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Der Himmel über La Palma, von Klaus Fuhrmann


Januar 2006 Sirius - der hellste Stern am Nachthimmel


Wenn man beginnt, sich für die Sterne zu interessieren, taucht sehr bald die Frage nach dem hellsten Vertreter auf. Im Moment - und vermutlich auch noch für viele tausend Jahre - ist das der Stern SIRIUS, den man in dieser Jahreszeit abends im Osten links unterhalb des Sternbildes ORION als besonders stark funkelndes, weißes Objekt erkennt (siehe Abbildung 1).

Klaus Fuhrmann, der Himmel über La Palma - Abbildung 1

Abbildung 1: Ausschnitt des Nachthimmels mit dem Sternbild ORION und den Doppelsternen Sirius und Prokyon.


Aber Sirius ist nicht nur wegen seiner großen Helligkeit ein interessantes Objekt, sondern vor allem auch wegen seines Begleiters. "Wieso? Was für ein Begleiter?", werden Sie sich jetzt vermutlich fragen. Vielleicht aber haben Sie auch schon mal gehört, daß manche Sterne durchaus doppelt sein können. Und in der Tat, fast alle Sterne am Nachthimmel sind eigentlich kleine "Sternsysteme" bestehend aus 2, 3, 4 oder gar noch mehr Objekten. Einzelsterne - wie unsere Sonne - sind eher die Ausnahme.

Das heißt also, Sirius ist auch ein Sternsystem bestehend aus Sirius A und Sirius B, wie man sagt. Und was sieht man nun, wenn man Sirius mit bloßem Auge erblickt? Die Antwort lautet: immer nur Sirius A. Und auch wenn Sie mit einem Feldstecher oder einem kleinen Teleskop auf Sirius schauen, ist es doch immer nur Sirius A, den Sie entdecken werden.

Aber warum ist das so? Was ist denn Sirius B für ein besonderer Stern? Vielleicht ein kleiner Stern, der nur viel schwächer leuchtet? In gewisser Weise müßte man diese Frage mit "ja" beantworten, aber damit würde man Sirius B nicht wirklich gerecht werden. Es gibt nämlich in der Tat sehr viele Sterne, die einfach nur aus einer etwas helleren Primärkomponente und einem etwas schwächeren Sekundärstern bestehen. Und diese Objekte funktionieren dann zumeist auch sehr ähnlich: sie verwandeln nämlich Wasserstoff in Helium, die sogenannte Kernfusion also, die Sterne zum Leuchten bringt. Und Sirius B? Der leuchtet zwar auch, ist aber im Grunde bereits ein toter Stern…

Wieso man das weiß? Dazu drehen wir am besten das Rad der Zeit in das Jahr 1834 zurück. In jenem Jahr nämlich fiel dem Astronomen Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846) zum ersten Mal eine Unregelmäßigkeit in der Himmelsposition des Sirius auf. 10 Jahre später war sich Bessel seiner Sache dann sicher: Sirius und auch der helle Stern Prokyon (siehe Abbildung 1) stehen nicht fest am Himmel, sondern beschreiben vielmehr eine - wenngleich winzige - Ellipse am Himmel, so, wie wenn Sie um etwas herumlaufen würden, das man aber damals nicht sehen konnte. Bessel sprach von diesen unsichtbaren Begleitern als den "dunkelen Sternen" und schrieb seinerzeit:

"Ich beabsichtige gegenwärtig, nachzuweisen, daß diese Unterschiede [in der Himmelsposition] nicht etwa Folgen von Unvollkommenheiten der Bestimmungen, aus welchen sie hervorgehen, sondern in der Veränderlichkeit der Bewegungen der Sterne selbst begründet sind."

und

"Ihr Interesse für die Erkenntniß der physischen Beschaffenheit des Fixsternensystems erlangt sie, indem sie auf die Annahme zurückweiset, daß Sterne, deren veränderliche Bewegungen bemerkbar werden, Theile von Systemen sind, welche, vergleichungsweise mit den großen Entfernungen der Sterne voneinander, auf kleine Räume beschränkt sind."

Warum aber hätte Bessel Sirius B (und auch Prokyon B) sehen müssen? Man kannte zu dieser Zeit bereits viele Doppelsterne. William Herschel (1738-1822) - nach dem ja auch eines der Teleskope auf dem Roque de los Muchachos benannt ist - hatte bereits 1782 einen Doppelstern-Katalog veröffentlicht. Obgleich er zu dieser Zeit zunächst nicht davon ausging, daß diese auch echte Doppelsterne seien, sondern vielmehr nur zufällig in derselben Himmelsrichtung stünden, bewegten sich dann viele dieser Objekte in den nachfolgenden Jahrzehnten auch deutlich umeinander, so daß man nun auch von räumlich eng beieinander stehenden Objekten ausgehen mußte. Und so wie man die Bewegung der Planeten um die Sonne mit den Keplerschen Gesetzen beschreiben kann, konnte man nun auch die Bewegung der Sterne umeinander beschreiben und somit letztlich auch die Massen der Sterne ausrechnen. Wenn man das für Sirius macht, so erhält man für Sirius A eine Masse, die dem Doppelten der Sonnenmasse entspricht, während Sirius B genau eine Sonnenmasse hat. Und beide Sterne kreisen im Verlaufe von 50 Jahren umeinander. So groß ist der Unterschied in den Massen zwischen Sirius A und Sirius B also nicht, und da die Massen normalerweise auch die Helligkeit eines Sterns festlegen, sollte Sirius A deshalb auch nur etwa 10 bis 20 Mal heller sein als Sirius B. Man müßte ihn also eigentlich ohne Schwierigkeiten beobachten können.

Nun hatte Bessel die Information bezüglich der Massen seinerzeit aber noch nicht. Noch im gleichen Jahr seiner Publikation "Ueber Veränderlichkeit der eigenen Bewegungen der Fixsterne" 1844 erkrankte er und starb wenig später 1846.

16 Jahre nach Bessel's Tod wurde Sirius B dann aber doch entdeckt und zwar durch Alvan Graham Clark (1832-1897) beim Testen eines neuen 18 Zoll Teleskops. Wie man aus Abbildung 2 erkennt, hatten sich Sirius A und Sirius B bei ihrem Umlauf umeinander zu dieser Zeit wieder einmal relativ weit voneinander entfernt. Diese Information aber hatte Clark natürlich nicht. Er machte seine Beobachtungen von Sirius, ohne es zu wissen, einfach im richtigen "Augenblick". Und, in der Tat, das Objekt das Clark nun 1862 fand, stellte sich als sehr leuchtschwach heraus, nämlich nahezu 9000-fach geringer als Sirius A.

Klaus Fuhrmann, der Himmel über La Palma - Abbildung 2

Abbildung 2: Sirius A und B.

a: absolute Bahnen der beiden Komponenten Sirius A und Sirius B in den Jahren 1850 bis 1920
b: relative Bahn von Sirius B in Bezug auf Sirius A
c: absolute Bahnen bezogen auf den gemeinsamen Schwerpunkt. Man erkennt hier sehr schön, wie sich beide Sterne auf Ellipsen umeinander bewegen: Sirius A auf einer kleinen Ellipse und Sirius B auf einer großen Ellipse entsprechend dem Massenverhältnis von 2:1 (aus: Waldmeier, Einführung in die Astrophysik)


Zunächst war das noch nicht sehr überraschend. Es fiel jedoch in den folgenden Jahren auf, das Sirius B trotz seiner geringen Helligkeit ein weißlich leuchtender Stern war - noch weißer sogar als Sirius A. Den Astronomen vor etwa 100 Jahren dämmerte bereits: Sirius B müßte damit eigentlich heißer sein als Sirius A. Warum war er dann aber nahezu 9000 Mal leuchtschwächer? Die Erklärung konnte nur in der geringeren zur Verfügung stehenden Oberfläche von Sirius B liegen. Mit anderen Worten: Sirius B mußte sehr, sehr klein sein, etwa 100 Mal kleiner als Sirius A. Man hatte es also mit einem echten "Zwerg" zu tun, einem "weißen Zwerg", denn - wie gesagt - Sirius B strahlte ja gleißend weißes Licht ab.

So weit, so gut. Man war also auf einen kleinen, heißen Stern gestoßen. Das war noch nicht so sehr das Problem. Was aber überhaupt nicht ins Bild paßte, war die Tatsache, das man mittlerweile auch über die relativen Massen beider Sterne ziemlich genau Bescheid wußte, d.h. also das oben erwähnte 2:1 Massenverhältnis. Und beide Erkenntnisse zusammen betrachtet, mußten jedem Astronomen, der halbwegs bei Verstand war, einen gehörigen Schock versetzen - oder sollen wir sagen, ihn um den Verstand bringen!

Denn was war das Ergebnis: die Natur offenbarte uns ein Objekt 100 Mal kleiner als die Sonne, aber dennoch mit deren Masse. Warum aber war das so schockierend? Machen Sie sich hierzu bitte klar, daß die Sonne etwa 100 Mal größer ist als die Erde. Wenn Sie nun eine Kugel, oder z.B. einen Ballon, auf die doppelte Größe bringen, so vergrößern Sie das Volumen um das 2 x 2 x 2 = 8-fache, entsprechend den 3 Dimensionen (Länge, Breite, Höhe). Umgekehrt wird also ein Stern, dessen Durchmesser 100 Mal verkleinert wird 100 x 100 x 100 = 1 Millionen Mal dichter. Auf Sirius B mußte daher ein Fingerhut Materie nicht etwa 1 Gramm, sondern 1 Millionen Gramm, also eine Tonne enthalten!

"Wie nur kann so etwas überhaupt möglich sein?", wird sich manch einer seinerzeit kopfschüttelnd gefragt haben.

Und auch wenn damals niemand so recht verstand, was da eigentlich passierte, klar war, das die Natur solche kompakten Objekte wie Sirius B hervorbringen konnte. Man nannte Sirius B (und ähnliche Objekte, die in der Folgezeit entdeckt wurden) zunächst einmal WEISSE ZWERGE.

Damit war zumindest schon mal ihr bis heute gültiger Name eingeführt (auch wenn die Namensgebung aus heutiger Sicht doch eher unglücklich ist). Bis zu einem besseren Verständnis dauerte es aber bis in die 1920er und 1930er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als mit der damals aufkommenden Quantenmechanik ein Weg aufgezeigt wurde…

Klaus Fuhrmann, der Himmel über La Palma - Abbildung 3

Abbildung 3: Sirius A und Sirius B im maßstabsgetreuen Vergleich der Durchmesser.


Jeder Teilstrich entspricht hier 100000 km. Erkennen Sie den winzigen Punkt für Sirius B, auf den der rote Pfeil hinweist? Sirius A hat einen Durchmesser von 2.38 Millionen km, das ist das 1.71 fache des Sonnendurchmessers. Sirius B hingegen mißt nur 11700 km im Durchmesser und ist damit sogar 10% kleiner als unsere Erde. Beachten Sie auch: die mittlere Entfernung zwischen Sirius A und Sirius B beträgt in Wahrheit etwa 3 Milliarden km. Damit müßten beide - im Abstand dieser Abbildung - eigentlich 1500 Mal weiter voneinander entfernt gezeigt werden.



Familie Ellen & Simon Märkle

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