Eiserne Konsequenz, oder?
In der städtischen Schwimmhalle kannte man sich gut. Besonders bei den wenigen ersten Besuchern um 8 Uhr früh wusste einer vom anderen, wie er den Ablauf seiner sportlichen Bemühungen gestaltete, welche Bahn er schwamm, wie oft, welches seine bevorzugten Lockerungsübungen waren usw.
Ein ziemlich alter Mann zog die Aufmerksamkeit auf sich durch seinen äußerst konsequenten Programmablauf, immer dasselbe und auf die Minute genau. Ins Wasser ging er vorschriftsmäßig nach alter Sitte: ein bisschen rein, dann erst den linken Arm, den Herzarm, zur Abkühlung benetzt, dann den rechten Arm, zuletzt die Herzgegend. Dann ließ er sich ins Wasser gleiten und schwamm durch das Becken bis zur hinteren Wand mit den Massagedüsen in verschiedenen Höhen. Er begann mit der Wadenmassage, 5 Minuten, links-rechts, links-rechts, rauf und runter. Als Nächstes war die Bauchmassage dran, 5 Minuten, schön rundherum durch leichtes Drehen hin und her; danach eine Wendung und 5 Minuten die Nierengegend. Die nächste Düse war in Rückenhöhe, und er genoss sie 5 Minuten. Als Besonderheit folgte der starke Wasserschwall aus der Wand etwa 1,5o m über dem Wasserspiegel, den liebte er besonders, immer in voller Menge auf die linke Schulter, auf die rechte Schulter und auf den Nacken, ganze 10 Minuten lang. Dann kamen als Abschluss nur noch die drei Brauseköpfe zur Auswahl: sanft, mittel, stark. Er nahm den kräftigsten, streckte ihm die Arme hoch entgegen, tänzelte genüsslich ein wenig hin und her, reckte den Kopf und ließ den vollen, starken Strahl auf die Platte prasseln.
Und das sollte er lieber nicht tun. Es ist nicht erwiesen, dass diese rohe Behandlung förderlich ist für das Denkvermögen oder eher leichte Hirnstörungen verursachen könnte, zu welcher Annahme man eines Tages, es war ein Dienstag, neigte.
Er kam wie immer. Ging vorsichtig nach seiner Art ins Wasser. Begab sich zu den Düsen. Erst die Waden, links-rechts, links-rechts, 5 Minuten lang, dann die Bauchmassage schön rundherum wie immer, anschließend die Nierchen, danach der Rücken, ausgiebig. Nun gab er sich besonders dem Genuss des starken Wasserschwalls hin, auf Schultern links-rechts, links-rechts, den Nacken nicht zu vergessen. Blieb noch der kräftige Wasserstrahl aus der Brause auf die emporgestreckten Arme und auf den Kopf, prassel-prassel, 10 Minuten lang, aber, sie werden lachen, es war gar kein Wasser gekommen. Auch die Düsen hatten nicht funktioniert, und der Wasserschwall aus der Wand war ausgeblieben, denn es war Stromausfall. Er hatte trotzdem alles getreu seinem Programm absolviert.
Ist das nun Konsequenz? Oder?
Als mir die Begebenheit mitgeteilt wurde, konnte ich nicht widerstehen, zu überlegen, ob der Gute auch durch das Becken schwimmen würde, wenn es einmal bei Reinigungsarbeiten ohne Wasser wäre.
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