Auf dem Roque de los Muchachos steht ein Teleskop. Es "gehört" einem berühmten Astronomen.
William Herschel. Dieser lebt allerdings schon lange nicht mehr. Das Teleskop, das seinen Namen
trägt, hat er zu Lebzeiten auch nicht gekannt. Man hat es so benannt, um an seine astronomischen
Leistungen zu erinnern.
Das Licht der Welt erblickte Friedrich Wilhelm Herschel in Hannover im Jahre 1738. Als junger Mann
wanderte er aber nach England aus und fing dort schon bald an, sich seine eigenen Teleskope zu bauen.
Berühmt wurde er damals und ist er auch noch heute für seine im Jahre 1781 gemachte Entdeckung des
"Georgsstern", den er zunächst nach seinem finanziellen Förderer König Georg III. benannte. Später
hat sich allerdings der Name "Uranus" durchgesetzt, also der Planet jenseits des Saturns.
Nun ist es ja derzeit so, daß in nahezu wöchentlichem Abstand Planeten im Weltraum gefunden werden.
Auch auf dem Roque wird systematisch nach Planeten Ausschau gehalten, und auch hier ist man ja unlängst
fündig geworden. Diese Planeten gehören allesamt zu unserer Milchstraße, nicht aber zu unserem
Sonnensystem. Man bezeichnet sie daher als extra-solare Planeten. Der von Herschel entdeckte Planet
Uranus - der ja ein Mitglied unseres Sonnensystems ist - war also insofern schon etwas ganz Besonderes.
Dennoch liegt das weitaus größere Verdienst von Herschel auf einem ganz anderen Gebiet. In der Tat war
dieser der vielleicht bedeutendste astronomische Beobachter seiner Epoche und nur ein Jahr nach seiner
Entdeckung des Uranus legte William Herschel 1782 einen ersten großen Katalog mit der Beobachtung von
Doppelsternen vor. Doppelsterne? Sie erinnern sich vielleicht, einer der berühmtesten Doppelsterne ist
heutzutage "Sirius", den wir ja bereits schon vor einigen Monaten kennengelernt haben.
Noch berühmter
unter Beobachtern ist aber wohl "Alkor", ein schwach leuchtender Stern links oberhalb von Mizar, dem
mittleren Deichselstern des GROSSEN WAGEN, denn für diese Beobachtung eines Doppelsterns braucht
man weder Teleskop noch Feldstecher.
Nun galt Herschels Interesse an den Doppelsternen vor allem der Messung der Entfernung und der
Eigenbewegung der Sterne. Die Idee war, aus der Fülle der am Firmament zu beobachtenden Objekte
sich stets Paare von Sternen herauszusuchen und dann über Jahre deren relative Position zu messen.
Selbstverständlich, so die Meinung von Herschel, standen diese Doppelsterne nur zufällig in derselben
Richtung am Himmel, tatsächlich aber doch weit voneinander entfernt. Wenn nun also einer der Sterne
eines Paares weiter entfernt stand als der andere, so konnte man z.B. die Eigenbewegung des näheren
Sterns messen, wobei der viel weiter entfernt stehende - und somit völlig unbewegliche - Stern dann
den lokalen Bezugspunkt bildete.
Natürlich geschehen diese relativen und in der Tat winzigen Bewegungen am Himmel nicht von heute auf
morgen. Voraussetzung war zunächst einmal ein präziser Katalog geeigneter Doppelsterne und dann das
wiederholte Beobachten der relativen Positionen dieser Objekte über viele Jahre hinweg.
1782, wie gesagt, legte Herschel seinen Beobachtungskatalog vor, und es dürfte auch gar nicht allzu
lange gedauert haben, bis sich zu seiner Freude die ersten relativen Ortsveränderungen bei seinen
Doppelsternen einstellten.
Doch dann kam im Verlauf der nächsten Jahre irgendwann der Moment, da sich Herschel vielleicht nicht
mehr so sehr freuen konnte. Irgendetwas schien mit seinen Beobachtungen nicht zu stimmen. Das Ende
solch aufziehender Krisen und schlafloser Nächte (bzw. in diesem Fall sollte man eher sagen "schlafloser
Tage", denn nachts wurde ja meist gearbeitet) ist dann nicht selten eine große Erkenntnis, eine
deutliche Revision zuvor gemachter Annahmen.
Und was waren diese Annahmen? Sie bestanden darin, zu meinen, die ausgewählten Doppelsterne
gehörten in Wirklichkeit nicht zusammen. Zwar war dies auch bei einigen Objekten durchaus der Fall.
Die Natur führte Herschel dann aber Systeme vor, die in unzweideutiger Weise nur durch eine um einen
gemeinsamen Schwerpunkt stattfindende Bewegung zu erklären waren.
Das waren dann also echte, oder wie man heute sagt, physische Doppelsterne, also physikalisch
miteinander verbundene Objekte. Die hellere meist "A" genannte Komponente bewegt sich in solchen
Fällen zumeist sehr wenig, während die schwächere "B" Komponente im Verlauf von Tagen, Monaten,
Jahren oder auch Jahrtausenden A umkreist.
Im gleichen Jahr seiner Entdeckung des Uranus fand Herschel so auch, daß eine der beiden Komponenten
des Doppelsterns "Zeta Cancri" selbst doppelt zu sein schien. Herschel notierte sich in jener Nacht des
21. November 1781 um 4 Uhr in der Früh:
"If I do not see extremely ill this morning, the large star consists of two."
(also: "Wenn ich mich nicht extrem täusche, dann besteht der helle Stern aus zwei.")
Zeta Cancri gelangte so in seinen Katalog als "treble star", als Dreifachstern also.
Vielleicht hatte er sich im Fall von Zeta Cancri aber auch nur getäuscht. An der generellen Erkenntnis
physischer Doppelsterne konnte für Herschel jetzt - Anfang des 19. Jahrhunderts - aber kein Zweifel mehr
bestehen. 20 Jahre nachdem er seinen ersten Katalog der Doppelsterne vorgestellt hatte, berichtete er nun
im Jahr 1803 der Royal Society über seine Entdeckungen und stellte hierzu insbesondere seinen zweiten
Katalog vor.
Es gab also in der Tat Sterne, die physikalisch zusammengehörten und daher umeinander, bzw. genauer,
um ihren gemeinsamen Schwerpunkt liefen. Wie konnte es aber dazu gekommen sein? Hatte ein Stern den
anderen vielleicht eingefangen, nachdem sie sich zuvor zufällig im Weltraum begegnet waren? Bei den schier
unzählig vielen Sternen des Universums wird sich das vielleicht nicht immer verhindern lassen, mag der ein
oder andere vielleicht gedacht haben. War das, was Herschel also gefunden hatte, nur die Ausnahme welche
die Regel bestätigt, oder sollten von nun an ganz regelmäßig weitere Doppelsterne hinzukommen? Man kann
heute ganz sicher davon ausgehen, daß nicht wenige Astronomen diese Frage umtrieb und die Suche nach
weiteren Doppelsternen nun seinen Lauf nahm. So hatte der Astronom Friedrich Wilhelm Struve bereits im
Jahr 1822 einen Katalog von 795 Doppelsternen veröffentlicht. Nur fünf Jahre später konnte er, mit Hilfe
eines aus der Werkstatt des berühmten Joseph Fraunhofer stammenden und extrem präzisen 24 cm
Teleskops, bereits auf nicht weniger als 3112 Doppelsterne zurückgreifen.
Bei der Erstellung seines zweiten Katalogs der Doppelsterne hatte Herschel sich auch noch einmal
Zeta Cancri zugewandt. Die beiden etwa 6 Bogensekunden voneinander entfernt stehenden Objekte hatten
sich in der Zwischenzeit um etwa 10 Grad am Himmel umeinander bewegt. Doch was hatte es mit dem
helleren der beiden auf sich, den Herschel noch 20 Jahre zuvor mit seinem 6 ¼ Zoll Teleskop in zwei Sterne
hatte trennen können? In einer kalten Beobachtungsnacht im Februar des Jahres 1802 notierte er:
"After long looking, I cannot see the small star sufficiently well to measure its position."
(also: "Nach längerem Beobachten, sehe ich mich außer Stande, die Position des schwächeren Sterns
zu messen.")
Mit diesem gab es jetzt also Probleme, und tatsächlich wurde erst nach Herschels Tod im Jahre 1825 der
nur eine Bogensekunde entfernt stehende, enge Begleiter des helleren der beiden Zeta Cancri Sterne mit
einem ähnlich großen (bzw. kleinen) 5 Zoll Teleskop an einer nahe Paris gelegenen Sternwarte durch
den Astronomen James South erneut aufgefunden.
Zeta Cancri war also tatsächlich nicht nur ein Doppelstern, sondern ein System, bei dem ein enges Paar,
Zeta Cancri A und Zeta Cancri B, mit einer - wie wir heute wissen - Umlaufsperiode von 59 Jahren
umeinander kreisen. Der weiter entfernt stehende Zeta Cancri C hingegen braucht mehr als 1000 Jahre,
um seinerseits das A-B Paar einmal zu umkreisen. Ein solches Gebilde nennt man einen Tripel- oder
Dreifachstern.
Die Schwierigkeiten, die Herschel in jener Nacht des Jahres 1802 mit dem engen Paar A-B hatte, so wissen
wir heute, lagen darin begründet, daß beide nicht - wie im Idealfall - auf einem Kreis, sondern auf einer Ellipse
umeinander laufen. Daraus ergeben sich in der Praxis unterschiedliche relative Abstände, die für einen
Beobachter auf der Erde über viele Jahrzehnte "zum Verzweifeln" sein können (weil eine Trennung nicht möglich
ist), bevor es dann wieder für eine gewisse Periode zu einem deutlich sichtbaren Paar kommt. Die beobachtende
Astronomie kennt eine Reihe bedeutender Astronomen, die nicht selten mehr als ein halbes Jahrhundert ihres
Lebens der Suche nach Doppelsternen widmeten.
Schon bald nachdem Zeta Cancri als Dreifachstern akzeptiert war, gab es jedoch erneut Probleme.
Diesmal ging es allerdings um die entfernt stehende C Komponente und jetzt, im Jahre 1831, war es vor
allem auch Herschels Sohn John, der Zeta Cancri ins Visier nahm. Es ging um die Frage, inwieweit nicht
auch Zeta Cancri C einen Begleiter haben könne. Der eben erwähnte Friedrich Wilhelm Struve führte ebenfalls
viele Messungen an Zeta Cancri durch und diese über viele Jahre gemachten Beobachtungen wurde von seinem
damals erst 20 Jahre alten Sohn Otto ab 1840 fortgeführt.
Schließlich im Jahre 1874 veröffentlichte letzterer eine Arbeit, in der er die Existenz eines dunklen Begleiters
für Zeta Cancri C vorschlug. Dieser - also Zeta Cancri "D" - sollte sich in nur 0.3 Bogensekunden Abstand
von Zeta Cancri C befinden und eine Umlaufszeit von etwa 20 Jahren haben.
Da die Beobachtungen, der nicht direkt sichtbaren D Komponente aber ungleich schwieriger waren, eskalierte
in der Folge ein Streit unter den Beobachtern seiner Zeit, der sich über mehrere Jahrzehnte fortsetzte. Einen sehr
guten Eindruck mit welcher Härte die hier beteiligten Kontrahenten zum Teil zu Werke gingen, läßt sich
dem sehr detaillierten Artikel von Roger Griffin aus dem Jahre 2000 entnehmen.
(siehe hierzu: Griffin, The Observatory 2000, Band 120, Seite 1-47)
Abbildung 3 zeigt den Stand der Dinge aus dem Jahr 1996. Vor zehn Jahren also, zweifelte mittlerweile niemand
mehr an der Existenz von Zeta Cancri D, der mit einer Umlaufszeit von 17 Jahren um Zeta Cancri C herumlief.
Der nun seit 200 Jahren vorhandene Datensatz hatte diesen Umstand eindeutig herausgearbeitet. Zeta Cancri
war also endgültig als Quadrupel- bzw. Vierfach-System etabliert. Auch war mittlerweile klar geworden, daß alle
vier Komponenten - also auch der unsichtbare Zeta Cancri D - in etwa die gleiche Masse besitzen, und zwar
die unserer Sonne. Warum war die D Komponente dann aber nicht zu sehen? Die zumeist geäußerte Meinung
war, daß man es hier mit einem Weißen Zwerg zu tun habe, der ähnlich wie der Begleiter des Sirius dann
praktisch unsichtbar wäre.
Abbildung 3: Das Zeta Cancri Quadrupel-System. Stand der Dinge: das Jahr 1996. Links sind die beiden
helleren A und B Komponenten zu erkennen, wobei die Position von A das Bezugssystem bildet: B läuft hier
also um A. In Wirklichkeit laufen natürlich beide Sterne um ihren gemeinsamen Schwerpunkt, der durch "cg"
(= centre of gravity) ebenfalls gekennzeichnet ist. Die Zahlen sind die jeweiligen Jahreszahlen. A und B
laufen also in etwas weniger als 60 Jahren einmal umeinander. (Der Wert für das Jahr 2000 war zum
damaligen Zeitpunkt - 1996 - natürlich noch keine Beobachtung, sondern eine Vorhersage.) In der Mitte
der Abbildung erkennt man die angegebene Nordrichtung und die Länge einer Bogensekunde (1''), also
sozusagen den Maßstab dieser kleinen Himmelskarte. In etwa 6'' Abstand befindet sich rechts im Bild das
Zeta Cancri C-D System. Zum damaligen Zeitpunkt lag eine direkte Beobachtung der D Komponente
allerdings noch nicht vor. Die Existenz von D ließ sich aber unzweideutig aus den Schnörkeln (die Astronomen
sprechen hier von "Epizykeln"), welche die C Komponente (die kleinen schwarzen Punkte) am Himmel
beschrieb, ableiten.
(aus: Heintz 1996, Astronomical Journal, Band 111, Seite 408)
Da man nun aber seit einiger Zeit in der Astronomie auch in der Lage ist, hochaufgelöste Bilder aufzunehmen,
die die winzigen atmosphärischen Turbulenzen (wir leben ja immerhin auf dem Boden eines "Luftmeeres")
ausgleichen können und da es noch immer neugierige Astronomen gibt, die den Dingen auch wirklich auf den
Grund gehen möchten, wurde auf dem Mauna Kea in Hawaii am 24. Januar 2000 noch einmal bei Zeta Cancri
"nachgeschaut".
Das Ergebnis zeigt Abbildung 4. Ohne große Mühe konnte Zeta Cancri D mit einem allerdings recht großen
3.6 Meter Teleskop sofort gefunden werden. Das hieß aber auch: Zeta Cancri D war also dann doch kein
Weißer Zwerg! Den hätte man nämlich entdeckt, wenn man sozusagen "nichts" gesehen hätte. Aber was war
Zeta Cancri D dann?
Nun raten Sie mal! Etwas astronomische Kenntnisse haben wir ja in den letzten Monaten auch schon erworben,
um jetzt mitreden zu können. Also, wenn Zeta Cancri D eine Sonnemasse hat, aber wesentlich dunkler als die Sonne
ist, andererseits aber auch viel zu hell ist, um ein Weißer Zwerg zu sein, dann bleibt nur eine Möglichkeit übrig: man
hatte in jener Nacht des Januar 2000 auch Zeta Cancri D als engen Doppelstern (also z.B. 2 x 0.5 Sonnenmassen)
entlarvt. Würde uns das aber eigentlich jetzt noch sehr wundern?
Zeta Cancri also ein Quintupel-System - ein Fünffachstern!
Oder etwa doch kein Fünffachstern? Noch im gleichen Jahr 2000 erschien eine Publikation, die auch
Zeta Cancri C selbst als enges Doppelsternsystem in Aussicht stellt! Die Diskussion um Zeta Cancri ist heute
im Jahre 2006 also noch immer nicht abgeschlossen. Fünf Komponenten gelten als sicher. Eine sechste
Komponente scheint derzeit möglich.
Vielleicht aber stellt sich eines Tages heraus, daß auch Zeta Cancri A und B jeweils enge Begleiter haben.
Dann könnten wir es gar mit acht Komponenten zu tun haben. Und: in den letzten Jahren werden auch
verstärkt weit entfernt stehende Begleiter zu vielen Sternen gefunden (auch darüber mehr im nächsten Monat).
Einer der in Abbildung 2 gezeigten Sterne in der Nähe von Zeta Cancri könnte so durchaus noch zum System
hinzukommen, und wenn, dann bestimmt nicht einzeln, sondern sicher wieder nur als Doppelstern…
Herschels wichtige Entdeckung geschah seinerzeit in gewisser Weise unfreiwillig. Es stellt sich dann aber,
wie bereits erwähnt, die Frage, ob denn Doppel- oder Mehrfachsterne die Ausnahme oder die Regel sind.
Beim "einfachen Zuschauen" in Sternkrippen, wie dem Orionnebel, beim Katalogisieren der uns umgebenden
Sterne, aber auch von theoretischer Seite zum Verständnis der Geburt von Sternen, lautet die Frage heute
jedoch genau anders herum: Kann es denn überhaupt Einzelsterne geben? Viele ursprünglich vermeintliche
Einzelsterne sind in der Zwischenzeit als Doppelsterne "enttarnt" worden. Auch das geschieht derzeit sozusagen
in wöchentlichem Abstand. Dennoch scheint es durchaus auch echte Einzelsterne zu geben. Allerdings ist
in den letzten Jahren ebenfalls zunehmend klar geworden, daß manch ein Doppelstern mit seinem Begleiter
verschmelzen kann. Also, aus zwei mach eins! Der nur 41 Lichtjahre entfernt stehende 44 Bootis ist zum Beispiel
so ein System, das derzeit noch aus drei Sternen besteht, "demnächst" - also, in circa 100 oder 200 Millionen
Jahren - aber wohl nur noch aus zwei.
Andere Systeme wiederum starten als instabiler Dreifachstern, d.h. die gegenseitigen Umläufe können auf Dauer
so nicht erhalten bleiben. Sie verändern sich im Verlauf von Jahrmillionen dahingehend, daß man zumeist den
schwächsten (also den masseärmsten) Partner "entläßt", während die beiden Verursacher in der Folge ein umso
engeres Paar bilden. (Kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? In der Tat sind gewisse Ähnlichkeiten aus anderen
Bereichen des täglichen Lebens nicht zu leugnen.) Der nun allein davonziehende Stern präsentiert sich
also fortan als Einzelstern, stammt aber doch ursprünglich ebenfalls aus einem Mehrfach-Sternsystem.
(Ein solches Szenario wäre übrigens auch für unsere Sonne vorstellbar.)
So haben wir heute also ein gewisses Problem im Sprachgebrauch, ähnlich wie wir es auch mit dem Mond
haben: letzterer hat zwar einer Klasse von Objekten in unserem Sonnensystem seinen Namen gegeben, ist
selber aber kein Mond, sondern zusammen mit der Erde ein Doppelplanet. Nur, unser gewohntes
Besitzstanddenken möchte das natürlich UNSEREM Mond nicht zugestehen. Bei den Sternen hingegen, haben
wir das Problem, daß es bei praktisch jedem zu beobachtenden Punkt am Himmel jetzt immer gleich mehrere zu
sein scheinen. Ist Zeta Cancri nun ein Stern oder ein Sternsystem? Die Bezeichnung Sternsystem ist ja eigentlich
für die Milchstraße und andere Galaxien vorbehalten. Aber wenn Zeta Cancri ein Stern ist, was ist dann
Zeta Cancri A? Nur eine "stellare Komponente" von Zeta Cancri?
Sie sehen, das ist nicht ganz einfach. Jedenfalls, bedenken Sie, wann immer Sie jetzt in Zukunft nach
"oben" schauen, fast alle Punkte, die Sie da zu sehen bekommen, haben einen Begleiter. Und wer übrigens
anderen einen Stern vom Himmel holen möchte, sollte wissen, das daß in der Mehrzahl der Fälle nur im
"Doppelpack" möglich ist.
Wir dürfen also gespannt sein, welche Überraschungen Zeta Cancri auch in Zukunft noch für uns bereit
hält. Auf der Insel La Palma lebend, sollten wir ja auch immer darauf vorbereitet sein, daß eines Tages
aus Richtung Westen noch die eine oder andere Kanareninsel auftaucht. Es ist kaum anzunehmen, daß
mit El Hierro bereits ein endgültiger Abschluß erreicht ist...
Ach ja, da fällt mir noch ein: falls Sie Alkor nun vielleicht schon gesucht, aber noch nicht erfolgreich
gefunden haben, und nun beabsichtigen, mit einem Feldstecher diesen noch mal aufzusuchen, wundern Sie
sich nicht, wenn auch Mizar plötzlich als wunderschöner Doppelstern zu sehen ist. Seine Komponenten,
Mizar A und Mizar B, laufen übrigens mit einer Periode von etwa 3000 Jahren umeinander. Ach, und dann
noch was: man hat auch schon vor einigen Jahrzehnten sowohl Mizar A als auch Mizar B näher mit
größeren Teleskopen (bzw. Spektrographen) untersucht. Und jetzt raten Sie mal, was jeweils das
Ergebnis war…