Wetter: (Ricardo Concepción)
Der
Segen der Passatwinde (vientos alisios)
30.
Juli, 12:30 Uhr in Santa Cruz de la Palma. 28 Grad zeigt das öffentliche
Thermometer, unbewölkt mit dem typischen frischen Meerwind
der kleine Kissen aus Schaum auf den Atlantik zaubert.
Wir
verlassen Santa Cruz und fahren die Hauptstraße nach oben.
Je weiter wir uns von der Küste entfernen, flaut der Wind ab
und wir erleben eine angenehme Brise und vereinzelt feuchte sommerliche
Wolken.
Wir
fahren weiter Richtung Tunnel und mit jeden Meter den wir an Höhe
gewinnen, lässt die feuchte Meeresluft nach. Am kleinen Aussichtsplatz
vor dem Tunnel schauen wir zurück nach unten und spüren
geradezu die mit Feuchtigkeit geladene Luft zu unseren Füßen.
Heute ist der Passat schwach und es bildet sich keine geschlossene
Wolkendecke.
Nachdem
wir den Tunnel in 900 Metern Höhe durchfahren haben, empfängt
uns die Westseite mit trockenem Wind. In dieser Höhe verliert
der Atlantik den Einfluss auf das Wetter und wir befinden uns in
einer kleinen Zone mit kontinentalem Klima. Auch das gibt es, auf
einer so winzigen Insel mitten im Atlantik. Über den Kamm der
“Cumbre Nueva” weht der trockene Höhenwind aus
dem Osten.Auf
etwa 700 Metern, noch bevor wir El Paso erreichen, erringt der Atlantik
erneut Einfluss auf unser Klima und die Luft wird wieder feuchter.
Wir
kommen in Los Llanos an, auf 350 Metern Höhe. 25 Grad im Schatten
natürlich ohne Wolken und kein Wind. Wir
fahren weiter nach Puerto de Tazacorte, das Thermometer erreicht
wieder die 28 Grad. Später wird es noch etwas wärmer werden
wegen der anhaltenden Sonneneinstrahlung. Auch hier kein Wind. Der
Passat beinflusst im Sommer die Westseite nicht direkt, er hinterlässt
nur feuchtere Luft und morgendlichen Tau. Wir
haben einen angenehmen Sommertag auf La Palma beschrieben. So war
es den gesamten Juli hindurch und für den weiteren Sommer gibt
es nur zwei Faktoren welche für Abwechslung sorgen könnten:
Sollte
der Nordostpassat an Stärke gewinnen, dann füllt er die
gesamte Ostseite der Insel mit einer feuchten Wolkenschicht auf
einer Höhe von 600 bis 800 Meter an. Dabei ändert sich
der Temperaturunterschied zwischen West und Ostseite deutlich.
Das
zweite Phänomen ist der Calima, wenn noch trockenere und heiße
Luft, meistens aus Süd die Insel erreicht. Das hält aber
nicht lange an, dann setzt sich der Passat wieder durch.
Tourismus:
Der heiße Sommer in Deutschland macht sich auch hier bemerkbar.
Die sonst üblichen „Last Minute“ Gäste aus
Mitteleuropa fehlen uns dieses Jahr. Es musste ja keiner aus dem
Regen und der Kälte fliehen. Wir gönnen Ihnen das, würden
aber nächstes Jahr gerne wieder einen „normalen“
mitteleuropäischen Sommer erleben. (Also Regen und Kälte)
Die uns auch jetzt treuen Gäste erleben einen herrlichen Sommer
ohne Hitze, sondern mit angenehmen Temperaturen die Wanderungen
und andere körperlichen Aktivitäten zulässt. Vielleicht
müssen wir noch öfter deutlich machen, dass wir zwar Spanien
sind und auf der Höhe der Sahara liegen, aber ein deutlich
milderes Klima haben als Mitteleuropa. Ricardo hat es ja oben treffend
beschrieben.
Ab Mitte Juli kommen die Festlandsspanier auf die Inseln. Auch zu
uns. Die beiden großen Hotels haben nun eine gute Auslastung
und in Puerto de Naos ist endlich mal wieder was los. Die „Godos“
wie die Festlandsspanier hier unschön genannt werden, bevölkern
aber traditionell nur die Küstenorte. Ein einsames Landhaus
in den Weinbergen ist kein Urlaubsziel für kontaktfreudige
Iberer. Ende August ist dann der Spuk wieder vorbei und La Palma
hängt touristisch wieder einzig am mitteleuropäischen
Tropf.
Flora:
Bougainvillea (Bougainvillea spectabilis und Bougainvillea glabra)
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Aus der Familie der Wunderblumengewächse (Nyctaginaceae). Auf
deutsch sagt man auch Drillingsblume.
Den Namen hat diese eindrucksvolle Pflanze vom ersten französischen
Weltumsegler Luis Antoine de Bougainvillea. 1769 landete der französische
Admiral in Brasilien und sein Botaniker brachte die spektakulär
blühende Pflanze mit. Üblicherweise wurden seinerzeit
die neu entdeckten Pflanzen nach den Kapitänen der Schiffe
benannt. Ganz im Vorbeigehen überließ der Kapitän
auf seiner weiteren Fahrt noch seinen Namen an die größte
der Salomoneninseln.
Die Bougainvillea ist ein immergrüner Strauch der bis zu 30
Meter lange Triebe hervorbringt. Dabei stützt er sich gerne
an Mauern, oder anderen Pflanzen ab, da er selbst das Gewicht seiner
Äste nicht tragen kann. Mit seinen langen Dornen hält
er sich dabei in den anderen Pflanzen fest und überwuchert
diese zum Teil.
Die Bougainvillea glabra hat glatte violette Hochblätter, welche
die eigentliche Blüte umschließen. Die Bougainvillea
spectabilis gibt es in vielen Farben und hat zum Teil haarige Blätter.
Beiden ist gleich, das was uns so beeindruckt an der Pflanze sind
nicht die eigentlichen Blüten, sondern die drei farbigen Hochblätter.
Nach der Befruchtung der Blüten, das geschieht zum Teil durch
Vögel, aber auch durch Insekten, schließen die Hochblätter
den einzigen Samen ein, vertrocknen und dienen nun dem Samen als
Fallschirm um von Wind verbreitet zu werden.
Die Bougainvillea wächst inzwischen in fast allen frostfreien
Zonen der Welt. Hier auf La Palma ist sie weit verbreitet und besonders
in Gärten beliebt, da sie schnell wächst und immer für
einen Farbpunkt sorgt. Was den Blumenliebhaber Recht ist, hasst
der Gärtner. Die Bougainvillea, besonders die violette spectalis,
ist kaum durch Beschneiden zu bändigen. Es ist ein ständiger
Kampf um die anderen Pflanzen vor dem Würgegriff der Bougainvillea
zu schützen. Die langen Dornen haben schon so manchem Gärtner
blutige Arme verpasst. Ich mag die Bougainvillea am liebsten von
Weitem...
Der Farbenzauber ist aber immer wieder beeindruckend und viele Gäste
verbinden den Anblick dieser „Wunderblume“ mit dem Gedanken
an einen Urlaub in südlichen Gefilden. Man kann die Bougainvillea
auch im Topf vor dem Frost geschützt in Deutschland ziehen,
aber das Ergebnis hat mit der monströsen Pracht der frei wachsenden
Pflanzen nichts zu tun.
Gesellschaft:
(Ricardo Concepcion)
Meine Meinung über nachhaltige Entwicklung
und Fortschritt.
Manchmal,
wenn ich von meinem jetzigen Leben aus, umgeben von allen Bequemlichkeiten
und technischem Fortschritt unserer Zeit zurückdenke, verfalle
ich in Nostalgie. Ich bin dann gerne bereit das frühere ländliche
Leben zu glorifizieren, auch trotz der damals spärlichen ökonomischen
Mittel dieser Epoche.
Ich
erinnere mich an Gebräuche und Sitten und an ein traditionelles
Leben, welches nun bereits verschwunden scheint. An kleine Wege
die es nicht mehr gibt, Landschaften und unberührte Winkel.
Traditionen und Alltag der nur in kleinen Gesellschaften möglich
ist, wo Einer den Anderen kennt.
Ich glaube das sind Eindrücke die auf der ganzen Welt gleich
sind für bestimmte Abschnitte in der Entwicklung einer Gesellschaft.
Damit
diese Nostalgie sich nicht in Sehnsucht und Traurigkeit verwandelt,
muss ich daran erinnern welchen Preis man dafür bezahlen musste,
für etwas was nur für weinge ein Paradies war.
Die
Bauern, druchweg mit niedriger kultureller Bildung, waren abhängig
von einer rückständigen Landwirtschaft und ohne jegliche
Mechanisierung. Unter der unbarmherzigen Sonne hatten sie keine
Zeit sich an der sauberen Luft zu erfreuen, oder dem Gesang der
Vögel zu lauschen. In den Sommernächten, nach einem 14
stündigen Arbeitstag, gab es kaum Gelegenheit bei einem Glas
Wein die Sterne zu beobachten. Man musste früh wieder aufstehen
um am nächsten Tag in langen und ermüdenden Märschen
auf die Felder zu gelangen um Früchte zu ernten und Viehfutter
zu sammeln.
Die
winterlichen Regenfälle wurden mit authentischem Jubel begrüßt.
Das Wasser bedeutet Leben! Und für diese Inseln ist es heute
noch ein Geschenk. In unserer traditionellen Musik steht der Regen
immer noch für ein fröhliches Ereignis. Da lautet eine
ganz bekannte Strophe:
“ ¡Que más puedo desear! El agua por el barranco
y mi amor en el pajar...”
(Mehr kann ich mir nicht wünschen, das Wasser im Flussbett
und meine Liebe in der Scheune...)
Als
ich klein war, verbanden asphaltierte Straßen nur die wichtigsten
Orte jeder Gemeinde. Die meisten Siedlungen waren nur mit Allradautos,
oder dem Esel erreichbar. Manche Ortschaften waren im Winter nach
starken Regenfällen ganz und gar vonr Zivilisation abgeschnitten.
Das ergab riesige Probleme für die dort wohnende Bevölkerung,
ganz zu schweigen von ärztlichen Notfällen.
Trotzdem,
diese so wunderschöne Insel gab gegen alle Mühe nicht
genügend her um ohne Umbruch in die Moderne zu gelangen. Viele
mussten auswandern, aber das ist ein Thema für ein anderes
Mal.
Wenn
ich aussuchen könnte, dann würde ich meine köstlichen
Erinnerungen an die Vergangenheit bewahren und die Bequemlichkeit
der heutigen Zeit dazunehmen. Es gibt viele Dinge die mich an der
heutigen Gesellschaft stören. Aber alles hat seinen Preis,
man kann nicht laufen und stillstehen gleichzeitig. “Sol en
la era y agua en las coles” (Sonne für den Dreschplatz
und Wasser für den Kohl) Beides zur selben Zeit, das geht nicht.
Vorsichtige
und nachhaltige Entwicklung ja, aber auch mit kulturellem und wirtschaftlichem
Ziel.
Kennen
wir irgend ein Land, welches von sich aus sein Wachstum begrenzt
hat?
Wir
entwickeln dieses Land zwischen Allen die hier leben. Mit denen
die an der Vergangenheit litten und mit denen die sich daran erfreuten.
Mit denen die mit uns ihre Gegenwart teilen, aber vor Allem mit
denen die wir lieben und mit denen wir unsere Zukunft erleben werden.
Ob sie Leid bringt, oder Erfolg.
Sicher,
da machen wir auch Fehler, aber das passiert auch wenn man nur die
besten Intentionen hat.
Gastronomie:
Bodegón La Abuela
Endlich konnte ich einen
Freund dazu begeistern ein bisschen an unserer Seite mitzumachen.
Ich schätze seinen bissigen Charme sehr und hoffe, dass er
uns weiter mit seinem Stil bereichert. Er möchte anonym bleiben,
das respektiere ich. Außer dass er mit hupalupa
unterschreibt verrate ich nichts.
Bienvenido,
Bodegon La Abuela !
Über
Restaurationsbetriebe mit originär palmerischer Küche
ließe sich ja einiges sagen, nur nicht viel Positives. Ropa
vieja, bei welcher der Verdacht keimt, Oma habe beim Kochen
versehentlich einen Zipfel ihrer Strickjacke anno 1920 in den Topf
hängen lassen- gemischter Salat, bei dessen Anblick man fürchtet,
unter einem der welken Blätter noch ein vergilbtes Dosenetikett
zu finden. Zicklein nicht fach- und mundgerecht zerlegt, sondern
auf dem viel
zu kleinen Teller ausschauend, als seien sie heimtückisch vor
einen ICE geschubst worden.
Und dann die „Hausweine“, allenfalls geeignet um kleinere
Brände zu löschen, die man aber nicht mal einem kranken
Esel ins Ohr träufeln möchte.
Seit
etwa 14 Tagen ist nun plötzlich alles anders.
Verlässt man El Paso auf der Hauptstrasse bergab, so wird nicht
weit vor dem Abzweig nach Los Canarios linker Hand das Auge gebannt
von einem knallroten Ensemble:
Coca Cola Tische, Stühle, Schirme, direkt davor ein großer
kiesbedeckter Parkplatz. Man kann also direkt heranfahren, was den
Palmero schon mal freundlich stimmt. Was sich auch blitzartig herumgesprochen
haben muss, denn vom ersten Tag an waren alle Tische fast ständig
besetzt.
Doch das kommode Parken allein kann es nicht sein, denn es gibt
auch zu Essen, und das in einer neuen Qualität.
Der ensalada de la casa ist apart drapiert und nur die wenigsten
Anteile haben eine Büchse von innen gesehen. Beim ensalada
mixta ist das Verhältnis leider umgekehrt.
Beim Hühnchen ist nicht wie sonst fast üblich das Gute
zwischen dem Verbrannten und dem Rohen zu finden, sondern es ist
rundum knusprig und innen saftig.
Was wir bisher von den Fleischgerichten verkostet haben war alles
völlig in Ordnung, der Ziegenkäse von der plancha in reichlich
grüner mojo sehr würzig.
Und was wir bisher nicht kannten, uns aber hellauf begeisterte,
war die „Yuca“ , ein ominöses Pflanzenteil, knackig
frittiert, innen zart, dazu eine grüne Sauce. Macht sich sehr
gut als kleine Beilage, wenn es mal nur ein Getränk sein soll.
Das
Personal gleicht nun wieder eher einer Laienspielschar und hält
sich statt auf der sonnendurchglühten Terrasse lieber im kühlen-
und etwas karg eingerichteten- Inneren der Bodega auf, so dass man
schon mal reingehen muss um zu signalisieren, dass man nicht da
draußen hockt, um sich nur aufzuwärmen.
So manche Tollpatschigkeit wird allerdings durch viel Charme wieder
wettgemacht.
Für den mehr nordisch orientierten Geschmack gibt es ein Heineken
vom Fass, den Kontrapunkt bildet das dunkle Weizen von Schneider.
Der Weinfreund findet sicherlich auch etwas in der kleinen Auswahl
einheimischer Tropfen, die ja zunehmend besser werden, und wem das
nicht schmeckt, der kann sich auch bei Peninsula-crianzas oder reservas
verausgaben.
Verlässt man später gemästet und nicht mehr durstig
die Lokalität, dann staunt man zuhause beim Blick in die Geldbörse,
wie viel Dinero da noch übrig geblieben ist, und das gibt noch
einmal ein gutes Gefühl.
Wir
haben am Restauranthimmel ja schon viele Sterne plötzlich erstrahlen
und schnell wieder verglühen sehen und können nur wünschen,
dass Großmutter so fulminant bleibt, wie sie angefangen hat.
Hupalupa
Bodegón La Abuela
Caretera General Tajuya 49
Schräg gegenüber der “Clinica Dental”
Dos Palmas, El Paso
Täglich außer
Dienstag von 11:00 bis 23:00 Uhr.
Tel: 922 485609