tun, weil eingefahrene Wege auch immer zu den gleichen Futtertrögen führen. - La Palma braucht seit locker zehn Jahren endlich einen deutlichen Strukturwandel, der auf keinen Fall heißen kann, die bereits auf anderen Inseln begangenen urbanistischen Fehler zu kopieren und auf konventionellen Tourismus zu setzen und an einer ebenso überholten Agrarpolitik festzuhalten.

Ohne Landwirtschaft kann La Palma nicht funktionieren, aber wir können doch das drohende Aus der Hilfen für die Bananen nicht einfach "wegwählen", so wie man es theoretisch auch mit gescheiterten Politikern machen könnte… Die Globalisierung hat aber wenig demokratische Züge und wir müssen uns sputen, da noch einen wenig beachteten und umkämpften Nischenplatz zu belegen, der unsere wenigen Möglichkeiten und Ressourcen nicht über die Maßen strapaziert. - Leider haben wir immer noch keine langfristigen Pläne, subventionieren aber Jagdvereinigungen und die geben Geld für die Wiederinbetriebnahme von ehemals verlassenen Weinfeldern aus, obwohl uns die nicht verkäufliche Überproduktion bereits wieder aus den Ohren quillt. - Da, wo die Coalición Canaria uns hin entwickeln will, da ist kein Platz für eine ländlich geprägte Gesellschaft, die sich nur aus einer sicheren Basis heraus weiter entwickeln kann. - Da, wo die Coalición Canaria uns hin entwickeln will, da sind keine Käufer für unsere Produkte, denn ein bisschen Bio reicht nicht aus um glaubhaft zu sein und eine potemkinsche Weltbiosphäre hinter 5 Golfplätzen, an die 7 Jachthäfen und noch mal 10 Hotels ist nichts weiter als eine ungereimte Farce. - Abgesehen davon, dass wir damit in direkte Konkurrenz zu anderen touristischen Destinationen gerückte werden, die zwar nicht alles besser können, aber sicher billiger. - Wir wollen aber das politische Schlitzohr Juan Ramón Hernández nicht bereits vor dem Morgen schelten, er muss die Zeit bekommen sich zu positionieren und dann werden wir wohl sehen, ob der in seiner Heimatstadt Los Llanos so verehrte Politiker auch die notwendige Weitsicht mitbringt. Oder sollte ich einfach an seinen gesunden Lokalpatriotismus appellieren, denn solch eine Zukunft kann sich doch kein Palmero für seine schöne Insel wünschen. - Lange können wir es uns nämlich nicht mehr erlauben, so zu tun, als sei alles in Ordnung und Gott, die Globalisierung, immerwährendes Wachstum und die EU würden ihr schützendes Händchen und Geldbeutelchen andauernd und fast schon nachhaltig über uns halten. - Allerdings kann ich Ihnen versprechen, Gott macht dabei die wenigsten Zicken. - Ánimo Juan Ramón, wir brauchen Zukunft und keine Autobahn.



Donnerstag 12.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 26 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 65 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 26,6 Grad - niedrigste Temperatur 18,4 Grad

San Juan, heute ist der 12. Juli 1949

Die Beobachtung der Llano del Banco Spalte wurde heute Morgen abgebrochen, nachdem sich die Anzeichen für einen Ausbruch in der Kammlage verdichteten. Die Spalte hatte sich weiter nach oben geöffnet, weil sich unterhalb bereits Barrieren aufbauten, über die sich der Lavastrom in Kaskaden ergoss. Heute war der fünfte Tag, und mit jedem Tag nahm der Ausstoß zu. Die Konsistenz hatte sich jetzt zu sehr heißer dünnflüssiger Lava gewandelt.

Rubens war mit Ramón nördlich der Spalte in Position gegangen. Hier war das Gelände flach, und die Lava hatte einen Wall vorgeschoben, hinter dem sich ein See gebildet hatte, dessen Spiegel stetig anstieg. Rubens sprach seine Bedenken aus und forderte damit Schaulustige dringend auf, sich zurückzuziehen. Vielleicht würde hier ein weiterer Auslauf nach Nordwesten entstehen.

Ein schwerer Erdstoß erschütterte den Berg. Sie hatten sich bereits auf die Nordseite der Magdalenas begeben und trafen in der "Basis" auf zwei der Beobachter, die von Pablo entsandt waren. Auch er hielt wie Rubens einen Ausbruch zwischen El Fraile und Los Charcos für wahrscheinlich, weil der Schlot am Deseada, zwischenzeitlich als Volcan Duraznero eingeordnet, nicht mehr aktiv war und starke Entgasungen weiter nördlich aus den Rissen traten.

Die Gruppe befand sich unweit der Rückzugposition, als ein starker Stoß durch den Berg lief, dem wenige Minuten später eine gewaltige Detonation folgte. Der Berg wankte!
Hinter Los Charcos wurde im Lavafeld Hoyo Negro die Flanke nach Westen weggesprengt, und der Gasausbruch dröhnte seinen Donner in den Himmel. Die Explosion war derart laut, dass sie noch im Norden La Palmas mit Schrecken wahrgenommen wurde. Über dem Berg vor ihnen sah die Gruppe die ersten Fetzen und Spuren von Staub, und dann nahm der Donner ein dunkleren grollenden Ton an, und die Eruptionen jagten gewaltige Staub- und Schlackewolken in den blauen Himmel. Der Hoyo Negro Ausbruch war stärker und intensiver als der des Duraznero. Nach wenigen Stunden verfinsterte sich der Himmel, ein "Regen" aus Staub überschüttete wieder den Westen und Süden der Insel, und die Schwaden zogen in der Abenddämmerung hinaus über das Meer und glätteten alles mit einer grauen Schicht. Wieder stand eine dunkel drohende Wolke am Nachthimmel, über dem flackernden Licht der andauernden Eruptionen - und der Donner grollte vom Berg.


Im Inneren des Hoyo Negro



Donnerstag 12.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 20 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 69 % Luftdruck 1015 hPa

Böse Vorahnungen

Es ist wieder mal so weit, heute ist Drachenflugtag, soll heißen, unsere drei Frauen fahren in den wohlverdienten Sommerurlaub. - Unsere drei Frauen deshalb, weil Paul seit vorgestern völlig von der Rolle ist und es unbedingt verhindern will, dass der weibliche Teil unseres Familienverbundes für mehr als zwei Wochen einfach verschwindet. - Ich mag diese Geschichten überhaupt nicht, von wegen Tiere haben Vorahnungen oder so, muss aber zugeben, dass Paul ganz genau zu wissen scheint, was die nächsten Wochen passieren wird. - Während man mich ja rein durch sprachliche Zuwendung beruhigen kann, frei nach dem Motto, du schaffst das schon, bleibt für Paul nur der Weg des großen Leidens. - Allerdings möchte ich da schon auch ein gewaltiges Stück Theatralik vermuten, denn die Welt geht nicht unter und auch wenn ich mit eher einseitiger Diät diese härtesten Wochen des Jahres angehe, bislang hat Paul doch diese Tage allein mit mir immer gut überlebt. - Seit den Katzenfutterwaffenstillstandverhandlungen im Juni 2006 habe ich ja versprochen, seine Vorräte nicht mehr anzutasten, sondern mich ausschließlich mit Menschennahrung über die Wochen zu schleppen.

Das einzige Problem dabei ist, ich gehe so ungern einkaufen und kann mich in diesen großen Hallen des Konsums, die meist Supermercado genannt werden einfach nicht konzentrieren. - Meine Frau war da wieder mal vorausblickender und hat mir einen Plan gezeichnet, wie ich denn auf schnellstem Wege die vier wichtigen Posten im Laden mit dem Streitwagen abfahren kann, ohne mich für immer in den Hallen des Überflusses zu verlieren. - Gleich nach dem Eingang geradeaus, nach 21,2 Meter kommt linker Hand das Regal mit dem Katzenfutter. - Immer mindestens vier Dosen, und in den Wagen legen und nicht daneben steht noch auf dem Zettel und auch noch, ich solle nicht wieder gleich jede Dose aufmachen und probieren. - Jetzt wird es etwas schwieriger, denn nun kommen links und rechtes verwirrenden Abzweigungen, aber ich soll mich weiter geradeaus halten, bis mich der gedämpfte Aufprall auf das Regal mit dem Mehl und dem Gofio zu einer Richtungsänderung zwingt. - Rechts steht da in große Lettern auf dem Überlebensplan, etwa 80 Grad nach Nordost, immer die Pfosten geschickt umfahrend, dann müsste ich direkt vor dem Regal mit dem Speck stehen. - Auch wieder in den Wagen legen, nicht daneben, dann soll ich mich am gleichen Regal zurückhangeln, bis mir die Umgebung wieder vertraut erscheint, sie meint damit die Getränkeabteilung. - Kasten Bier wird von mir selbstständig erkannt und den habe ich auch noch nie daneben gestellt, sondern immer auf den Speck und das Katzenfutter. - Jetzt wird es schwierig und ich richte mich nun nach Kompass und GPS-Gerät, der Fluchtpunkt Kasse ist dort bereits als Ziel installiert, ich darf nur nicht wieder vergessen den Wagen mit zu nehmen, auch wenn dieser sich als eigentliches Bewegungshindernis erweist. - Mit den Kassiererinnen hat meine Frau noch abgesprochen, dass sie mir keine verwirrenden Fragen stellen sollen, nach Wechselgeld oder ob ich den Kasten nicht aus dem Wagen heben sollte, die netten Frauen dort wissen, was sich unter dem Bier versteckt und können den Barcode von Katzenfutter und Speck bereits auswendig. - Der Rest ist nicht mehr so schwer, das Zeug muss in mein Auto und wenn ich daran denke, nicht den kompletten Einkaufswagen auf den Pickup zu hieven, dann komme ich mit dem stolzen Einkauf ziemlich unbeobachtet sogar bis nachhause. - Die spätere Verteilung der erworbenen Lebensmittel übernimmt eh der Paul und wenn der was übrig lässt, dann gibt es später leckere lauwarme Speckscheiben. - Noch sind meine Frauen nicht weg und schon geht das Klagen los. - Das kann nur noch schlimmer werden und auch wenn Paul alles versucht hat, sich in den Koffer zu schummeln, es stehen uns harte Zeiten ins Haus, die nur mit erprobten Männerfreundschaften erfolgreich gemeistert werden können. - Meinen Frauen wünsche ich einen wunderschönen Urlaub…


Beiladung



Mittwoch 11.07.07 - 17:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 27 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 62 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 27,3 Grad - niedrigste Temperatur 18,5 Grad

San Juan, heute ist der 11. Juli 1949

Es hatte heute Erdbeben gegeben und jedes Mal brach ein Schwall von Lava aus dem Berg. Wir saßen zusammen im Garten. Mutter regelte alles wie gewohnt und sorgte für gute Gedanken. Das war Ihre ganz große Fähigkeit. Großvater Manuel hatte sich daraufhin in die Stadt begeben, um zu hören, ob es eine Hilfe für die betroffenen Familien geben werde. Großmutter glättete Strohhalme und sang Lieder. Tante Almodena und Onkel Gregorio waren in Argual, um die Wäsche zu machen. Ich wartete auf eine Erlösung. Ich dachte an die Tauben, sie kamen um, weil sie immer wieder versuchten, ihr Haus zu finden.
Und da stand Francisco im Garten, wie immer - vielleicht war ein Kaffee zu bekommen. Ich erzählte gleich von Onkel Gregorio, und Francisco lachte und fand seinen Bruder unschlagbar. "Pass mal auf, Carlo, ich habe hier eine Fuhre Kalk für die Hacienda. Du läufst nach Argual und sagst Gregorio, dass ich ihn dort abhole, und dann fahren wir zusammen mit dem Boot nach Puerto Naos." "Da will ich mit", bestimmte Mutter. "Du holst mich hier ab, und dann bekommst du deinen Kaffee!"

Vom Wasser aus war alles nicht so schlimm. Der Strom hatte zugenommen und sich am Roque de Molino wieder gesammelt, um in die Tiefe zu stürzen. Oben am Hang über Bombilla öffneten und schlossen sich Mäuler, die ihre Lava ausspien. Onkel Gregorio fuhr dicht an die Küste. Der Strom wandte sich bei Bombilla nach Norden und glitt in den Ozean. Ich dachte mir aus, dass die Lava das Wasser sucht, weil beide zusammengehören. Es passierte auch nichts, keine Explosion, die Lava verschwand in der Tiefe und hinterließ nur einen Streifen dampfender Küste. Oben am Hang öffneten und schlossen sich die Mäuler. Manchmal schoss ein Strahl in die Tiefe, hier und da liefen eilige Rinnsale und dann wieder baute sich eine Wand auf, aus deren Mitte sich ein riesiger Ballon hinausblähte und im Sturz zerfloss. Es stürzte und stürzte, an anderer Stelle floss ein stetiger Fall dünnflüssiger Lava. Sie verschwand in dem Gebirge von Krusten, das plötzlich einbrach und einen breiten Strom mit treibenden Lavaschollen in den Ozean entließ. Wir blieben bis zum Abend. Über Bombilla wanderten die Gluten, und rosa Dampf zog den Hang hinauf. Über ein still ächzendes und knisterndes Ungeheuer, aus dem Las Hoyas geboren wurde.


Lava und Meer



Mittwoch 11.07.07 - 09:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 80 % Luftdruck 1015 hPa

Schlagzeilen

Sommerloch, Saure-Gurken-Zeit, oder wie immer man will. - La Palma tut sich schwer in die Presseschlagzeilen zu kommen, wir sind für die meisten Nachrichten einfach viel zu langweilig. Leider hat sich ja im kompletten journalistischen Sektor eine Unart breit gemacht, die Anzahl der Toten bestimmt den Wert einer Meldung. In der Lokalpresse ist das noch ein bisschen anders, aber da beschränkt sich ja auch die Zahl der Leser auf ein genau begrenztes Publikum. - Nachrichten sind insgesamt zu einer Aneinanderreihung von Katastrophen verkommen, positive Meldungen nehmen nur noch einen Kuriositätsfaktor ein. Und wenn man nicht mit Masse punkten kann, weil einfach nicht genügend Leute gestorben sind, dann packt man noch ein bisschen Grausamkeit dazu oder Leichenfledderei und schon wird wieder eine fast-media-food kompatible Geschichte daraus und erhält Sendezeit, oder einen guten Platz im Journal. - Wir müssen da nicht mit dem Finger auf irgendein Land zeigen, da tut sich zwischen der Presselandschaft in Mitteleuropa oder unserer hier nicht wirklich viel, dead sells. - Allerdings muss auch noch beachtet werden, dass es qualitative Unterschiede gibt. - Wie viele verhungernde Schwarzafrikaner machen einen perfiden Mord im Promi-Dschungel wett, oder warum weiß jeder, dass eine stinkreiche Blondine ein paar Tage im Knast saß, aber kaum jemand, dass seit über zehn Jahren immer noch marokkanische Soldaten von Polisario-Kämpfern in der Sahara gefangen gehalten werden. - Ich frage mich dabei immer wieder, ist das so, weil wir das lesen oder wissen wollen, oder bestimmt da jemand, was wir lesen oder wissen sollen, denn eigentlich ist die Geschichte um die blonde Dumpfbacke ja nicht wirklich geeignet, der Menschheit evolutionäres Gedankengut näher zu bringen. - Was hat das alles jetzt mit La Palma zu tun? - Ganz einfach, wir sind auch mal wieder in den Schlagzeilen, dieses Mal nicht in den mitteleuropäischen, deshalb haben Sie nichts davon mitbekommen.

Der spanische Canal +, unsere Antwort auf Premiere, hat vor ein paar Tagen mal wieder den La Palma-Tsunami entdeckt und die gesamte Ostküste des Amerikanischen Kontinents überschwemmt. - Sie kennen doch die Geschichte, große Teile des Cumbre Vieja Komplexes lagern auf einer instabilen Schicht und es ist möglich, dass ein starkes Erdbeben oder ein Vulkanausbruch die Flanken des Vulkans ins Rutschen bringen könnten. - Das ist Fakt, die Wissenschaft kennt das Problem, nur weiß man halt nicht, wann und in welcher Intensität da Landmasse ins Rutschen kommen könnte. Unzählige Veröffentlichungen gibt es darüber bereits und immer wenn der Sommer kommt, dann kommt auch wieder unsere Cumbre Vieja ins Gespräch, als größte anzunehmende Naturkatastrophe, gleich unter einem Artikel über die Depressionen einer Blondine im Knast. - Dabei ist niemals das Thema, ob wir hier auf La Palma vielleicht Angst haben könnte und wie wir uns eigentlich fühlen, sondern immer nur, welchen Schaden unsere geliebte Insel anrichten könnte, wenn alles so schlimm kommt, wie man sich nur irgendwie vorstellen kann. Erst dann wir es interessant und kaum ein Artikel oder eine Meldung über das völlig normale Phänomen, dass Land ins Meer rutschen könnte befasst sich damit, was eigentlich alles passieren muss, dass es zu so einem Ereignis kommt. - Ganz lustig dabei finde ich immer wieder, dass man nur davon spricht, die Westseite der Cumbre Nueva könnte abrutschen, nie spricht man davon, dass es auch die Ostseite sein könnte. - Das kann aber genau so gut sein, auch da liegen große Gesteinsschichten auf einem instabilen Untergrund, aber sollte die Ostflanke ins Meer rutschen, dann erwischt es ja nur die Kanaren und Afrika und das ist dann nicht so interessant. - Nun schwappt die Hysteriewelle aber aus dem Fernsehen auch noch in die Presse, man hat einen brasilianischen Hellseher gefunden, der den Abbruch der Westflanke der Cumbre Nueva auf den November 2013 datiert. - Endlich mal ein Datum, die Wissenschaftler drucksen ja immer so rum mit zwischen 100 und 100.000 Jahren oder vielleicht sogar nie und vielleicht rutscht auch nur ein bisschen ins Meer und erschreckt nur ein paar Fische. - Auch schlechte Presse ist Presse, sonst schreibt ja keiner über uns und nun können wir ja allen getrost sagen, bis November 2013 kann man auf La Palma prima Urlaub machen, danach empfehlen wir Sibirien. - Wenn dann wieder nichts passiert, dann müssen wir uns etwas Neues ausdenken, damit wir überhaupt noch wahrgenommen werden. Ich hätte da schon eine Idee, wir bauen einen Promi-Knast mit angeschlossenem Pressezentrum und versteckten Mikros und Kameras neben der Toilettenschüssel und schon berichtet man jeden Tag und 24 Stunden über diese Insel. - Je länger ich darüber nachdenke, umso sympathischer wird mir wieder die Geschichte mit dem Vulkan…



Dienstag 10.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 26 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 58 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 27,3 Grad - niedrigste Temperatur 20,5 Grad

San Juan, heute ist der 10. Juli 1949

Onkel Gregorio stand in der Tür, und Tante Almodena wusste nicht, was sie glauben sollte, aber dann schwebte sie ihm um den Hals. "Gregorio, wo kommst Du her?" - "Aus Las Manchas, ich habe am Turnier teilgenommen". - "Turnier... hör mit den Witzen auf, die Zeit ist nicht danach." Aber Onkel Gregorio erzählte und meine Augen hingen an jedem Wort. Bis Jedey hatte ihn ein Freund mitgenommen, dann war er bis San Nicolas gelaufen, und sah sich die Lavaberge an. Unten lag das schwarz verrauchte Las Manchas, und oben auf dem Lavaberg über der Strasse stand ein Mann, und dann tauchte ein zweiter auf. "Was machen die da, sind die verrückt?!" - "Aber nein, die laufen hin und her auf die andere Seite und zurück!" Einer von Männern kam zu Ihnen und meinte, es sei nicht ganz ungefährlich, aber nun wieder auch nicht so schlimm, als dass einer es nicht schaffen kann: "Der Fluss ist unten, es ist nur heiß. Du musst Dir dicke Schuhe zulegen, dann geht es - und eine Stange." Gregorio sah wieder zwei junge Männer auftauchen. Eine der Stangen qualmte, er hatte Autoreifen in passende Stücke zurechtgeschnitten und unter seine Schuhe gebunden. Gregorio kannte ihn. "Hier, nimm die, du musst sie mit Draht festbinden, und da liegen einige Stangen! - Dann gehe ich mit Dir rüber. Einmal war es nur kritisch, aber Du siehst, ich bin immer noch nicht durchgebraten!" Gregorio fand sich unversehens im Lavafeld wieder und verfluchte seinen Entschluss. Unter ihm spürte er den glühenden Strom. Wenn hier etwas aufbrach, war er verloren. Blitzgedanken. Er setze die Stange und sprang dem Jungen vor ihm nach. "Pass auf, hier ist es dünn! Du musst nicht stehen bleiben, schnell, schnell!" Dann waren sie auf der anderen Seite. Gregorio konnte es nicht fassen, und boxte dem Jungen in die Brust. "Du bist wahnsinnig, aber ich auch!", dann lief er los und lief und lief. Ein Militärfahrzeug brachte ihn nach Los Llanos.


Vulkanologische Karte



Dienstag 10.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 21 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 44 % Luftdruck 1017 hPa

Leichen im Keller

Für manche kommt das alles zu spät, für andere sogar zu früh. - In Fuencaliente hat man letztes Jahr damit begonnen, die Gräber von Bürgerkriegsopfern freizulegen und hat nun insgesamt bereits acht Körper gefunden. - Es gibt da eine Geschichte, oder soll man besser sagen historische Begebenheit, welche auf ein Gemeinschaftsgrab mit mindestens dreizehn Opfern des Franco-Regimes hindeutet, man spricht dabei von den dreizehn von Fuencaliente, eben "Los Trece de Fuencaliente". Dort sollen, im Wald oberhalb des Ortes, unbequeme Kritiker verscharrt worden sein und nur ganz wenige wussten darüber wirklich Bescheid, was dort und vor allem auch wo, im Januar 1937 geschah. - Da es nur noch ganz wenig Zeitzeugen gibt und eigentlich niemanden, der wirklich dabei war, außer vielleicht ein Täter, der sich natürlich heute nicht zu erkennen gibt, war man auf ganz vage Aussagen angewiesen, konnte aber tatsächlich bereits nach kurzer Suche die ersten menschlichen Knochenreste finden. - Was aber bis heute nicht klar ist, ob es sich in den Gräbern tatsächlich um die 13 Vermissten handelt und ob das nicht doch alles ganz anders war.

Man war aufmerksam und vorsichtig genug, die Ausgrabungen Profis anzuvertrauen, wer sich nicht mit archäologischen Grabungen auskennt, der findet vielleicht Knochen und andere Reste, kann aber diese nicht korrekt zusammensetzen und schon gar nicht wissenschaftlich analysieren. - Erst drei der Opfer konnten identifiziert werden, anhand von DNS Vergleichen mit noch lebenden Angehörigen, von den 5 weiteren Körpern weiß man weder wer diese waren, noch wie sie da hingekommen sind. - Das erwartete Massengrab der 13 von Fuencaliente muss so zumindest teilweise erstmal als Geschichte der Geschichte betrachtet werden, so wie man sich das damals zugemunkelt hat, so kann es nicht gewesen sein. - Jetzt droht auch noch das Geld knapp zu werden, diese Woche kann noch gegraben und analysiert werden, dann sind alle Mittel aufgebraucht, welche die Inselregierung bereit gestellt hat, für die Suche nach den Verschollenen. Inzwischen gibt es aber eine Sprecherorganisation der Bürgerkriegsopfer, die nennt sich "Asociación para la Recuperación de la Memoria Histórica de La Palma", was einfach bedeutet, "Verein zur Wiedererlangung des historischen Gedächtnis La Palmas". - In diesem Verein sind meist Angehörige einiger Opfer aus der Bürgerkriegszeit versammelt, welche, natürlich auch aus eigenen Interessen, eine komplettere Aufklärung der damaligen Ereignisse wollen. - Ob die Inselregierung weiter die Ausgrabungen sponsert, das ist noch nicht raus, das hängt wohl auch sehr davon ab, wie groß das öffentliche Interesse an der "Wiedererlangung des historischen Gedächtnis ist." Bislang wird kräftig über die Ausgrabungen dort im Süden der Insel berichtet und noch gibt es genügend Aufmerksamkeit. Allerdings fürchtet man sicher die möglichen Kosten. Man möchte ungern einen Präzedenzfall schaffen und immer alle Grabungskosten übernehmen, wenn irgendwo auf der Insel wieder Gräber vermutet werden. Die Vereinigung der Opfer will notfalls bis nach Madrid gehen und dort Geld locker machen, man erhofft sich natürlich von den dort regierenden Sozialisten mehr Rückhalt um mögliche Aufklärung der Vorkommnisse ab dem Jahr 1936. - Wie viele Leichen wir noch im Keller haben, das weiß niemand und viele sagen inzwischen auch, wir wollen es gar nicht mehr wissen, weil eine echte und komplette Aufklärung inzwischen unmöglich geworden ist.



Montag 09.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 65 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 26,4 Grad - niedrigste Temperatur 17,7 Grad

San Juan, heute ist der 9. Juli 1949

Um die Mittagszeit kam Francisco in den Garten: "Manuel, Manuel!" Wir aßen gerade etwas unter den Avocado-Bäumen. Mutter hatte dort eine Sitzgruppe aufgebaut, weil mein Vater gesagt haben soll, dass er dort unter den Bäumen im Sommer sitzen wolle - wenigstens einmal noch in seinem Leben. Nun war dort Mutters nordischer Garten, wie sie sagte, und wartete auf Vater.

Francisco bückte sich unter den Zweigen hindurch zu uns hin: "Wo ist Manuel, es geht alles unter!?" - "Er ist heute Morgen schon nach Las Manchas gefahren oder gelaufen, wir wissen es nicht. Es ist alles so schrecklich, wir wagen gar nicht, hinüber zu sehen!" Ich hatte mich sofort hinter Francisco gestellt, vielleicht, um zu verhindern, dass er ohne mich losfährt. "Er kann doch mit", stellte Francisco fest, und Mutter nickte leicht! "Julio ist draußen im Wagen." Ich griff mir die Wasserkrucke. "Nehmen wir die mit, Francisco?" - " Ja, das macht sich gut, ich glaube nicht, dass wir in Las Manchas noch Wasser finden werden."

Julios Vater saß auch im Wagen. Er sah müde aus und sagte nichts. Wir fuhren nach Todoque. Auf dem Hang oberhalb von San Nicolas standen Rauchfahnen. Sie nahmen sich fast zart aus vor den Schwaden, die über dem Berg hingen. Immer noch jagte der Vulkan seine Wolken in die Höhe. In Todoque war alles grau von Staub. Soldaten stapften herum und waren auch grau. Irgendwo ging es nicht mehr weiter, und wir liefen mit Julios Vater durch die Felder. Francisco war mit seinem Wagen wieder zurückgefahren, um ihn bei einem Freund unterzustellen und wollte dann nachkommen. Je höher wir kamen, um so mehr sahen wir Leute auf den Anhöhen.

Oben an der Straße standen Menschen aus San Nicolas und den anderen Dörfern auf der einen Seite und Militärfahrzeuge auf der anderen Seite. Wir sahen zwischen Ihnen einen schwarzen dampfenden Berg auf der Straße, aus dem sich Massen von Lava die Böschung herabwälzten. Es war von hier nicht zu sehen, wohin der Strom lief, aber Julios Vater rannte jetzt los, und wir konnten kaum folgen. Auf unserem Felsen am Callejon stand ein Mann. Wir rannten in die Richtung. Von unten kam jemand gelaufen, das musste Francisco sein.

Der Mann auf dem Felsen war Großvater Manuel. Und was wir dann sahen, ließ uns das Atmen vergessen. Oberhalb von Julios Haus hatte die Lava den Callejon erreicht und kam den Weg herab. Ein Teil floss schon in das Feld unterhalb des Hauses, wo der Stall und die Zisterne lagen. Manchmal blieb alles stehen, und kurze Zeit später platzte das dicke Polster und aus der Zunge schoss ein Strahl abwärts in den Garten. Wie ein Riesenlebewesen kroch die Lava von Terrasse zu Terrasse. Oben schrien Leute. Eine Flut von Lava wälzte sich wieder auf den Callejon zu und über ihn hinweg. Der Weg war schon verschwunden.

Wir hielten immer Ausschau nach oben. Vielleicht würde in unserem Rücken eine Zunge herabkommen. Es passierte alles so schnell, noch nicht einmal Zeit zum Brennen hatten die Weinstöcke, sie wurden umflossen und verschwanden. Jetzt lief die Lava schon unterhalb des Felsens vorbei und hatte Mutters Weinfeld erreicht. Heiße Stille. Das Land starb lautlos. Kein Aufbegehren. Die Glutwalze kam jetzt den Weg herab und staute sich vor Julios Haus. Es knickte ganz langsam ein, dann brannte das Dach, und alles lief über den Hang hinab auf die Zisterne. Großvater Manuel hatte bei diesem Anblick auch sein Haus aufgegeben, Er wandte sich ab und legte Julios Vater beide Hände auf die Schultern: "Wir sind jetzt arme Leute, ganz arme Leute, aber wir leben!" Die beiden Männer blickten sich an, sie waren Nachbarn gewesen und würden Freunde bleiben. "Und wir stehen zu einander!"

Es gab ein dumpfes Geräusch. Irgendetwas brodelte, dann explodierte die Lava dort, wo gerade noch das Haus stand, es zischte kurz, Dampf schoss hoch. Ungläubig starrte Julios Vater auf die Stelle. "Die Zisterne - deine Zisterne ist gerade übergekocht", meinte Großvater Manuel. "das werden wir gleich wieder haben!"

In einer halben Stunde hatte die Lava die Gärten am oberen Callejon überflutet. Jeden Winkel fraß sie in sich hinein und nahm mit, was auf ihrem Weg lag, und es kam immer mehr von der schwarzen, roten, knisternden Masse, die sich auf der vorher ziehenden aufbaute, über alles herfiel, alles verschlang. Dann brannte Großvaters Haus, das Kohlfeld verschwand, das Ungeheuer drang in die Bodega ein, wir hörten wie die Fässer platzten, und auch die Zisterne jagte für einen kurzen Augenblick mit einem dumpfen Knall die Lava in die Flucht. Dann war sie wieder da und begrub Großvaters Lebenswerk.

Francisco schrie auf. Oben hatten Leute Tücher und winkten damit. Ein neuer Strom hatte sich abgezweigt und lief nach Norden. Wir mussten weg von hier und liefen an den anderen Leuten vorbei, die bei ihren Feldern standen und auf ein Wunder hofften. Immer mehr Menschen schlossen sich an, die Lava kam schnell vom Berg herunter, verschwand in den Schluchten, unsichtbar, und schoss dann an anderer Stelle wieder hoch. Oben zog das Militär ab.

Wir standen noch bis zum Abend in Todoque. Es gab zu essen und zu trinken. Die Menschen fanden sich zusammen, sie wurden eine Einheit, hier wurde geflucht, dort wurde gebetet, und immer wieder durchzuckten Erdbeben das Land, aber sie wurden nicht mehr wahrgenommen.
Gegen Mitternacht fuhren wir endlich nach Hause, Las Manchas war nicht mehr.


Lava, von Bernhard van Riel



Montag 09.07.07 - 08:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 18 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 84 % Luftdruck 1017 hPa

Bio Bio

Bio ist nicht mehr muffig, sondern sogar schick! - Das habe ich in den letzten paar Tagen irgendwo mal gehört und sogar den Satz, Bio ist geil. - Es gibt also doch noch Hoffnung, den Versuch sich und andere gesund und ökologisch zu ernähren aus der angegrinsten und muffigen Ecke heraus zu bekommen. Eigentlich ist ja bereits das Gegenteil der Fall, echte Wachstumsraten auf dem Lebensmittelsektor und damit auch mehr Umsätze, und wenn richtig kalkuliert auch mehr Gewinne, macht man hauptsächlich in Sachen Bio. - Dabei ist der gesamte Faktor, ob da jemand schummelt, ist nur eine Detailfrage, aber keine Frage mehr ist, Bio ist im kommen. - Bei uns leben wir ja immer ein bisschen nach dem Motto, bloß keinen Herzinfarkt bekommen und was für andere gut ist, das lassen wir erst mal zehn Jahre liegen, dann sehen wir uns es noch mal an und dann entscheiden wir, ob wir das auch wollen. - Man kann das auch die Gnade der späten Einsicht nennen und wenn man geschickt genug damit umgeht, dann erspart man sich so manche dumme Mode. - Allerdings laufen wir dabei auch Gefahr, so manches Auslaufmodell als Zukunftsmusik zu begreifen, wie das zum Beispiel mit dem konventionellen Tourismus bei uns der Fall ist.

Bio-Produkte gibt es auch auf La Palma zu kaufen, schon ziemlich lange sogar und inzwischen gilt es auch nicht mehr als anstößig, oder als rein ausländisch, sich bewusst zu ernähren. - Leider hält die hiesige Produktion an Bio-Produkten dem wachsenden Umsatz nicht Stand und viele Verbraucher lassen es deswegen auch erst gar nicht auf einen Versuch ankommen, beim täglichen Einkauf zuerst mal nach Bio zu suchen. - Oft ist das Angebot wirklich nicht groß und Händler gehen bereits dazu über, dann lieber Bio-Obst und Gemüse aus Gran Canaria und Tenerife zu importieren, weil man hier oft einfach nicht nachkommt. - Die Inselregierung hat nun ihr grünes Herz mal wieder ausgepackt. Die "Fundación Centro Internacional de Agricultura Biológica (CIAB)", deren Präsident übrigens niemand anderes ist, als unser Inselpräsident José Luis Perestelo, will nun die Bio-Produktion kräftig anschieben auf La Palma. Vorne an steht die Schulung der Landwirte in Sachen Ökologie, aber auch um Werbung und Verkauf will sich diese Stiftung kümmern. - Das kann gut sein, weil man so vielleicht auch die konservativeren Kreise der Landwirte erreicht, die bislang mit Bio überhaupt nichts am Hut hatten, auf der anderen Seite riecht diese Stiftung auch wieder ein bisschen nach Placebo und könnte dafür genutzt werden, den Kritikern der konservativen Landwirtschaftspolitik auf unserer Insel den Wind aus dem Korn zu nehmen. - Seht her, wir machen doch ganz auf Bio, wir sind doch gar nicht rückständig. Man wird also abwarten müssen, ob diese Stiftung "CIAB" wirklich durchschlägt und Dinge bewegt, oder ob es nur als Baldrian für die Volkseele gedacht ist. - Aber bitte erst abwarten und die mal machen lassen, wer zu früh die Flinte ins Korn wirft, der hat dann zu viel Schrot im Brot…



Sonntag 08.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 66 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 24,7 Grad - niedrigste Temperatur 17,1 Grad

San Juan, heute ist der 8. Juli 1949

Die Gruppe hatte sich südlich des Llanao del Banco auf einer Höhe eingerichtet. Francisco war kurz entschlossen mitgegangen. Es war kühl. Von hier konnten sie die Hänge gut einsehen. Rubens hielt sich fast nur noch auf der Ebene unter ihnen auf. Der Schein seiner starken Carbid-Lampe erfasste am westlichen Hang ein Flimmern in der kalten Luft. Von oben sah Ramoón den Lichtschein zwischen den Bäumen wie ein Irrlicht hin und her wandern. Die Aufregung stand allen bis zum Hals, selbst der sonst so lebhafte Francisco war verstummt. "Ramón, komm her, ich zeige Dir jetzt etwas, dass wirst Du nie vergessen, komm runter"! Rubens Stimme hallte durch den Wald. Ramón griff sich die zweite Lampe und stieg den Hang hinab. Drüben im Norden waren jetzt auch Lampen zu sehen, wahrscheinlich hatte sich herumgesprochen, dass Rubens sich hier aufhielt. "Siehst Du die Bäume da unten, ja die, sieh dir die Nadeln an. Sie wissen. dass sie sterben müssen. Die Wurzeln spüren die Wärme und das Gas. Du wirst sehen, das geht jetzt alles sehr schnell!"
Ramóns Hand suchte den Boden ab, es drang überall eine unwirkliche Wärme aus der Tiefe. Sie kamen wieder an dem Felsen vorbei, der ihm den langen tiefen Ton eingab, und der Boden zitterte jetzt deutlich. Ein Schwaden warmer Luft strömte hoch, und es ruckte und knisterte. Das Geräusch kannte Ramón, "Rubens, ich gehe jetzt hier weg!" - "Ja, wir gehen! Ich will dahinten hin auf den Felsen zwischen den Bäumen. Geh Du zu den anderen und sag Ihnen das! Oben im Wald schwenkte jemand eine Lampe, es war nach Mitternacht:
"Der Junge muss wissen, was er macht"! dachte der Vater leise vor sich hin. "Wir beide bleiben hier", und sag deinem Rubens einen schönen Gruß von Deiner Mutter, sie will dich wieder haben, und nun geh, aber Du bleibst auf der Höhe"!
Ramón traf Rubens im Halbschlaf an, er murmelte etwas Unverständliches über verdammte Bäume, und dann saßen Sie und horchten in die Nacht. Von der Höhe lief ab und zu das Dröhnen des Vulkans herab, dann, plötzlich waren sie hell wach. Aus der Senke kam ein Geräusch, als ob jemand einen Wagen mit Kies abkippte. Dann war es wieder still, ein tiefes Brummen zog an, es polterten Steine, wieder rutschte die Ladung Kies ab, und alles vibrierte.
"Es geht los", sagte Rubens in einem Ton, als wenn sich ein Vorhang hob! "Ich habe so etwas noch nie erlebt!" - "Ich auch nicht", kam eine leise Antwort von Ramón. Es roch nach Verbranntem. "Da unten, da. Jetzt"! Unterhalb des Llano del Banco schossen Flammen hoch, der Wald brannte. Das Geräusch der schiebenden Gesteine nahm immer mehr zu, der Felsen unter Ihnen war jetzt in einer andauernden Bewegung, aber es gab kein Donnern, kein Dröhnen, es war mehr eine Bergorgel, die hier etwas intonierte, das nicht wiederhörbar sein sollte. Am Rand der Ebene blähte sich ein Glutball auf, mit Zischen fingen die Pinien Feuer, einen Moment hing die runde Glut zwischen den Bäumen, dann brach sie ein und kippte nach unten. Flammen schossen wieder hoch und durch den Wald bewegte sich manchmal schneller, dann wieder langsamer ein glühendes Band nach oben. Dichter Rauch hüllte die beiden Beobachter ein, dann wieder wendete der Wind. Der Riss zog sich jetzt bis gut 100 Meter in die Mitte der Ebene und verbreiterte sich zusehends. Der Wald brannte, und die Hitze wurde unerträglich. Da quoll mit hoher Geschwindigkeit hell glühende Lava aus dem Riss und flutete nach allen Seiten, umfloss die brennenden Pinienstämme, schwappte hin und her wie Wasser, spritzte hoch, und als ob sich die Masse erst orientieren musste, stürzte sie sich plötzlich zum Hang und floss und floss. Jetzt schossen Fontänen hoch. Am Hang hatte sich ein kleiner See gebildet, dann brach der Untergrund ein und in einem Funkenregen ergoss sich der See über die Kante. Und wieder kam ein Schwall hell glühender Lava aus dem Riss und vollführte den Orientierungstanz, um dann in die Tiefe zu gleiten. Immer mehr brach die Kante ein und gab den Blick frei in den Riss, der sich auch unterhalb aufgetan hatte.
Rubens und Ramón hatten sich hinter die Felsen auf dem Kamm begeben und versuchten zwischen den Steinen hindurch die Entwicklung zu verfolgen. Sie hatten Glück. Der Wind trieb die Hitze in nordöstlicher Richtung und hatte jetzt zugenommen. Er fegte Feuerfetzen nach oben, wo Ramóns Vater und Francisco sich aufhalten mussten. Bald begann der Wald dort zu brennen.

In der Morgendämmerung sahen die beiden auf einen sich ständig vergrößernden Lavasee, der sich immer wieder über die einbrechende Kante ergoss. Weiter unten hatte der Strom bereits seinen Weg gefunden und wälzte sich nach San Nicolas. Es brannte jetzt entlang des Flusses überall. Die Rauchfahnen zeigten den Verlauf des sich anbahnenden Untergangs eines ganzen Landstrichs.





Riss im Llano del Banco mit dem letzten Schlot der San Juan Eruption, aus dem ungeheure Lavamengen flossen.
Fotos: Reiner Flierl


Sonntag 08.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 18 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 72 % Luftdruck 1018 hPa

Keine Polizei für Los Cancajos?

Los Cancajos ist das touristische Zentrum der Ostseite, nicht unbedingt von architektonischer Schönheit beseelt, aber mit einem der schönsten, wenn nicht sogar dem schönsten Strand der Insel. - Allerdings hat man sich auch in Los Cancajos dem zu schnellen Wachstum hingegeben und anstatt die bereits vorhandenen Unterbringungsangebote und deren Umgebung baulich auf dem laufenden und attraktiv zu halten, hat man neue Hochglanzanlangen erstellt, die nun den billigen Charme der all-inklusive Fraktion hoch halten. - Reichlich Stückwerk zeigt sich dort, auf der einen Seite bemüht man sich um wirkliche Qualität, wie sich das mit der stimmigen Ferienanlage Hacienda San Jorge zeigt und auf der anderen Seite biedert man sich dem billigsten Publikum an, um bloß irgendwie Auslastung zu erreichen. - Diese unsinnige Sucht nach einem immer größeren Bettenangebot bläht kleine Orte für eine kurze Saison künstlich auf und gibt diese danach wieder der Öde preis, weil nie genügend Gäste vorhanden sind, welche die bereitgestellten Anlagen kostendeckend nutzen. - Das gilt nicht nur für Los Cancajos, aber dort fällt es deutlich ins Auge, wenn man mal an einem Tag der Nichtsaison durch den leeren Ort läuft.

Nicht genug damit, Los Cancajos soll auch noch ein Problem mit Vandalismus haben, so zumindest meinen einige Gewerbetreibende und die örtliche Verwaltung in Breña Baja. - Da es Diskotheken gibt in Los Cancajos, zieht es am Wochenende auch das entsprechende Publikum in den kleinen Badeort. - Allerdings schließt man in Los Cancajos, einfach mangels Masse, bereits recht früh die Diskotheken und dann kann man ohne eigenen Wagen nicht mehr zurück in die Hauptstadt gelangen. - Das, und der oft "stärkende" Einfluss alkoholischer Getränke bringen wohl immer wieder einige Halbstarke auf die Idee, "Ganzstark" sein zu wollen und so entlädt sich der Frust einer erneuten vergeblichen Diskonacht an der sonst friedlichen Umgebung des kleinen Ortes. - Man spricht von eingeschlagenen Fensterscheiben, herausgerissenen Mülleimern und Schmierereien an Hauswänden. - Typisch für uns, dass wir solche, anderswo als harmlose Streiche betitelte Akte bereits als Vandalismus verstehen und nun nach der Staatsgewalt rufen. - So zumindest der Bürgermeister Breña Bajas und Ex-Tourismusrat La Palmas, Jaime Sicilia. - Der Dienst der Lokalpolizei endet um drei Uhr morgens, mehr Polizei kann oder will man sich in der Gemeinde nicht leisten und so entsteht eine zeitliche Lücke, in welcher der kleine Badeort den "gesetzlosen Schärgen" überlassen bleibt. - Nun wendet man sich Hilfe suchend an die Nationalpolizei, man möchte doch auch in Los Cancajos Präsenz zeigen, allerdings darf bislang diese Polizeitruppe nur in der Hauptstadt Dienst tun. - Warum das so ist, das weiß ich auch nicht und man konnte es mir bislang auch noch nicht schlüssig erklären. Der Chef aller staatlichen Einrichtungen hier auf La Palma, José Segura, meldet sich nun erstaunt in der Presse und erklärt, niemand hätte ihm jemals über Vandalismus in Los Cancajos informiert, weder per Telefon, noch schriftlich und es lägen ihm auch keine Anzeige wegen Vandalismus auf dem Tisch. Immerhin will man sich nun mal treffen und vor Ort die Lage peilen, ob das denn nun wirklich so schlimm ist mit den angetröpfelten Jugendlichen, die da am Wochenende Rabatz machen. - Echten Vandalismus in Los Cancajos, so hört man es aus den immer wacheren Umweltschützerkreisen auf La Palma, den gibt es nur am Strand von Los Cancajos. Dort fährt man mit Raupenschleppern ins Wasser und reißt Felsbrocken heraus und karrt Sand von der anderen Inselseite an, um den Strand noch weiter zu konditionieren. Die genaue Interpretation des Wortes Vandalismus bleibt so eine ziemlich subjektive Angelegenheit. - Vielleicht hätte man mal die Vandalen dazu befragen sollen.



Samstag 07.07.07 - 18:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 22 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 72 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 23,6 Grad - niedrigste Temperatur 18,1 Grad

San Juan, heute ist der 7. Juli 1949

Die Unruhe im Berg war beängstigend. Rubens hatte sich darauf versteift, dass es zwischen dem Fraile und den Charcos zu einer weiteren Eruption kommen würde. Er hatte seine Beobachtungen auf diesen Bereich und auf das Gebiet südwestlich der Magdalenas konzentriert. Hier gibt es einige Senken, die teilweise durch Einstürze entstanden sind, und in diesem Bereich vermutete er große Höhlen, die noch nicht eingebrochen waren und die ursächlich für Vertikalrisse sein konnten. Er ließ den ganzen Hang nach Ausgasungen absuchen, und die Anzeichen verdichteten sich, dass es hier zu einem weiteren Ausbruch kommen würde. Im südlichen Teil des Llanno del Banco hatte es Erdstöße gegeben, die Ramón bei seinen Gängen bemerkte. Am Nachmittag gaste es an mehreren Stellen. Rubens hatte einen Felsen ausgemacht, an den er immer wieder sein Ohr legte. "Hör mal", sagte er zu Ramón. "Was soll ich hören, es rauscht und brummt doch überall?" Nein, du musst warten, dann hörst Du ganz dumpfe Laute, das ist Lava!" Ramón horchte in den Felsen hinein. Es dauerte. Er meinte zu spüren, wie ein leichtes Zittern durch den Stein lief: "Es zittert"! - Ja, hier ist schon alles in Bewegung." und dann vernahmen beide einen langen dumpfen Ton.

Rubens zeigte sich fortan verunsichert. Sie saßen wieder in der Basis und hörten Berichte. Er zeichnete eine Skizze nach der anderen. Dann sprang er auf und rief ziemlich laut, weil wieder der Lärm einer Eruption durch den Wald brandete, "es ist egal, wo wir sind, und deshalb gehen wir nach unten!"

Ramóns Vater kam gerade mit Francisco vom Refugio. Francisco hatte ihm Petroleum und Carbid mitgebracht, und wollte mal hören... Die Sonne stand schon tief im Westen und hüllte Berg und Wolken in graues Rot.



Farben über der Cumbre Vieja

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah

Und noch ein Hinweis. So lange wir mit Carlo und dem Vulkan zu tun haben, drehe ich nachmittags die Webcam immer auf die Cumbre Vieja, dorthin, wo das alles was es hier zu lesen gibt auch geschehen ist. Allerdings ist die Cumbre Vieja auch manchmal in Wolken, so wie heute Abend...



Samstag 07.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 77 % Luftdruck 1016 hPa

Der doppelte Juan Ramón

Niemand ist unersetzlich. - Über diese kleine Aussage könnte man diskutieren, denn ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass dies auf alle Lebenslagen und Menschen immer zutrifft. - Hier steht es aber für ein mögliches politisches Wechselspiel, welches in Bezug auf die Autobahnpläne, die ja immer noch nicht den Vernunftstod gestorben sind, wichtig sein kann. - Bitte beachten Sie jedoch, dass ich nur von einer Möglichkeit spreche und von Vermutungen, es wurde definitiv noch nicht darüber entschieden. - Einer der starken Männer der Coalición Canaria, der aus Tijarafe stammende Antonio Castro Cordobez, Asphalthardliner und bislang Rat für Infrastruktur im Regionalparlament, wurde ja aus seinem Amt "hochgelobt", in die Rolle des Parlamentspräsidenten. Das muss nicht unbedingt eine Beförderung sein, wohl besitzt das Amt mehr Ansehen, aber eigentlich ist das eine administrative Aufgabe und meist Oberkante einer politischen Karriere. - Zumindest hat man Antonio Castro so "von der Straße geholt", denn seine Aufgabe besteht nun nicht mehr darin, diese Inseln mit weiteren unnötigen Straßen zu überziehen. - Es gibt ein paar Stimmen die da sagen, Antonio Castro wäre den Oberen der Coalición Canaria auf Tenerife auch zu gefährlich geworden und so stellt man ihn ruhig, - ganz oben aufs Regal. - Ich wiederhole mich aber noch mal eindringlich, die inneren Abläufe in der Coalición Canaria sind für Außenstehende nicht wirklich transparent, diese Gruppierung ist ein fest geschnürtes Bollwerk aus Interessen und Loyalität. Nicht selten werden andere Parteien neidisch, wie diskussionslos und versteckt alle Personalentscheidungen in dieser Partei ohne Öffentlichkeit durchgeführt werden kann. - Ein Vergleich mit der bayrischen CSU darf da ruhig angewandt werden, leider ist man damit auch ähnlich erfolgreich. - Anders ist es auch nicht zu erklären, dass man nun als nur noch dritte Kraft nach den gesamten Wählerstimmen auf den Kanaren trotzdem den Regierungspräsidenten stellt und die meisten Ressorts weiterhin leitet.

Jetzt kann man aber nicht einfach einen Rat aus dem Kanarischen Parlament entfernen der aus La Palma ist und durch einen anderen ersetzen, da achten die kleinen Inseln sehr energisch darauf, dass auch ihre Leute dort vertreten sind. - Nun kommt als Ersatz für den weggelobten Antonio Castro ein weiterer sehr verdienter Parteigänger der Coalición Canaria ins Gespräch, der seit 16 Jahren fast autokratisch regierende Bürgermeister aus Los Llanos, Juan Ramón Hernández Gómez. - Der ist gerade erneut mit absoluter Mehrheit wieder gewählt worden und besitzt damit bereits Unberührbarkeitsstatus und könnte eigentlich ganz ruhig seine Grafschaft Los Llanos weiter beherrschen. - Aber der Mensch an sich, und verdiente Mitglieder der Coalición Canaria im Besonderen, sind meist hörige Wesen, die dem verführerischen Lockruf weiterer Macht und noch mehr Ansehens wohl häufig erliegen. - Es kann gut sein, dass man Juan Ramón nun für das Amt des Infrastrukturrates der Kanarischen Provinzregierung einteilt und wenn die Partei ruft, dann geht man selbstverständlich. - Übrigens ist es kein Makel, oder gar eine Herabwürdigung, wenn man nur von Juan Ramón spricht und nicht seinen kompletten Namen samt Nachnamen verwendet, es ist eher das Gegenteil davon, wenn man schon von einem Juan Ramón spricht, dann kann nur der Bürgermeister aus Los Llanos gemeint sein. - Das ist ein bisschen so, wie wenn man nicht Frau Hildegard Knef sagt, sondern "die Knef". - Nun fragt man sich natürlich, ist das gut für La Palma, ist Juan Ramón auch für die Autobahn, oder hat er sein Herz noch auf dieser Insel gelassen und kennt die Gefahren für La Palma noch, die durch weitere Betonwachstumspolitik entstehen werden. - Bislang hat er sich nie wirklich dazu geäußert, weder negativ, noch positiv, allerdings lässt er in seinem lokalen Flächennutzungsplan die Trasse gar nicht erst auftauchen. - Hoffnung besteht immer und ich bin mal ganz gespannt, ob es stimmt, dass Palmeros die ins Ausland gehen, (dazu reicht Tenerife bereits) plötzlich multitaskingfähige Globalisten werden. - Für Los Llanos ist weiterhin die träge Stabilität angesagt, mit welcher die Coalición Canaria fast überall erfolgreich unsere Insel weiterhin bequem sediert. Den neuen "Frontman" in Los Llanos kann man sich sofort merken, er heißt auch Juan Ramón, allerdings vorläufig noch Juan Ramón Marín.



Freitag 06.07.07 - 17:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 66 % Luftdruck 1016 hPa
Höchsttemperatur heute 24,5 Grad - niedrigste Temperatur 18,2 Grad

San Juan, heute ist der 6. Juli 1949

Auf der Nordseite des Montana de Magdalena hatte Rubens seine "Basis". Hier meldeten Beobachtungsposten ihre Ergebnisse. Pablo hatte sich der Gruppe um Rubens angeschlossen, aber es kam immer wieder zu Streitereien. Aus Tenerife waren zwei Studenten, wie sie sich nannten, gekommen. Rubens hatte ihnen erklärt, dass Sie nicht ihm auf der Tasche liegen sollten, sondern Pablo. Das trug nicht zu der gebotenen Harmonie bei, und somit hatte sich Pablo auf die Ostseite begeben, um seine neue These zu untermauern.

Ramon war wie ein persönlicher Assistent für Rubens. Er erledigte alles, und seine Mutter hatte sich in den wenigen Tagen daran gewöhnen müssen, dass ihr Junge jetzt erwachsen war. In der Tat hatte Ramón volles Vertrauen zu diesem sonderbaren Engländer gewonnen, der sogar sah, wenn ein Stein sich bewegt hatte und ihm erklärte, warum das so war. Ramóns Vater war der ständige Kontakt zur Außenwelt und versorgte die "Wissenschaftler", wobei er Francisco mit seinen Kalkfahrten gegen das gute Geld von Rubens einspannte.

Rubens hatte seinerseits die naturgegebene Begabung Ramóns für alle Geschehnisse im Berg derart wecken können, dass er sich auf die Beobachtungen verlassen konnte und sogar vielfältige Hinweise bekam, denen er nachgehen konnte.

Der Vulkan hatte in seiner Aktivität etwas nachgelassen, die Zahl der Eruptionen war zurückgegangen, aber an Intensität hatten sie nicht verloren. Die riesige Wolke über La Palma zog sich jetzt weiter nach Westen. Einige Soldaten meldeten sich freiwillig zur Beobachtung, und Rubens bekam ständig Berichte. Er ließ jeden Meter auf dem Kamm beobachten, insbesondere aber den östlichen Graben oberhalb des Nambroque, obwohl hier Pablo seine Erkundungen anstellte. Auf der Westseite hingegen hatte er für Ramon das Gebiet mit Abbrüchen in eine Karte eingetragen, mit der Ramón unterwegs war, um Änderungen zu vermerken.

"Es gibt Fumarolen!" keuchte Ramón. Rubens wandte den Blick von den Skizzen, die ein Soldat ihm vorgelegt hatte. "Wo"? - "Hier, im Barranco unterhalb"! - Rubens erhob sich langsam. "Gehen wir mal und sehen nach." Sie kannten bereits die Wege und kamen schnell an die Stelle. Ramón ließ seine Hand über das Geröll gleiten und trat gegen ein Haufen von Steinen, die er aufgeschichtet hatte. "Hier, es ist heiß"! "Pass auf, dass du nichts in die Nase bekommst"! - "Ich weiß doch.."! Rubens tastete sich an die Stelle und zog schnell die Hand zurück. "Es muss noch mehr davon geben, aber eine reicht, wir gehen"! Sie stiegen schnell bergan. Es gab wieder ein stärkeres Beben und vom Vulkan kam das Dröhnen einer neuen Eruption. "Du siehst, Ramón, die Lava kommt! Und sie kommt hier hoch durch die Brüche. Der Vulkan oben ist nur ein Ventil für die Gase, die bisher im Inneren der Erde gefangen waren! " - "Aber warum qualmt er eigentlich so", wollte Ramón wissen? - "Das ist kein Rauch wie bei einem Feuer, das ist Staub, feinster Staub. Dort in der Tiefe schießen die Gase nach oben, sie sind sehr heiß und lösen alles auf ihrem Weg nach oben auf, zu Staub und anderen Gasen. Siehst Du, das geht so schnell, dass Wasser - und da unten ist alles voll von Wasser - nicht einmal die Zeit hat zu verdampfen, wenn es vom Gasstrom mitgerissen wird. Es wird selbst zu Gas, das sich wie in einer Explosion ausdehnt und das Gestein zu Pulver zerreibt. Das schießt dann da hinten in die Luft und macht diesen Lärm!"

Der Graben nördlich des Fraile zeigte keine Fumarolen, in der Kammlage hingegen hatte sich der Gasaustritt verstärkt. Rubens schloss daraus, dass sich eine Magmakammer nach Nordwesten zog. Er hielt einen weiteren Ausbruch nördlich des Fraile für möglich und orderte die Beobachter zurück nach La Barquita.




Brüche auf der Cumbre Vieja, Photo von Walter Stumreich

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah

Und noch ein Hinweis. So lange wir mit Carlo und dem Vulkan zu tun haben, drehe ich nachmittags die Webcam immer auf die Cumbre Vieja, dorthin, wo das alles was es hier zu lesen gibt auch geschehen ist.



Freitag 06.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 85 % Luftdruck 1016 hPa

Alle 20 Jahre abfackeln

Das einzige Problem bei einem Waldbrand ist der Mensch. - So zumindest gehen Wissenschaftler der Universität La Laguna auf Tenerife nun daran, die kanarische Kiefer und deren Feuerrestistenz mal richtig auf die Nadel zu fühlen. - Wie den meisten bekannt sein wird, haben unsere Kiefern die wunderbare Eigenschaft, bei einem Brand zwar außen zu verkohlen und alle Nadeln und die Rinde verbrennen zu lassen, aber der Baum stirbt dabei nicht und schon nach wenigen Wochen sprießt wieder neues Grün aus dem schwarzen Stamm hervor. So haben sich über die Jahrtausende unsere Kiefernwälder gebildet, denn alle anderen dort wachsenden Pflanzen verbrannten dort, nur die Kiefer konnte sich durchsetzen. - La Palma ist ab einer Höhe von etwa 800 Metern komplett mit "Pinar" (so nennt man unseren Kiefernwald) versehen, außer im regenreichen Nordosten, dort gibt es noch große Flächen Lorbeerwald. - Den ewig anbrandenden Passatwolken hat es der Lorbeer wohl zu verdanken, dass er noch nicht von der Kiefer verdrängt wurde, dort konnten große Brände wohl nie lang genug wüten, um den Lorbeerwald zu gefährden. - Für die Insel selbst ist aber die evolutionäre Monokultur der kanarischen Kiefer ein Segen, denn die Nadeln dieses Baumes sind bestens dafür geeignet das Wasser aus den Passatwolken zu "kämmen", und Wasser, das wissen wir alle, bedeutet Leben. - Die Kiefer ist in der Lage sehr viel mehr Wasser aus den Wolken zu melken als sie selbst verbraucht, und tränkt so den Boden unter sich mit einer permanenten Tropfbewässerung. Dieses Wasser sickert durch das poröse Basaltgestein und staut sich dann an dichtere Gesteinsschichten, wo es dann vielleicht als Quelle wieder ans Tageslicht tritt, oder der Mensch den Berg dann anbohrt, um an das begehrte Nass zu kommen.

Um den Zusammenhang der Kiefer und dem Wasserhaushalt der Insel weiß man schon länger und deshalb versucht man auch die Kiefer so gut es geht zu schützen, ohne diesen Baum wäre La Palma so kahl und wasserarm, wie es ihr Breitengrad, neben der Sahara, eigentlich vorgibt. - Was man allerdings noch nicht so genau weiß, wie dieser wunderbare Zusammenhang entstanden ist und dann landet man wieder schnell bei dem Ei und der Henne oder umgekehrt… Auf jeden Fall haben die großen Waldbrände dazu geführt, das Ausbreiten des Kiefernwaldes auf den Kanaren, nicht nur auf La Palma zu fördern, anstatt ihn zu bedrohen. - Man vermutet, dass sich ohne den Eingriff des Menschen der Kiefernwald auch noch deutlich weiter nach unten ausgebreitet hätte und wohlmöglich dieser Wald sogar bis an die Küstenzone gereicht hätte. Früher, als vieles anders, aber nur manches besser war, nutzte man die Kiefern zur Herstellung von Holzkohle, als Feuerholz und zur Herstellung des in der Schifffahrt benötigten Baumpechs, des "brea". So sorgte man dafür, dass die unteren Waldbestände verloren gingen und mit aufkommender Landwirtschaft und den dazu benötigten Weideflächen ließ man es auch nicht mehr zu, dass sich die Kiefernwälder wieder in die unteren Zonen ausbreiten konnten. - Das Feuer diente wohl dem Kiefernwald dazu, sich immer wieder von andern störenden Pflanzen befreien zu können, denn nur das Unterholz und eben, alles was nicht Kiefer ist, fällt dem Feuer endgültig zum Opfer. - Die eigentlich Gefahr, die also durch Waldbrände ausgeht, die besteht nicht für den Kiefernwald, sondern für alles andere was sich in der Nähe befindet und das sind nun mal Bauten, oder landwirtschaftliche Nutzflächen der Menschen. - Man könnte den Wald also ruhig brennen lassen, so alle 20 Jahre hat er das wohl nach Einschätzung der Wissenschaftler der Universität La Laguna auch nötig. - Das geht aber nicht, denn man kann dem Feuer nicht sagen, brenn nur hier und dann ist Schluss und außerdem gibt es da das gesellschaftliche Problem, dass kein Verantwortlicher zu finden sein wird, der sich im Fall eines Brandes vor die Leute stellt und sagt: Lasst ruhig brennen, das ist alles in Ordnung so. - So entpuppt sich der Mensch erneut als eigentlicher Störenfried und stellt sich gegen einen, in unserem natürlichen Umfeld völlig normalen Vorgang, den Waldbränden. - Dazu passt ganz gut noch die Meldung, dass diese Woche zwei Löschhubschrauber vom Umweltamt geschickt wurden, um die sommerlichen Waldbrände zusammen mit unserem eigenen Hubschrauber in Schach zu halten.


Wasserfänger



Donnerstag 05.07.07 - 17:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 23 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 79 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 24,0 Grad - niedrigste Temperatur 18,1 Grad

San Juan, heute ist der 5. Juli 1949

Francisco war jetzt fast an jedem Tag in Los Llanos. Er lieferte Kalk, und der Preis war kräftig gestiegen seit es die Erdbeben gab, sagte er. Die Fahrt ging jetzt immer über die Cumbre, weil die Straße nach Fuencaliente gesperrt war, und obwohl ständig geräumt wurde, staubte es derart, dass niemand freiwillig seinen Wagen in diesen Dreck steuerte. Er hatte gerade wieder eine Fuhre Kalk nach Argual gebracht und holte sich bei Mutter einen Kaffee. Ich bekniete ihn und Mutter, mich mitfahren zu lassen, weil er noch eine zweite Fuhre nach Argual bringen musste, und so konnte ich am Abend wieder zu Hause sein. Es gelang!

Der Vulkan blies ohne Unterlass riesige Mengen von Staub und Asche in den Himmel. Immer wieder kam es zu Eruptionen, in denen die Wolken schlagartig in die Höhe gejagt wurden, und ein dumpfes Rumoren und fernes Donnern hing über dem Berg. Die Wolke war jetzt schon hinaus über den Ozean getrieben und blähte sich immer weiter auf. Sie stieg und stieg. Der leichte Wind dieses Sommertages trieb mit ihr nur langsam davon und unten aus ihrem Dunkel drehten sich über Land die Schleier von herabfallendem Staub wie Federn nach Innen. Die Wolke war so groß, dass zur Mittags- und Nachmittagszeit alles bis Todoque im Schatten lag.

Von El Paso aus ahnten wir mehr als dass wir es sehen konnten, wie an diesem frühen Nachmittag das Land im Staub versank, nein, da konnte keiner fahren! Oben in der Cumbre wurde das Ausmaß dieses Staubgebildes noch beeindruckender. Wo sonst der Birigoyo die Grenze zwischen Himmel und Erde zeichnete, quoll ein Rauchgebirge zur Sonne. Sich scharfkantig schraubend und wieder hinabwallend erklomm der Koloss die Höhe.

Francisco hatte es eilig. Überall waren Wagen mit Soldaten, die wohl nicht so recht wussten, worin ihre Aufgabe bestand. Sie fuhren, hielten an, drehten um. Francisco hing immer mit dem Kopf aus dem Fenster und rief und schimpfte und hupte. Sie kannten ihn wohl schon, denn wer sonst fuhr hier oben rum, wenn er denn nicht musste.

Der Anblick des rauchenden Schlots als wir auf dem Rückweg durch Breña fuhren, war wieder ganz anders. Eine riesige Säule stand da direkt aus dem Berg in den Himmel .Die Nachmittagssonne tauchte dieses Gebilde in ein graubraunes Licht, und es quoll und quoll. Wo kamen nur diese Massen von Rauch und Staub her?

An diesem Abend ging die Sonne wie immer unter, aber das rotbraune Wolkengebirge war einmalig, vielleicht schaurig schön.




Farben über der Cumbre Vieja

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah

Und noch ein Hinweis. So lange wir mit Carlo und dem Vulkan zu tun haben, drehe ich nachmittags die Webcam immer auf die Cumbre Vieja, dorthin, wo das alles was es hier zu lesen gibt auch geschehen ist.



Donnerstag 05.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 81 % Luftdruck 1018 hPa

Erstes Licht für Grantecan

Grantecan steht für Gran Telescopio Canarias, ich glaube, das muss man nicht übersetzen. Das, mit einem Primärspiegeldurchmesser von 10,4 Meter, größte optische Spiegelteleskop der Welt, wird am kommenden 13 Juli sein "erstes Licht" sehen. "First light - primera luz", so nennen die Astronomen den Moment, wenn ein Teleskop das erste Mal ein Auge auf die Sterne richtet. - Wird auch Zeit sagen viele, denn immerhin baut man seit guten sieben Jahren an dem Observatorium und die Planungen dazu reichen noch deutlich weiter zurück. - Es gab Verzögerungen mit den Spiegelelementen, bestehend aus 36 sechseckigen Elementen, die allesamt in Deutschland in der bekannten Firma Schott hergestellt wurden. - Danach gingen die Spiegel nach Frankreich und erhielten dort bei "Sagem" ihren letzten Schliff und irgendwie muss es da zu unerwarteten Verzögerungen gekommen sein, das Polieren dieser Spiegel dauerte um ein Vielfaches länger als geplant. - Ob das allerdings alleine für die Verspätung, von jetzt mehr als drei Jahren verantwortlich ist, das darf man ruhig bezweifeln. - Einen großen Teil der Verspätung darf man auch damit erklären, dass die Entwicklung der Technik bei weitem nicht still steht und man so immer wieder gezwungen war umzuplanen, weil man dieses oder jenes Teil neu integrieren musste oder anpassen. Es wäre sicher nicht dienlich gewesen, das größte optische Spiegelteleskop der Welt an die Arbeit zu lassen, ohne auf die letzten Neuerungen der Astrophysik Rücksicht zu nehmen.

In ein paar Tagen sieht also Grantecan sein "erstes Licht", aber bis das Monsterteleskop seinen normalen Tagesdienst versehen kann, geht noch mal sehr viel Zeit ins Land. Die offizielle Eröffnung, dann mit einem so großen Bahnhof, dass es schon nach Flughafen riecht, wird dann auch erst in einem Jahr stattfinden. - Allerdings hört man aus "gut informierten Kreisen", dass es noch Jahre dauern kann, bis alle Instrumente korrekt justiert sind und man aus dem Probestadium heraus ist. - Aus ähnlichen Kreisen, das sind die, die immer mehr wissen als wir, hört man auch noch wunderbare Nachrichten, dass mit dem Grantecan hier auf La Palma der Ausbau der astrophysikalischen Einrichtungen noch lange nicht Schluss ist. - Man munkelt sogar, dass die ESO hier auf La Palma ein 42 Meter Teleskop bauen will und eine andere Einrichtung noch mehr Cherenkov-Teleskope nach dem Vorbild des "Magic" auf unserem höchsten Berg aufstellen will. - Das immer, so lange die angeschlossenen Regierungen auch weiterhin locker das Geld für astrophysikalische Forschung bereitstellen, denn das ist alles nicht ganz billig. - Für La Palma, welches heute schon zu den absoluten Spitzenregionen der astronomischen Beobachtung gehört, könnte ein weiterer Ausbau diese Position weiter festigen und einiges spricht dafür, dass La Palma das unangefochtene Zentrum der Himmelsbeobachtungen auf der Nordhalbkugel wird. - Daraus lässt sich einiges für uns erhoffen, neben dem wissenschaftlichen Renommee dürfte man dabei auch ruhig auch mal weiter denken und nicht nur die Observatorien nach La Palma holen, sondern auch die Fakultäten und Labors, in denen man die ganzen hier gewonnenen Daten auswertet. - Am Himmel liegt es nicht, dass diese Insel so schwer und ängstlich in die Zukunft blickt, wohl eher an der Phantasielosigkeit unserer Planer vom Dienst. - Das IAC (Instituto Astrofisico de Canarias) bietet auch dieses Jahr wieder mehrere Tage der offenen Tür an. Diese sind sehr beliebt und können nur nach Anmeldung besucht werden. - Denken Sie daran, dass man zum Beispiel aus dem Aridanetal mindestens 1,5 Stunden Anfahrt rechnen muss, die Autobahn auf den Roque ist noch nicht fertig… HIER können Sie die Termine abfragen und sich für die Tage der offenen Türen anmelden.



Mittwoch 04.07.07 - 18:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 67 % Luftdruck 1019 hPa
Höchsttemperatur heute 25,6 Grad - niedrigste Temperatur 18,5 Grad

San Juan, heute ist der 4. Juli 1949

Francisco jagte uns alle am Morgen aus dem Bett. Er war ziemlich aufgeregt. Wir sollten uns sofort fertig machen, er habe keine Zeit und mit der Guardia Civil abgemacht, dass er heute Morgen den Rest holt. Großvater war noch mit dem Bootsausflug und Onkel Gregorio beschäftigt, und alle hatten am Sonntag Fisch essen müssen. "Was meinst du mit Rest", knurrte er mit dem Gefühl, jemand nehme ihm etwas weg? - "Es wird alles abgeriegelt, wir kommen nicht mehr nach Las Manchas, wenn nicht jetzt, und du hast noch Deinen Wein da liegen. Ich habe gestern Abend noch bei Deinen Nachbarn Wein abtransportiert, also was ist jetzt!?"

Wir parkten oben bei dem Haus von Julios Eltern. Die Leere war beengend. Ein Soldat saß auf dem Felsen, der die Sicht zwischen den beiden Häusern nahm, so konnte er die Gegend gut überblicken. Wir gingen bei ihm vorbei und Francisco zeigte ihm einen Zettel, den er vom Guardia Civil bekommen hatte. "Aber beeilt Euch, wir haben Order, heute keinen mehr hier 'rein zu lassen". Es war hoffnungslos. Wir zogen ein 33-Liter- Fass nach dem anderen ab, das Großvater und Francisco nach oben brachten und dort umfüllten. Es war ein ruhiger und warmer Tag. Auf den Feldern stand der Wein in freudiger Erwartung, und ich hatte noch einmal den Kohl gewässert. Über der Cumbre hing die Rauchfahne vom Vulkan. Ich sah hinauf und fand, dass sie gerader und höher war als sonst. Großvater kam soeben mit Francisco wieder den Weg hinab, und da blieben sie stehen. Sie hatte es auch gehört, es war wie ein fernes Donnern. "Komm, wir lassen das"! Francisco hatte sich mit dem Fass in der Hand wieder auf den Weg nach oben gemacht und zog Großvater mit, der Soldat rief und winkte. "Ein Quartón noch"! sagte Großvater ruhig und Carlo nimmt noch einen Wasserschlauch mit dem Negra. Der Soldat lief uns beinahe um: "Seit ihr von allen guten Geistern verlassen, ihr müsst weg von hier, die Warnung stimmt, ihr hört das doch auch oder .."!

Wir hatten gerade den Felsen umrundet, vor uns stand Franciscos Laster, wir rannten unwillkürlich, die Augen hingen an der Rauchfahne, die sich in wenigen Sekunden zu einer dicken wirbelnden Masse verwandelte, hoch in den Himmel schoss, geschleudert von mehr und mehr Gewalt aus der Tiefe hinter der Bergwand. Und dann kam der Donner von der Höhe. Der Berg war explodiert. Francisco jagte die Piste hoch, ein Militärfahrzeug schnitt ihm den Weg ab zur Strasse. Er hupte und hupte, hielt seinen Zettel aus dem Fenster. Endlich fuhren die Soldaten weg. Das Donnern hielt an, und es begann zu regnen - ein Staub - und Steinchen- Schauer senkte sich herab. Es knackte und knisterte, vor uns war die Strasse schon voller Asche, dann waren wir draußen, und ich hatte das Gefühl, hinter uns schloss sich die Welt zu.

Von Los Llanos konnten wir sehen, wie sich die riesige Wolke nach Westen zog, und die Schleier aus herabfallendem Staub hingen bis auf das Land. Alle Leute waren im Freien, sie standen in den Straßen und auf den Mauern zwischen den Gärten: Mutter hatte mich fest an sich gedrückt und etwas geweint. "Ihr Idioten, Männer, dieser blöde Wein. Wir gehen nach Norwegen, da gibt es das nicht!" Und dann heulte sie wieder mit Großmutter und Tante Almodena, die alles sehr tragisch fand und Onkel Gregorio wohl nicht wiedersehen würde. Großvater war sehr niedergeschlagen, ich glaube, er hatte eine Vorahnung.

Es gibt Geräusche, Gerüche, Gefühle auf der Haut, das Knirschen im Mund und der Sand in den Ohren - immer wieder Erinnerungen. Der Reisende hört den startenden Jet, schon etwas aus der Ferne - wieder auf La Palma - es hallt vom Berg, vielleicht gibt es gerade mal Wolken über dem ersten Mirador: "Wie war es denn damals, wie hört sich das eigentlich an, wenn ein Vulkan explodiert?" - Nun, wie das Donnern der Maschine, mit der du gerade gekommen bist...



Wind Nordost, Startbahn Null Drei, bis hier dröhnen die Motoren...

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah

Und noch ein Hinweis. So lange wir mit Carlo und dem Vulkan zu tun haben, drehe ich nachmittags die Webcam immer auf die Cumbre Vieja, dorthin, wo das alles was es hier zu lesen gibt auch geschehen ist.



Mittwoch 04.07.07 - 07:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 84 % Luftdruck 1019 hPa

Koalition der Verlierer steht

Nach den großen Zugewinnen welche die Sozialisten der PSOE in den letzten Kommunalwahlen erreichten dachte jeder zuerst, nun gibt es einen Regierungswechsel ganz oben in der Provinzregierung, denn solch eine Verschiebung der Wählerstimmen kann man doch nicht ignorieren. - Kann mal wohl und doch, man kann eine Koalition der Verlierer schmieden, dann muss man sein Spielzeug nicht hergeben und kann munter da weiter machen, wo man die letzten vier Jahre schon saftig gescheitert ist. - Zur Erinnerung, hier die Tabelle:

Gobierno de Canarias Räte 03 Räte 07   +/- Stimmen 03 Stimmen 07      +/-
PSOE 17 26   + 9 235.234 309.404 +74.170
CC 23 19   - 4 304.413 209.700 -94.713
PP 17 15   - 2 283.186 217.706 -65.480

Dieses Ergebnis muss man eigentlich nicht weiter kommentieren.

Es wurde auch brav verhandelt, zuerst CC mit der PSOE, um dann schließlich seitens der CC auszurufen, tut uns leid, wir wollen nichts anders machen als bisher und wir können nur mit der PP koalieren. Nicht wenige, darunter ich, sind voll und ganz der Meinung, dass dieser Pakt schon beschlossene Sache vor den Wahlen war, man erschreckte sich nur kurz, weil die Sozialisten so viel dazu gewonnen hatten und legte bis zur endgültigen Regierungsbildung eine kleine Schampause ein. - Nun steht es fest, die Partido Popular erhält vier und die Coalición Canaria 6 Ressorts sowie die Präsidentschaft der Kanarischen Provinzregierung. Somit steht nun fest, Paulino Rivero, alt gedienter Nationalist, oder besser Regionalist, ersetzt Adán Martín an der Spitze unserer Regierung. - Der Hammer ist aber eher der Vizepräsident, der smarte Aznar-Klon José Manuel Soria der Partido Popular, der als Inselpräsident Gran Canarias nun abgewählt ist und in den letzten vier Jahren eigentlich mehr durch Anwälte und Untersuchungsausschüsse von sich hören machte, als durch zukunftsorientierte Politik. - Gut, das war nicht anders zu erwarten, er ist und bleibt, trotz vieler Affären stärkster Mann der PP und lässt sich den Mojo nicht vom Käse nehmen. - Die Coalición Canaria wird folgende Ressorts und Unterabteilungen betreuen: Präsidentschaft, Justitz und Sicherheit, Infrastruktur und Transport, Erziehung und Kultur, Sport und Universitäten, Soziales, Jugend und Wohnungen, Raumordnung und Umwelt (Um Gottes Willen!) sowie das Arbeits und Handelsressort. Für die Partido Popular bleiben: Vizepräsidentschaft, Wirtschaft und Steuern, Landwirtchaft und Fischerei, Tourismus und Gesundheit. - Hübsch aufgeteilt, so kann man weiter schmurucheln und ignoriert so knapp über der Krawatte grinsend die Ohrfeige, welche diesen Leuten bei den Wahlen die Wähler verpasst haben. - Trotzdem wünsche ich dieser neuen Regierung eine gute Hand und viel Glück, es geht ja um uns!



Dienstag 03.07.07 - 17:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 25 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 70 % Luftdruck 1018 hPa
Höchsttemperatur heute 25,3 Grad - niedrigste Temperatur 18,4 Grad

San Juan, heute ist der 3. Juli 1949

Die Verwerfungen waren beachtlich. Rubens hatte mit Ramóns Vater und mit Ramón nach dem zweiten großen Erdbeben, dass Los Llanos während der Feierlichkeiten überraschte, die Westflanke der Cumbre Vieja im Bereich zwischen dem Barranco de Magdalena und dem Barranco de los Cubos nach Brüchen abgesucht, aus denen er auf die Richtung der Kräfte im Berg schließen wollte. In den Llanos de los Aguas fanden sie mehrere deutliche Abbrüche, von denen Rubens schon erzählt hatte. Rubens schloss daraus auf einen Zusammenbruch im Inneren, wo vielleicht eine große Höhle war oder viel wahrscheinlicher unter der Flanke entlang laufende Risse entstanden sein konnten. Einstürze hatte es auf La Palma in der Vergangenheit vielfach gegeben, jedoch sprach die stabile Oberfläche dagegen. Der Berghang war hier nicht weggesackt wie in den Llanos de Sima. So entschied er sich für die These eines mehrere Kilometer langen vertikalen Bruchs, der sich aus dem Gebiet des heutigen Duraznero bis unter die Montana de Magdalena zog.
"Ein solcher Bruch ist nicht einheitlich," erklärte er Ramón, "er wandert rauf und runter, hört mal auf und fängt an anderer Stelle wieder an, je nachdem was sich den Kräften in den Weg stellt. Wir wissen nicht, wie es da unten aussieht, aber es ist denkbar, dass der Vulkan sich in den Bruch entlädt und vielleicht irgendwo hier plötzlich ausbricht. Ich meine, der eigentliche Ausbruch kommt noch, das Innere der Cumbre Vieja wird angehoben."

Sie stiegen ab zum Canal de Habana, wo sie mit einem Posten der Guardia Civil verabredet waren. Rubens war in den letzten Tagen sehr wortkarg, als ob Ungeheures seine Gedanken speiste. "Weißt Du was, Ramón" und er legte seinen Arm um die Schulter des Jungen, "wir sagen jetzt den Leuten Bescheid, was wir denken, und heute Abend spreche ich mit Francisco, und dann holen wir euren Wein nach Breña!"



Vulkanologische Karte der Region

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah



Dienstag 03.07.07 - 09:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 82 % Luftdruck 1018 hPa

Verschickung

Man kann dabei nicht von einer Völkerwanderung sprechen, aber immerhin, 500 Palmeras/os können zusammen mit ihrem Partner dieses Jahr wieder billig in Urlaub fliegen. - Für 284 Euro geht es 14 Tage aufs Festland oder für 304 Euro die gleiche Zeit auf die Balearen. - Natürlich hat das Ganze einen Haken, man muss dazu über 65 Jahre alt sein und eine staatliche Rente kassieren, sonst kann man nicht in den Genuss dieser gesponserten Reisen kommen. - Für das Geld kann man ja nicht mal 14 Tage auf La Palma bleiben, deshalb ist der Ansturm auf diese Plätze auch immer wieder enorm groß. - Im Moment gibt es 800 Bewerber und eben nur 500 Plätze, so dass nicht alle lustigen Rentnerinnen einen der begehrten Verschickungsplätze ergattern werden. Jetzt geht es daran zu prüfen, wer von den 800 Antragstellern auch wirklich berechtigt ist, finanziell unterstützt auf Reisen zu gehen und wenn dann noch Überhangsrentner existieren, dann will man per Los die Plätze verteilen.

Diese Reisen sind leider keine Erfindung La Palmas oder der Inselregierung, der Chapeau kann also nicht hier auf der Insel bleiben, das Programm stammt von der "Dirección General del Imserso", einer Unterabteilung der staatlichen Renten und Krankenversicherung Seguridad Social. - Die Reisen finden auch nicht zu den absoluten Rennerzeiten statt, sondern eben in der Nachsaison, wenn die Hoteliers auch eher bereit sind, für die kompakte Rentnerverschickung einen Preisnachlass zu geben. Dennoch stemmt die Seguridad Social, für Deutsche oft unwirklich einfach "SS" genannt, enorme Summen jedes Jahr um diese Reisen zu organisieren, aber wer hat gesagt, dass soziales Engagement billig sein muss. - Die Renten sind auch nicht üppig bemessen hier und so bietet sich für viele nur so die Möglichkeit, diese Insel mal für zwei Wochen zu verlassen. - Früher meldeten sich nicht mal genug Palmeras/os, um die angebotenen Plätze auszufüllen, aber das ist schon länger nicht mehr so, auch für uns sind Reisen in nicht palmerisches Territorium nicht mehr einer gewagten und gefährlichen Expedition gleichzusetzen. - Obwohl die meisten Rentner sicherheitshalber den halben Koffer mit Gofio, Mojo, Chorizo und anderen endemischen Diäten vollgestopft haben, man weiß ja nie so genau, ob das was man einem da im "Ausland" auf den Tisch stellt auch, wirklich genießbar ist. - Einen schönen Urlaub und viele neue Eindrücke wünsche ich unseren Rentnern.



Montag 02.07.07 - 19:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 24 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 65 % Luftdruck 1017 hPa
Höchsttemperatur heute 24,7 Grad - niedrigste Temperatur 17,8 Grad

San Juan, heute ist der 2. Juli 1949

Onkel Gregorio war am frühen Morgen gekommen. Die Nacht hatte er in seinem Boot in Tazacorte verbracht, und Tante Almodena machte eine Szene, wie Mutter sagte. Gerade heute, an diesem hohen Feiertag der Schutzpatronin von Los Llanos - nicht nur, dass er sie hier allein lässt, wo doch alle in die Kirche gehen und zur Prozession! So saßen sie da, die Damen in Ihren schwarzen Festtagskleidern. Irgendwie hatte Großmutter auch Ana eingekleidet, sie wirkte richtig erwachsen, sollte sie wohl auch. Mutter hatte mehrfach versucht, mich in ein weißes Hemd zu zwängen und die guten Hosen anzuziehen, und so stand ich unschlüssig da, weil von Großvater Manuel und Onkel Gregorio Wortfetzen an mein Ohr drangen, die weniger etwas mit der großen Fürbitte an die Virgen de los Remedios als mit Reusen zu tun hatten, die nur beködert werden mussten. Und außerdem sei das Leben hier an Land viel zu unsicher. "Das beste ist ein alter Pferdekopf", meinte Onkel Gregorio, und Großvater konnte seine Begeisterung über die Geschichte kaum im Zaum halten, "und wenn Du ihn so richtig anfaulen lässt und dann versenkst, hängt nachher alles voll. Die fressen sich in den Schädel und merken nicht, wenn sie hoch gezogen werden"!

Der Boden zitterte wieder und zog sich zur Seite. Alles verharrte. Über der Cumbre flackerte die Rauchsäule mit den Bewegungen hin und her. Seit gestern war es nicht mehr ruhig auf La Palma - und ich musste mit den Damen zur Prozession.



Feierlichkeiten in Los Llanos zu Ehren der Virgen de Los Remedios



Montag 02.07.07 - 09:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 19 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 82 % Luftdruck 1017 hPa

Plagegeister

Es wird wohl auch das Wetter gewesen sein. Der milde Winter kann auch hier das massenhafte Auftreten von Pflanzenschädlingen beeinflussen, auf unsere Zitrusbäume läuft derzeit eine Angriffswelle aus gleich verschiedenen Fraktionen. - Eine Dreierbande aus Blattläusen, Fruchtfliegen und Minadorwürmern hat sich auf den Blättern niedergelassen und fordert nun die Landwirte der Insel heraus. - Blattläuse und Fruchtfliegen sind schon immer ein Thema, und das nicht nur bei den Orangen und Zitronen, da hat jeder Bio-Landwirt sein besprochenes Gebräu dagegen und jeder Unbiobauer weiß sofort, in welches Giftregal er greifen muss, um die widerliche Plage von den Blättern zu fegen. Beim Minador ist das noch schwieriger, der bohrt sich zwischen die wachsige Schicht des Blattes und das Blattgrün und ist so besser geschützt vor dem Großangriff aus den Hexenküchen Bayers oder Monsantos. - Dazu kommt auch noch, dieser böse kleine Wurm kam erst vor ein paar Jahren zu uns und man musste überhaupt erst lernen, ob und was man dagegen tun kann, dass einem die Blätter an den Bäumen von innen her aufgefressen werden. - Es gibt ein Süppchen gegen jeden Wurm und sicher ringt nun so mancher Bio-Bauer mit seinem Schicksal und seinem Gewissen, einer Dreierplage gegenüber zu stehen und so zu sagen nur mit der Fliegenklatsche, das ist nicht unbedingt ein Chancengleichgewicht. - Es gibt da natürlich immer noch die Möglichkeit solche Plagen einfach auszusitzen, wer nicht unbedingt auf den Ertrag des Orangen oder Zitronenbaumes im kommenden Herbst und Winder angewiesen ist, der wartet einfach ab, bis die Plagen auch wieder von selber verschwinden. - Wenn dann der Baum noch lebt, dann kann man im nächsten Jahr wieder ernten.

Schädlinge gibt es hier auf La Palma reichlich, und so wie die meisten Kulturpflanzen sind diese Schädlinge auch von außen eingeschleppt worden. - Manchmal fragt man sich sogar, ob es nicht erst den Schädling gab und man hat dann die entsprechende Pflanze später erst hier her geholt, so sarkastisch könnte man damit bereits umgehen. - Eine Abschottung nach außen, um zu verhindern, dass diese Plagen überhaupt zu uns gelangen funktioniert nicht. Eigentlich müsste man ja meinen, auf einer Insel, so weit weg von anderem Land, könnte man sich ja schützen gegen solche Plagen, aber da spielt der Faktor Mensch einfach nicht mit. - Es ist unmöglich, sämtliche Waren und Güter die nach La Palma kommen auf Schädlinge abzusuchen, oder in Quarantäne zu stecken. Das macht man mit vielen Pflanzen, aber da erwischt man auch nur die offiziell eingeführte Ware, was im Kofferraum einiger Hobbygärtner über die Fähren zu uns kommt, das kann kein Mensch unter Kontrolle halten. Da nutzen auch die vielen Verbote und Hinweise nichts. - Bestes Beispiel dafür und halt noch ganz frisch, weil ein Imker einige alte Wabenrahmen aus Tenerife mitgebracht hat, breitet sich nun auf der ganzen Insel die Varroamilbe aus, die man bislang hier nicht kannte. - Wohl dem, der einen eigenen Garten hat und nach dem Luxus leben kann, was der Wurm mir lässt, das essen halt wir dann. Wer davon leben muss, vom Verkauf seiner Produkte, die er im Kampf gegen die Schädlinge noch ernten kann, der erinnert sich sicher immer an die biblischen Plagen. Allerdings sind Fruchtfliege und Minadorwurm keine biblischen Plagen, die kann man wegbeten, sofern man daran glaubt, sondern das tägliche Brot der Landwirte. Je nach Gesinnung und Einstellung greifen diese zur Steinaxt oder zur moderneren chemischen Keule und ich ziehe meinen Hut und meinen Geldbeutel, vor jedem der es schafft, ohne Gifte uns etwas auf die Teller zu legen.


Trio-Infernale



Sonntag 01.07.07 - 17:00 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 23 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 69 % Luftdruck 1019 hPa
Höchsttemperatur heute 24,4 Grad - niedrigste Temperatur 17,7 Grad

San Juan, heute ist der 1. Juli 1949

Zu Hause in Los Llanos hatte ich erzählt und erzählt, auch von Rubens, der ein Ausländer war und trotzdem so viel von den Bergen und Vulkanen kannte, dass sogar die Soldaten und die Guardia Civil das machten, was er sagte. Großvater Manuel fand das alles nicht gut, "diese Ausländer bringen immer alles durcheinander, da siehst Du es, kaum taucht einer von Ihnen auf, schon bricht der Vulkan aus. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen solchen Wahnsinn erlebt zu haben, und auch mein Vater hat nie etwas erzählt. Alles wimmelt von Soldaten, "was wollen die"! - Er brummelte vor sich hin, und ich dachte, dass Großvater ganz anders als Rubens war. "Ich nehme den Jungen mit", rief Großvater hinüber zu Mutter, die mit Großmutter und Tante Almodena Halme glättete. "Er soll nicht immer mit diesen Verrückten in den Berg laufen". Ich fand, dass Großvater nicht Recht hatte.

Am Haus in Las Manchas kam ein Soldat um die Ecke und erschreckte mich. Großvater schimpfte und gab ihm ein Glas Wein in die Hand. Seine Bodega war groß. Sie lag am Hang und zum Teil in einer Höhle. Rechts und links lagerten die Fässer. "Die beiden sind aus Thea", pflegte er zu sagen, wenn er jemanden hineinschauen ließ, "und hier das ist von der Halbinsel, aber eigentlich aus England", das letzte mehr murmelnd, als ob es nicht so ganz dazu gehörte. "Carlo, der Kohl braucht Wasser, fang schon mal an!" Aber ich schlich mich erst einmal davon und rannte den Weg hoch. Bei Julio war niemand. Es war als wachse eine Trennung von meinem Leben hier hoch. Die Dinge wurden mir fremd. Ich lief den Weg hüpfend hinunter, von Stein zu Stein, wie wir es immer machten. Die Steine waren nicht mehr so wie noch vor wenigen Tagen.

Großvater wässerte bedächtig seine Kohlstöcke, und ich holte wortlos einen Eimer nach dem anderen aus der Zisterne. "Das ist alles verkehrt, grübelte er vor sich hin," wir vergeuden das Wasser"! - Der Schlag kam unvermittelt aus dem Boden. Einen Augenblick lang hatte ich keinen Gedanken, ich war nicht da, dann krachte ich auf den Wassereimer. Eine Hand fuhr an meinem Gesicht vorbei, und es knackte laut. "Großvater", ächzte ich hervor und versuchte einen Arm nach ihm auszustrecken, wenige Meter nur, nach dahin, wo er fiel.

Es war alles erfüllt von einem knisternden Knirschen, und dann kam dieser dumpfe, innere, nicht wirkliche Ton aus dem Boden, aus dem Berg flutete das Grollen. Ich hatte gegriffen, hier hin, dort hin - und sprang plötzlich auf die Beine. Da stand ich und sah alles zittern. Staub, Staub, überall hing Staub auf dem Land, ganz flach - wo war das Land?! Über dem Staub wankte die Krone der Campanarios, und ganz langsam löste sich die eine große Zinne auf und floss herab. Erst viel später hörte ich das Rauschen, meine Ohren hatten gehört, aber mein Kopf war nicht da.

"Wie geht's dir?" Großvater hatte mich gepackt. "Hast du was"? Es mögen nur Sekunden gewesen sein, aber mir schien die Zeit stillzustehen und ich hörte mich aus der Ferne sagen" gut, dass du dein Schwein mitgenommen hast"!

Wir gingen zusammen zur Bodega. Ich sehe noch das Bild deutlich vor mir. Alle Fässer waren auf die Seite gekippt, aber sie lagen oben, und es duftete nach Wein.

Das Beben vom 1. Juli war das bisher stärkste der San Juan Ereignisse. Es waren große Schäden an Mauern und Dächern zu verzeichnen. In vielen Bodegas waren die Fässer auf den Boden geschlagen, und manch eine Zisterne zerbrochen. In Los Llanos hatte es erhebliche Schäden gegeben. Das Beben lief über ganz La Palma und schreckte viele Menschen, auch in Santa Cruz de La Palma und im Norden.

Und es sollte noch schlimmer werden!



Felsen von los Campanarios, Photo von reiner Flierl

Wer jetzt erst anfängt mit den San Juan Geschichten, der sollte noch lesen was bisher geschah



Sonntag 01.07.07 - 09:30 Uhr - El Paso - Dos Palmas
Temperatur 18 Grad, Niederschlag: 0 mm, Luftfeuchte 79 % Luftdruck 1019 hPa

Alle Wetter

Mehr Hitze und mehr Stürme sagt der eine voraus, mehr Regen und weniger Wind der andere. - Was uns hier der Klimawandel bringen soll und wird, das wissen wir also nicht richtig genau, nur, dass wir hier schwächere Auswirkungen spüren werden als in Regionen der Welt mit kontinentalem Klima. - Der Atlantik sorgt immer wieder für Ausgleich und dafür, dass uns die Folgen des Klimawandels später und sanfter erreichen werden. - Hört sich ja gar nicht so schlimm an, könnte man meinen, gut wenn der Rest der Welt sich damit begnügen will, dann kann man ja ruhig weiter machen so wie jetzt. - Nicht, dass wir uns falsch verstehen, Klimawandel ist eine völlig normale Angelegenheit und findet permanent statt und immer, aber die Geschwindigkeit mit der sich das Klima nun ändert, die bildet das Gefahrenpotential. - Es bleibt einfach keine Zeit, evolutionär darauf zu reagieren, so muss man alles daran setzen, den von uns, inzwischen zweifelsohne mit angeschürten schnelleren Wandel zu bekämpfen. Das darf keine Frage mehr sein und wenn es auch immer wieder Stimmen gibt die sagen, das war alles schon mal da und sogar schlimmer, es gab schon Zeiten auf dieser Welt mit deutlich höherer Co² Konzentration in der Atmosphäre, dann haben die sicherlich Recht, aber niemals zuvor war der Anstieg dieser Gase und damit die klimatischen Veränderungen derart schnell.

Was man nun dem Klimawandel alles unterschieben will, das ist eine andere Sache. - In Mitteleuropa meldet man andauernd nun Wetterrekorde, meist mit Höchstmarken nach oben. Das können aber auch einfache Kapriolen sein, die sich nicht an Statistiken halten, es gab in der Geschichte der Wetteraufzeichnungen immer wieder krasse Ausreißer, die man oft aber nicht dokumentierte. Heute wird jede Abweichung um ein zehntel Hektopascal registriert und das in einem viel dichteren Überwachungsnetz als noch vor ein paar Jahrzehnten. Gutes Beispiel dafür, man sagt immer, es gäbe nun in Mitteleuropa mehr Tornados als früher, gleichzeitig muss ich aber von führenden Wetterämtern hören, das stimme gar nicht, man beobachte einfach nur mehr dieser Phänomene, weil sich heute am Himmel Mitteleuropas kein Lüftchen mehr bewegen kann, ohne dass dies registriert wird. - Trotzdem ist der Klimawandel eine Tatsache, die sich aber nicht nur und unbedingt am gefühlten oder registrierten Wetter ablesen lässt. Die Gefahr, die ein zu schneller Klimawandel in sich birgt ist eher kaum wahrnehmbar für den Menschen. - Selbst kleinste Temperaturschwankungen auf Dauer verändern die komplette Biosphäre in den einzelnen Regionen, mit möglichen katastrophalen Auswirkungen auf die Landwirtschaft und damit unserer Lebensgrundlage. - Nicht in Unwettern liegt die echte Gefahr, so unschön ein überschwemmter Keller sei oder ein weggeflogenes Dach, sondern darin, dass bereits in wenigen Jahrzehnten angestammte Kulturpflanzen in vielen Regionen einfach nicht mehr wachsen, oder von nun eingeschleppten neuen Schädlingen dahingerafft werden. - Auf solche Herausforderungen rechtzeitig und erfolgreich zu reagieren, da muss man echte Zweifel hegen, dass solch eine Steuerung durch Menschenhand möglich ist. - La Palma will wieder mal, mit einem komplett wetterlangweiligen Juni allen Klimawandelthesen einen konkreten Finger zeigen. - Sehen Sie sich mal die Wettertabelle des inzwischen vergangenen Monats an, langweiliger kann Wetter doch gar nicht sein. - Der Frühsommer war ein bisschen zu kalt, nach einem bisschen zu warmen Winter könnte man ja nun einen statistischen Mittelwert ausrechnen, der wieder völlige Normalität präsentiert. - Noch hat uns der ewige Atlantik fest im Griff und erst wenn der auch mit in den Klimawandel eingespannt wird und sich so die Luftdruckverteilung auf dem großen Ozean ändert, dann bekommen wir auch was ab. - So lange aber der Passat unser dominanter Wetterfaktor ist, so lange kann uns nichts passieren.





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