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Der Seidene Fingerhut
Endlich entdeckt die Filmbranche unsere wunderbare Insel
Es wurde eine ganze Weile wie ein Staatsgeheimnis behandelt, aber jetzt ist es raus, die Crew und Produzenten des Historiendramas "The Silk Thimble" sind auf unserer Insel angekommen und wollen es wagen, dieses Werk hier zu verfilmen. - Der amerikanische Bestseller, welcher in den Jahren der russischen Revolution spielt, wird gerade ins Deutsche übersetzt und wird wohl den Namen "Der Seidene Fingerhut" tragen, genau so wie die bereits greifbare Übersetzung ins Spanische "El Dedal de Seda" titelt. - Warum die spanische Übersetzung eher geschehen ist liegt auf der Hand, ein deutlicher Teil dieses Dramas spielt auf einer Kanareninsel, die allerdings nicht weiter spezifiziert wird. - Die Filmcrew ist aber nach langer Dauer der Suche für einen Drehort überein gekommen, dass der Autor und Regisseur eigentlich nur La Palma beschrieben haben kann, da man robuste Übereinstimmungen in Landschaften und Bildern gefunden hat. - Bruce Geller selbst kann man nicht mehr fragen, er starb bereits 1978 bei dem Absturz eines Kleinflugzeugs in Kalifornien, aber den Plan, diesen gewitzten, wie überraschenden Historienroman zu verfilmen, den verfolgt man bereits sehr lange in Hollywood. - Man hat hier auch das seltene Glück, sowohl ein Buch, als auch bereits über ein Drehbuch zu verfügen, da Bruce Geller dafür bekannt war, zweigleisig zu verfahren um peinlich genau auf die Parallelitäten zwischen Buch und Drehbuch zu achten. - Dass man diesen Schinken jetzt gerade wieder ausgegraben hat, kommt nicht von ungefähr, gerade in den Vereinigten Staaten von Amerika sind die geschichtlichen Irren und Wirren um die Zarenfamilie Romanoff während und nach der russischen Revolution ein äußerst beliebtes verbreitetes Thema. - Darüber hinaus besinnt man sich neben den ganzen Kriminalgeschichten und wissenschaftlich unterlegten Filmen, welche derzeit den Markt überlaufen, auf breit angelegte historische Dramen und trifft dabei nicht nur in den USA auf reichlich gespanntes Publikum. - Die gute Übereinstimmung unserer Landschaften alleine hat aber die Crew nicht überzeugt, war doch auch der Titel "The Silk Thimble" letztendlich ausschlaggebend La Palma als Kulisse zu bemühen, sind wir doch die einzige Kanareninsel, auf welcher es Seidenproduktion gab und immer noch gibt. - Damit sind wir auch ganz in der Nähe von El Paso gelangt, viel von der Geschichte auf unserer Insel spielt auf den Hochebenen "Llano de las Cuevas" und "Llano de las Brujas", also der Höhlen- und der Hexenebene.
Manche von Ihnen werden sicher bereits die englische Originalversion oder die spanische Übersetzung gelesen haben, wer noch auf die deutsche Version warten muss, dem darf ich eben hier kurz und unspektakulär eine Zusammenfassung geben. - Die langjährige und total ergebene Gouvernante der Zarenfamilie schafft es, mit Helfern aus dem Umfeld der Revolutionäre, eine uneheliche Tochter der älteren Schwester der Zarin Alexandra, Großfürstin Jelisaweta Fjodorowna, vor dem radikalen Zugriff der bolschewistischen Häscher zu verstecken, und im Jahr 1919 aus Russland zu schmuggeln. - Im Roman bleibt es offen, ob Großfürstin Jelisaweta Fjodorowna, übrigens von Geburt her eine hessische Prinzessin, eine kurze, aber heftige Liaison mit Friedrich Engels hatte, woraus eben die Tochter Patruschka, die eigentliche Hauptperson des Romans, entstanden ist. - Geschickt lässt Bruce Geller hier Andeutungen zwischen den vielen Zeilen stehen, aber ohne die Mithilfe korrumpierbarer, aber auch subversiver Elemente in den Reihen der Bolschewiken wäre keine Flucht möglich gewesen. - Uliana Karamanlewa ist die Gouvernante der kleinen Patruschka, und die einzige Person außerhalb der Zarenfamilie, welche die wahre Identität der Romanheldin kennt. - Baba Uliana, so wird die resolute Dame von der heranwachsenden Patruschka genannt, schafft es sich zusammen mit ihrem Schützling noch im Jahr 1919 in Sankt Petersburg auf das Dampfschiff "Valbanera" einzuschiffen, welches auf dem Weg nach Kuba ist. - Dort hat man einflussreiche Freunde und Bande, welche der Zarenfamilie nahe stehen und hofft, dort für Patruschka eine friedliche, aber auch abwartende Zukunft zu finden. - Auf der Überfahrt aber erlebt Uliana einen dramatischen Traum, von einem Unglück des Schiffes, welches kurz vor Kuba untergehen soll, so steigt sie mit ihrem Schützling noch auf den Kanaren aus, wo die "Valbanera" noch Kohlen und Übersiedler für die Fahrt über den Atlantik aufnehmen soll. - Hier nennt der Autor nicht direkt die Insel La Palma, wir wissen aber, dass das Schiff "Valbanera" des Öfteren die Route La Palma - Antillen befahren hat und auch, dass die "Valbanera" auf dem Weg von Santiago de Cuba nach La Havanna tatsächlich in einem Sturm gesunken ist.
Auf La Palma kennen die beiden Flüchtlinge zunächst niemanden, sie finden aber schnell Anschluss an eine Gruppe Lastenträger, welche für karge Entlohnung den Dienst Waren und Dinge des täglichen Gebrauchs von einer Seite der Insel auf die Anderen bewerkstelligen. - Über den Pass Reventón geht es mindestens zweimal täglich, bis Uliana die Seidenstickerin Blanca kennenlernt, welche ihr die Kunst der Seidenweberei näher bringt und Uliana sowie ihren Schützling in dieses Gewerk einbringt. - Uliana und Patruschka lassen sich zunächst in einer rustikalen Unterkunft aus blankem Basalt auf dem Llano de las Cuevas nieder, erst später wandern die Beiden weiter hinauf zum Llano de las Brujas. - Zunächst scheint alles glatt zu laufen, Patruschka und Uliana werden schnell Teil der ländlich armen, aber extrem freundlichen und aufgeschlossenen Bevölkerung El Pasos, und richten sich nach und nach ein. - Dann aber bricht das Unheil über die Beiden herein, die Bolschewiken haben den Pfad der beiden Flüchtenden aufgenommen und schicken nun Häscher hinter den Beiden her, für die Revolution wäre es eine Katastrophe, eine lebendige Nachfahrin der Zarenfamilie im Exil zu wissen. - Uliana kann zunächst die ersten Versuche abwehren, Patruschka wieder nach Russland zu bringen, und dabei bedient sie sich einer List, welche schließlich auch den Titel des Romans ergibt. - Die Näherinnen hier tragen zum Schutz ihrer Fingerkuppen Kappen aus dicht gewebter Seide, die sind angenehmer auf die Dauer zu tragen als Fingerhüte aus Metall oder Keramik. - In die Spitze dieser Fingerhüte näht Uliana zwei feine Dornen ein, und tränkt diese mit dem konzentrierten Gift der Skolopender, einer giftigen Hundertfüßerart, welche hier auf den Inseln vorkommt. - Da niemand auf die Idee kommt, in der alten, scheinbar gebrochenen Frau eine Bedrohung zu sehen, kommt sie den entsandten Greifern der Bolschewiken immer zuvor, und kann diese dann mit einem Händedruck das Gift über den Fingerhut verabreichen. - Don Pedro, der Arzt aus El Paso ist zunächst nicht besonders überrascht, als er an einigen fremden Leichen Bissspuren der Skolopender an den Händen als Todesursache feststellen muss. Doch schöpft Ramón, der großgewachsene Guardia Civil, der als Sargento vom Festland geschickt wurde, um dort in El Paso nach dem Rechten zu sehen, wohl Verdacht, da die Häufung von fremden Leichen dann doch gewisse Recherchen nach sich ziehen muss. - Um jetzt nicht als kompletter Spoiler dazustehen, erwähne ich nur noch, dass Patruschka und Ramón sich näher kommen, nicht nur als Polizist und verdächtige Person mit Migrationshintergrund, sondern dass hier Hollywood wieder tausend bunte Ideen und Dinge aus dem Drehbuch pressen, und das soll sich nicht zum Schaden des Betrachters entwickeln.
Seit ein paar Wochen bereits sind die Scouts des Drehteams unterwegs, untersuchen vorwiegend natürlich die Plätze der vermuteten Geschehen, aber auch, ob man frühere, und auch spätere Szenen, die nicht auf La Palma spielen, vielleicht doch auch hier auf der Insel in den "Kasten" kippen kann. - Ich will auch hier nicht zu viel verraten, aber das wird ein Film mit vielen Überraschungen, besonders eben für die Menschen von hier, welche die Insel dann aus einer Sicht erleben werden, die man so als Passant gar nicht kennt. - Nun wird uns auch allen klar, warum Shirley MacLaine vor einem guten Jahr hier auf der Insel war, sie wird nämlich den Part der Uliana Karamanlewa spielen, sicher eine grandiose Entscheidung, eine ältere, aber zähe Frau, von welcher so direkt niemand etwas zu befürchten glaubt, aber eben mit einer Willensstärke ausgestattet, die gewisse Menschen so einmalig macht. - Emma Watson spielt Patruschka als bereits junge Frau, noch nicht herausgefunden haben wir, wer denn Patruschka als kleines Mädchen in Russland und noch auf der Überfahrt spielen wird. - Ramón, der groß gewachsene Guardia Civil, der als männliche Hauptperson erst etwa ab der Hälfte des Drehs einsteigt, der wird von Benedict Cumberbatch gespielt und selbst in kleineren Rollen tritt noch eine illustre Schar von Hollywood-bekannten Gesichtern auf. - Sean Connery als alternder und bereits schusseliger Landarzt "Don Pedro", welcher leidlich starken Weißwein aus der berühmten Malvasía-Traube öfter verordnet, als das damals weit verbreitete Chinin, ist alleine schon rote Schenkel vom Nostalgieaderlass wert. - Ein bisschen verwundert ist man hier auf der Insel, dass man selbst den größten Teil der Statisten mit auf die Insel bringt, beziehungsweise bereits gebracht hat, als wäre die Bevölkerung von hier nicht in der Lage, Alltagsszenen aus eigener Kraft zu zeigen. - Kenner der Szene vermuten hierzu aber, dass das aus Gründen der Geheimhaltung geschehen ist, denn man wollte erst kurz vor dem offensichtlichen Drehbeginn an die Öffentlichkeit gehen, um dieses groß angelegte Filmprojekt ohne weitere Störungen innerhalb von drei Monaten komplett abzudrehen. - Ein allerstrengster Dienstplan wird das sein, aber die klimatologischen Bedingungen sind favorabel, das weiß man ja auch aus Erfahrung, und nun wird auch allen Beobachtern klar, warum das Hotel Sol in Puerto Naos angeblich von April bis 7. Juli geschlossen hat. - Dort wird die gesamte Equipe untergebracht sein, und wir glauben doch immer so ziemlich alles, eben auch die Geschichte der Hotelleitung, von der schlechten Auslastung und den Renovierungsarbeiten. - Für La Palma im wahrsten Sinne des Wortes großes Kino, wenn das alles zur Zufriedenheit der Produzenten, Investoren, Regisseure und Schauspieler aus Kalifornien sein wird, und man das wirklich schafft, solch einen großen Film intensiv und innerhalb von einigen Monaten komplett in den "Kasten" zu bekommen, weil eben das Umfeld dicht genug, intensiv und beherrschbar ist, dann darf man sicherlich damit rechnen, auch als wirksame Kulisse für weitere Hollywood-Filme dienen zu können. - Das ist nicht nur beste Werbung für die Insel, sondern es kann auch ein weiteres wirtschaftliches Standbein daraus entstehen, wenn man die dafür notwendigen Dienstleistungen und Infrastrukturen brauchbar bereitstellen kann.
Hier der Llano de Las Cuevas, in den dortigen Höhlen und einfachen Basaltbauten lebte ein Teil der Landbevölkerung, so wird diese "Ebene der Höhlen" auch einen bedeutenden Teil der Filmkulisse ergeben.
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